Kapitel 116

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„Wir kümmern uns schon um unsere kleine Maus." Leon grinste breit und strich Espie sanft über ihren Kopf, während sie auf seinem Arm thronte und ihn anstrahlte. Meine Tochter schien glücklich zu sein. Ich war da noch etwas zwiegespalten. Klar wusste ich, dass Leon und Lisa gut auf meinen Sonnenschein aufpassen würden, so wie sie es gestern auch bei Paolo und   Carmen getan hatten, aber..... aber das war unser erster Familienurlaub und ich hatte einfach ein schlechtes Gewissen einen Tag einfach nur mit Luca und ohne meine Tochter zu verbringen. Das war doch irgendwie eigentlich nicht okay. Andererseits freute ich mich aber auch auf den Tag mit Luca. „Genießt euren kinderfreien Tag, den habt ihr euch verdient. Da musst du auch gar nicht so bedröppelt schauen. Manchmal muss man sich selbst auch ein bisschen verwöhnen." Lisa stupste mich leicht in die Seite. Scheinbar war mir meine Zerrissenheit wohl anzusehen. Aber ich wollte auf keinen Fall, dass sich Espie zurückgesetzt fühlte und enttäuscht war. „Wir machen das schon. Und ich passe auch auf, dass Opa Leon nicht übertreibt", zwinkerte sie mir zu. Ja, in der letzten Woche, die wir hier waren, hatte Leon sich schon ein paarmal meine Tochter gekrallt und war mit ihr zusammen mit Paolo und Carmen gegen Marco und seine Enkelkinder Im Sandburgen bauen, Muscheln sammeln und Eis wettessen angetreten. Letzteres hatte uns dann eine Nacht mit Schüssel am Bett eingebracht. Espie hatte so viel Eis wohl nicht vertragen. „Sag der Mama und dem Luca mal Tschüss." Leon griff die Hand meiner Tochter, um uns zu winken. „Damit sie endlich verschwinden und wir zum Strand können." „Jaaa, versinden, mag mit Opa Strand gehen." Damit wäre das also auch geklärt. So leicht war man also als Mutter abgeschrieben. Vielleicht sollte ich mich jetzt zurückgesetzt und enttäuscht fühlen? Tat ich aber nicht, denn Luca griff meine Hand und wir gaben der Kleinen noch schnell einen Abschiedskuss. „Tsüss!" winkte sie uns hinterher als wir aus dem Haus verschwanden. Scheinbar gehörte zu dem großzügigen Angebot von Lisa und Leon auch, dass wir ihr Auto nutzen durften, denn Luca öffnete mir galant die Beifahrertür und ließ mich einsteigen. „Was machen wir denn heute überhaupt?" Bis jetzt hatten wir uns nämlich noch keine Gedanken darüber gemacht. „Also ich dachte, wir fahren in die Cala Benirras und genießen da den Tag am Strand. Abends können wir dann dort etwas essen, den Trommlern zuhören und den Sonnenuntergang genießen. Oder wir fahren abends nach Eivissa zum Essen und schlendern ein bisschen durch die Altstadt." Okay, dann hatte wohl nur ich mir noch keine Gedanken gemacht, denn Luca schien ja schon einen Plan zu haben, der mir sogar sehr gut gefiel. „Bucht und Sonnenuntergang hört sich prima an." Ja, auf Eivissa hatte ich nicht so wirklich Lust. Die Altstadt mit ihren Restaurants kannte ich noch aus meinen früheren Zeiten hier und sie war nun einmal direkt am Hafen, wo die ganzen teuren Yachten ankerten. Nein, das brauchte ich wirklich nicht. Ich verband damit nicht all zu viele gute Erinnerungen.....

„Marlen, du siehst heute wieder einmal wunderschön aus." Pedro ließ seine Zeigefinger an meinem Rückenausschnitt entlang gleiten. Er hatte mich mal wieder für den heutigen Abend gebucht und ließ sich das ordentlich etwas kosten. Scheinbar war er mit seiner Firma in Madrid wohl ziemlich erfolgreich. In meinem Gehirn fing es an zu arbeiten. Der Kerl sah eigentlich ganz nett aus und war auch so ziemlich großzügig ....Madrid sollte doch eine schöne Stadt sein. Vielleicht......warum eigentlich nicht? Mein Spanisch war alles andere als schlecht. Ich könnte mich dort mit Sicherheit eingewöhnen. Alleine schon das Klima dort war mit Sicherheit besser als in Deutschland. Und ehrlich gesagt, was hielt mich schon in Deutschland nachdem Paula sich aus meinem Leben verabschiedet hatte? Ich lehnte mich zu ihm und legte meine Hand auf seinen Arm „Wir werden heute einen schönen Abend im Pacha haben und danach eine schöne Nacht auf meiner Yacht." Er zwinkerte mir verheißungsvoll zu. Ja, das würden wir und ich würde mal schauen, dass ich da noch mehr als eine Nacht draus machte.....

Ich war wirklich mehr als eine Nacht auf seiner Yacht geblieben. Eine ganze Woche an deren Ende ich feststellen musste, dass er zu Hause in Madrid nicht nur eine schwangere Frau sondern auch zwei kleine Kinder hatte. Ich war für ihn nichts weiter als eine Nutte gewesen, die ihm den Urlaub versüßte. Nein, Eivissa und die Yachten musste ich nicht wirklich haben, die kannte ich ausreichend. „Was für Trommler meinst du eigentlich?" Luca schaute zu mir. „Sag bloß, die kennst du nicht?" Ich zuckte mit den Schultern. „Ich kenne eigentlich nur Eivissa und das Wasser zwischen Ibiza und Formentera. Naja und ein paar Beach Clubs und Party Locations." Ich war halt immer nur da, wo mich meine Auftraggeber hingeschleppt hatten oder wo potentielle Geldadern zu erwarten waren. „Die Cala Benirass ist die Bucht des Fingerzeig Gottes und zum Sonnenuntergang sind dort immer ein paar Hippies, die auf ihren Trommeln Musik machen. Das ist echt eine tolle Stimmung da." „Das hört sich spannend an." Fingerzeig Gottes! Kein Wunder, dass ich da früher nicht war. Aber heute konnte ich das durchaus riskieren. „Na dann los." Ich lehnte mich entspannt im Beifahrersitz zurück und schaute zu der Landschaft, die an uns vorbeizog. Ibiza war wirklich wunderschön. Diese Schönheit nahm ich aber in diesem Urlaub das erste Mal wirklich wahr. Ja, es war ja auch mein erster wirklicher Urlaub hier. Ich spürte Lucas Hand, die er auf meinen Oberschenkel gelegt hatte und die sanft über meine nackte Haut dort strich. Ein totales Kribbeln überzog mich. Ja, vielleicht war so ein kinderfreier Tag nur alleine mit Luca doch eine richtig schöne Idee.....

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt