Kapitel 12

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„So, jetzt aber flott raus aus den nassen Klamotten." Ich half Espie dabei aus ihrem Anorak und ihrer Schneehose zu schlüpfen. Ja, wir hatten natürlich sofort ihren neuen Schlitten ausprobiert und weder sie noch Luca waren müde geworden den kleinen Hügel hinter unserem Haus immer wieder hinauf zu laufen und hinunterzurutschen. Meine kleine Tochter hatte nur so vor Vergnügen gequietscht, wenn ihr der Fahrtwind in das Gesicht schlug. Ich schmunzelte. Natürlich hatte ich es nicht sein lassen, das Ganze auch mit meinem Handy als Video für die Nachwelt festzuhalten. Nachdem Espie in ihrer Strumpfhose und ihrem Pulli vor mir stand, begann auch ich mich aus meiner nassen Jacke zu schälen. Ja, ich war ordentlich nass geworden, was weniger mit dem Schlitten zu tun hatte, als mit der anschließenden Schneeballschlacht, die Luca zusammen mit Espie gegen mich aus dem Boden gestampft hatten. Gegen die beiden zusammen war ich einfach chancenlos gewesen, besonders als sie sich auf mich gestürzt und mich mit Schnee eingeseift hatten. Brrr, war das kalt gewesen. Genauso kalt wie meine Füße, die ich gerade aus den nassen Schuhen zog. Vielleicht sollte ich mir auch ein paar wasserfeste Schuhe nach den Feiertagen zulegen, denn wenn man dem Wetterbericht und der Großwetterlage glauben konnte, dann sollte der Winter hier ja noch etwas anhalten. „Und dann gibt es erst einmal etwas zu essen." „Jaaa, Hunder!" Espie schaute mich so verzweifelt an, als hätte sie die ganze letzte Woche nichts zu essen bekommen. „Na dann werde ich mal schnell in der Küche verschwinden, damit du mir nicht verhungerst." Ich beugte mich zu meinem kleinen Sonnenschein und drückte ihr einen Kuss auf ihre Nasenspitze. „Soll ich sie in der Zeit noch schnell in die warme Badewanne scheuchen? Nach der ganzen Aufregung heute ist sie bestimmt nach dem Essen bettreif." Ich nickte Luca zu. „Da könntest du recht haben. Ja bitte, wenn es dir nichts ausmacht!" Er zog seinen Augenbrauen hoch. „Hätte ich das dann vorgeschlagen?" Da hatte er auch wieder recht. „Na, dann ab in die Badewanne Espie!" Meine Kleine rannte grinsend los Richtung Bad und ich machte mich in die Küche auf, nachdem ich in meine Kuschelsocken geschlüpft war. Vielleicht wurden meine Füße dann endlich wieder warm.....
„Mmh, der Salat war lecker......und die Würstchen natürlich auch." Luca strich sich zufrieden über seinen Bauch. „Mmm, ledda", imitierte ihn Espie sofort. „Wir müssen ja jetzt noch dein letztes Geschenk auspacken." Ich deutete mit meinem Finger zu dem Karton, in dem immer noch das Schaukelpferd schlummerte. Man, ich war so gespannt, wie sie darauf reagierte. Schließlich hatte sie es so angehimmelt und sich gewünscht. Ich wusste ja, wie das mit unerfüllten Weihnachtswünschen war. Mir schoß meine Barbie Puppe in den Kopf, die ich mir mit sieben Jahren so sehr gewünscht hatte.

„So, jetzt wird aber bald geschlafen." Papa zog mein Deckbett bis zum Hals hoch und stopfte es um mich fest, so wie ich es immer liebte. Ja dann fühlte ich mich immer sicher. „Liest du mir noch etwas vor?" Ich schaute meinen Papa bettelnd an. Er verzog sein Gesicht. „Mama .... Die Gäste." Ich nickte schnell. Klar hatte er keine Zeit dafür. Ich wollte ja nicht, dass es noch mehr Ärger mit Mama gab. Sie war ja schon enttäuscht genug gewesen, weil ich den Flecken auf mein Kleid gemacht hatte. Papa beugte sich zu mir und drückte mir einen Kuss auf meine Stirn, so wie er es immer machte, ehe er aufstand und aus dem Zimmer verschwand. Als die Tür ins Schloss fiel, schluckte ich. Dieses Weihnachten war total blöd gewesen. Ich hatte nur dieses blöde Tablett bekommen, aber nicht die tolle Barbie. Ich versuchte meine Enttäuschung herunterzuschlucken, als sich meine Zimmertür wieder öffnete.  „Schau mal, meine Süße. Der Weihnachtsmann muss das Geschenk in der Eile vergessen haben dir zu geben. Ich habe es gerade unten im Flur gefunden und da steht dein Name drauf." Papa kam zu mir und reichte mir einen schön verpackten Karton. Aufgeregt setzte ich mich auf und nahm ihm den ab. Ich fetzte das Papier ab und dann......dann machte ich ganz große Augen, denn das war die Barbie, die ich mir so gewünscht hatte. Ich zerfetzte auch die Verpackung in der sie steckte und befreite sie daraus. „Das...das ...Danke, Papa." Ich umarmte meinen Papa, der mich anlächelte. „Da musst du dich beim Weihnachtsmann bedanken und nicht bei mir. So, jetzt muss ich aber zurück, sonst wird Mama sauer." Er stand wieder auf und ich nahm meine Barbie glücklich in meinen Arm. Noch einmal stopfte er meine Decke fest und drückte mir einen weiteren Kuss auf die Stirn. „Schlafgut, mein kleiner Schatz!" Ich nickte und kuschelte mich an meine Barbie. Ja, heute würde ich ganz toll schlafen. Ich hatte ja meine Barbie bekommen. Wenn auch nicht vom Weihnachtsmann, den es ja gar nicht wirklich gab, aber von meinem Papa. Papa war der beste Papa der Welt. Mit diesem Gedanken schlief ich überglücklich ein.

„Oih, Pony!" Espie kuschelte sich an den Hals des plüschigen Schaukelpferds und strahlte mich mit glücklichen Augen an. „Magst du gleich noch eine Runde darauf reiten?" Natürlich nickte sie sofort und wurde von Luca in den kleinen Sattel gehoben. Begeistert quietschend schaukelte sie hin und her. Mir wurde bei dem Anblick wieder ganz warm ums Herz. „Ach, da ist ja auch noch mein Umschlag." Luca griff nach meinem Geschenk, das er noch nicht geöffnet hatte, weil wir vorhin so schnell mit dem Schlitten aufgebrochen waren. „Sorry, das sollte keine Missachtung des Geschenks sein." Er lächelte mich warm an und riss den Umschlag auf. Nachdem er meinen Gutschein in der Hand hielt, verschwand das Lächeln aus dem Gesicht. „Na das nenne ich mal deutlich!"

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt