Kapitel 42

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Ich lehnte an der Reling der Yacht und schaute auf das türkisfarbene Wasser und die sanften Wellen. Mein Blick ging weiter zu dem weißen Strand in einiger Entfernung, der mich verlockend rief. Was würde ich jetzt dafür geben dort einfach in der Sonne zu liegen und zu relaxen. Sagte man nicht immer der Platja de Ses Illetes sei einer der weltweit schönsten Strände und Formentera stand mit ihm der Karibik in nichts nach? Auch wenn ich ihn in Reichweite hatte, lag er doch unerreichbar für mich, denn ich saß hier auf dieser dämlichen Luxusyacht bereits seit einer Woche fest. Okay, es gab sicherlich viel blödere Orte, um festzusitzen. Wobei von festsitzen konnte man ja nicht wirklich sprechen, wenn ich an die fette Kohle dachte, die für meinen Aufenthalt hier auf mein Bankkonto floß. Trotzdem war es ziemlich anstrengend den ganzen Tag  Party zu machen. Erschrocken fuhr ich zusammen als über meinem Kopf wieder diese donnernden schnellen Beats aus dem Lautsprecher dröhnten und die himmlische Ruhe zu nichte machten. Ich fragte mich echt, wer bei dieser Musik nicht durchdrehte. Das war ein einziges Gehämmere und dazu irgendwelche hirnlosen Texte. Da mussten sich doch Leute wie Mozart, Beethoven oder Bizet im Grab umdrehen. Was war aus ihrer schönen Musik geworden. Ich musste an meine Lieblingsoper denken. Alleine schon die Musik aus Carmen.......Carmen, ich musste schlucken. Ob meine Tochter in den Ferien wohl auch irgendwo in die Sonne fuhr? Und vielleicht am Strand buddelte? Ich schüttelte innerlich den Kopf. Sie würde garantiert nicht mehr buddeln, schließlich war sie schon vierzehn Jahre alt. Also nur ein Jahr jünger als ich, als ich damals ihren Vater kennengelernt hatte. Wahrscheinlich lief sie eher mit einem knappen Bikini herum und machte sich Gedanken darum, wie sie bei den Jungs ankam. Hoffentlich war sie etwas weiser als ich in ihrem Alter und fiel nicht auf einen Kerl herein. Hoffentlich passten ihre Adoptiveltern gut auf sie auf und beschützen sie vor miesen Kerlen. Hoffentlich ging es ihr gut und sie war glücklich. Das war ziemlich viel hoffentlich und null Wissen, wie es ihr wirklich ging. Der Gedanke an sie zog mich noch mehr herunter als die Musik aus den Lautsprechern. „Heh, was stehst du denn hier so traurig herum?" Ein Typ aus der Entourage meines Auftraggebers hatte sich zu mir gesellt und musterte mich. Ich zauberte mir sofort wieder ein Lächeln ins Gesicht. Schließlich gehörte es ja zu meinem Job hier gute Laune zu versprühen. Ja, mein Job bestand im Grunde nur darin ständig zu lächeln, in knappen Klamotten herumzurennen und mit den Kerlen an Bord zu flirten.....und wenn sich die Paparazzi der Yacht näherten mich meinem Auftraggeber an den Hals zu schmeißen, genau wie die drei anderen Mädels, die noch gebucht waren. Schließlich sollte ja niemand mitbekommen, was Harry hier wirklich an Bord trieb. Wahrscheinlich würde es die Presse mega interessieren, dass er nach jeder Party mit einem anderen Kerl in seiner Kabine verschwand. Aber scheinbar passte das nicht im geringsten zum Image eines Gangsterrappers. Mir sollte es ja egal sein. Schließlich hatte ich meine Kohle schon im voraus bekommen und das war es, was wirklich zählte und vielleicht noch die Tatsache, dass mein Name auch bei jedem Foto, das veröffentlicht wurde mit auftauchte. Ja, das gab eine Menge Publicity und zog mit Sicherheit auch andere finanziell interessante Aufträge nach sich. Wie hieß es immer so schön, es schadete nichts, wenn man über dich redete -egal was- die Hauptsache war nicht in Vergessenheit zu geraten. Mein Gegenüber schaute mich misstrauisch an „Bist du sicher, dass alles okay ist?Gleich geht die Party richtig los und heute sind ein paar ultrawichtige Gäste dabei." „Ich brauchte nur einen kurzen Moment Pause. Ich habe heute Nacht nicht so gut geschlafen. Es war so warm in der Kabine", schwindelte ich einfach. Der Kerl nickte mir zu. „Okay, dann habe ich was für dich, damit du den Rest des Tages fit bleibst." Er fuhr mit seiner Hand in die Hosentasche und zog ein kleines Beutelchen hervor, in dem lauter bunte Tabletten waren. „Hier!" Er drückte mir zwei von den Dingern in meine Hand. „Aber nicht auf einmal nehmen", zwinkerte er mir zu und marschierte weiter. Ich schaute zu den Tabletten in meiner Hand. Das waren garantiert irgendwelche Aufputschmittel. Wollte ich die wirklich nehmen? Eigentlich nicht. Mir war schon klar, dass die Dinger echt scheiße waren. Andererseits dröhnte mein Kopf schon jetzt von dieser gräßlichen Musik. Und es war gerade einmal Mittag. Wie sollte ich da bis mindestens Mitternacht die gut gelaunte Partymaus spielen? Bei einer Kopfschmerztablette würde ich doch auch nicht lange überlegen, also was sprach gegen die kleinen bunten Dinger in meiner Hand? War doch alles beides Chemie....nur, dass die Kopfschmerztabletten legal waren, sagte eine kleine Stimme in meinem Kopf. Ja okay, waren sie, aber was nützte die ganze Legalität, wenn ich gerade keine zur Hand hatte. Mein innerer Disput wurde durch eine laute Männerstimme hinter mir unterbrochen. „Na los, Süße. Beweg deinen kleinen knackigen Arsch auf die Party. Da geht heute richtig die Post ab. Ist das klar!"  Das war weniger eine Frage als eine Anweisung. Ich nickte dem Manager von Harry zu, der das Ganze hier irgendwie organisierte und auch für mein Engagement verantwortlich war. „Ich erwarte, dass du ordentlich Stimmung machst, Blondi." Ich nickte. Mir war schon klar, was das zu bedeuten hatte. Ich sollte meinen Körper möglichst aufreizend zu dieser dämlichen Musik bewegen.....und hohlköpfig kichern, wenn ich von einem der Kerle angesprochen wurde. „Na dann hopp! Oder wartest du auf eine extra Einladung?" Ich schüttelte schnell den Kopf und setzte mich in Bewegung. Mein Blick ging zu meiner Hand, in der immer noch die zwei Pillen waren. Schnell schob ich mir eine davon in den Mund. Bestimmt würde sie mir helfen den Tag heute zu überstehen.....und sie war ja nur ein Ersatz für die Kopfschmerztablette beruhigte ich mich. Schließlich war hier auf dem Meer keine Apotheke in der Nähe, in der ich mir mal schnell welche holen konnte. Nein, ich würde nur heute diese Pillen schlucken, um durchzuhalten. Das war nur eine einmalige Sache....

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt