Kapitel 69

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Ich folgte Lucy auf die Terrasse. Na das hatte ja was. Dann waren wir gleich an dem Ort, an dem das ganze Drama begann. Meine Freundin - ich hoffte doch, dass ich sie noch so nennen konnte -  deutete wortlos mit ihrer Hand auf einen der Stühle und ich setzte mich. Sie nahm mir gegenüber Platz und schaute mich abwartend an. Ich atmete noch einmal tief durch. „Okay, das ist Ostern echt blöd gelaufen und es tut mir leid, dass wir eure Feier gesprengt haben." Das klang doch erst einmal wie eine gute Einleitung. „Scheiß doch auf die Feier", knurrte Lucy. „Mehr tut dir nicht leid?" Ich schaute sie erstaunt an. Mit der Frage hatte ich eigentlich nicht gerechnet. Irgendwie spürte ich aber auch Wut in mir aufsteigen, denn mein einziger Fehler war eigentlich der, einen jüngeren Mann zu lieben. Ich fand den Fehler der anderen, dieses nicht zu akzeptieren, aber noch viel größer. „Eigentlich nicht", schnaubte ich. „Ich werde mich bestimmt nicht bei dir dafür entschuldigen, dass ich deinen Bruder liebe. Ich hätte nie gedacht, dass du und deine Eltern wegen unseres Altersunterschieds so voreingenommen seid. Wisst ihr eigentlich, was ihr Luca damit antut?", machte ich meinem Frust Luft. „Der Altersunterschied interessiert mich doch überhaupt nicht", knurrte Lucy. „Andi ist ja auch älter als ich. Aber du hast immer noch nicht gemerkt, worum es mir überhaupt geht." Sie schüttelte enttäuscht den Kopf. „Ehrlich gesagt nicht", rutschte es mir heraus. Ich hatte keinen blassen Schimmer, weshalb sie sauer war, wenn es nicht um den Altersunterschied ging. „Erinnerst du dich trotz deines Alters vielleicht an das Gespräch kurz vor eurem unfreiwilligen Outing mit mir in der Küche?" Sie schnaubte abwertend. „Ich habe dich explizit nach der neuen Freundin meines Bruders gefragt." Ihre abwehrende Haltung war Enttäuschung gewichen. „Das heißt, du bist gar nicht wegen des Altersunterschieds sauer auf uns?" Irgendwie war ich gerade total durcheinander. „Natürlich nicht, aber eigentlich dachte ich ja wir wären Freunde....und die lügen sich nicht an." Ich musste schlucken. Ja, da hatte sie recht. Aber....okay, wenn ich ihr jetzt sagte, dass ich sie faktisch nicht angelogen, sondern ihr nur etwas verschwiegen hatte, dann war das sicherlich nicht gerade für die Situation förderlich.  „Es tut mir leid, aber Luca und ich wollten es noch nicht an die große Glocke hängen....wegen Espie.....und weil wir schon ...... schon geahnt haben, dass es nicht jeder so positiv auffasst." Lucy schaute mich mit einem empörten Blick an. „Ich bin doch nicht die große Glocke. Wenn ihr mir das erzählt hättet, hätte ich es doch nicht weitererzählt. Und was Papa und Mama angeht, das verstehe ich auch nicht. Trotzdem hat mich das tierisch verletzt, dass ihr so wenig Vertrauen zu mir hattet. Habe ich euch jemals dazu Anlass gegeben?" Ich schüttelte sofort den Kopf. Nein, ganz und gar nicht. Ich sprang von meinem Stuhl auf und lief zu Lucy, um sie zu umarmen. „Bitte entschuldige. Das war echt dämlich von mir.....und von Luca." Sie fing an zu grinsen. „Von dem Idioten bin ich das ja gewohnt. Und jetzt erzähl endlich was da bei euch abgeht." Erstaunt schaute ich sie an. „Das war jetzt alles?" Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe meinen Standpunkt klar gemacht, du hast dich entschuldigt. Ja, das war dann alles. Oder willst du noch eine Schmollnummer von mir?" Ich schüttelte grinsend den Kopf. „Und was ist mit Luca?" Wieder zuckte sie mit den Schulter. „Der muss schon noch selbst angekrochen kommen. Aber ich denke, da wirst du schon für sorgen." Oh ja, das würde ich. „Also, was geht da nun ab?" „Naja, was soll ich sagen. Das hat sich halt so ergeben, seit wir zusammen wohnen haben wir halt viel miteinander unternommen und naja...." Was sollte ich denn der Schwester meines Freundes erzählen? „Keine Angst, ich will schon keine intimen Details hören, sonst brauche ich nachher eine Psychotherapie oder muss mir beim Ohrenarzt die Ohren ausspülen lassen."  Sie schaute mich grinsend an, ehe ihr Blick nachdenklich wurde. „So strahlend habe ich dich noch nie gesehen, außer du erzählst von Espie. Du liebst den Stinker echt. Und so wie er an Ostern ausgesehen hat, er dich auch." Sie zuckte mit den Schultern. „Ja, da kann ich euch eigentlich nur noch Glück wünschen. Ich erspare mir einfach diese Gespräch, dass Luca damals mit Andi geführt hat, um ihm zu drohen, dass er es mit ihm zu tun bekommt, wenn er mich verletzt. Du weißt sowieso, was dir dann blüht." Sie zwinkerte mir zu und umarmte mich noch einmal. Ich musste grinsen. „Keine Angst, da wird es nicht zu kommen." „Na Luca, bist du endlich zur Besinnung gekommen?" Erschrocken schaute ich zur Terrassentür, in der Leon stand und mich ungläubig anstarrte. „Papa, was machst du denn hier?" Lucy schaute ihren Vater auch ziemlich überrascht an. „Ich....ich habe Lucas Auto vor der Tür stehen sehen und.......was macht die hier? Und wo ist Luca?" Leons Stimme hatte einen unfreundlichen Ton angenommen. Lucy war aufgesprungen und baute sich vor ihrem Vater auf. „Luca ist nicht hier, weil du ihn vertrieben hast. Und die hat einen Namen und  der ist Genia. Und sie ist Lucas und auch meine Freundin, ob es dir passt oder nicht. So langsam ist es an der Zeit, dass du das akzeptierst und dich bei den beiden entschuldigst." Ich musste schlucken, so sehr berührte es mich, dass sich Lucy so auf unsere Seite schlug. Leon schüttelte wütend seinen Kopf. „Das ist doch nicht dein Ernst, dass du diese Farce auch noch unterstützt. Diese....diese Frau macht die ganze Zukunft von deinem Bruder kaputt." Na immerhin nannte er mich schon Frau. Das war ja schon fast ein Fortschritt. „Ich mache Lucas Zukunft nicht kaputt", widersprach ich entschieden. „Ach nicht? Und warum kümmert er sich dann nur um dieses Kind, anstatt sein Studium fortzuführen oder sich einen Job zu suchen?" „Weil er noch nicht weiß, was er machen will. Das weißt du ganz genau!", mischte sich Lucy ein. „Dann sollte er sich das mal bald überlegen, denn ich habe die Nase voll davon, ihm Geld zu überweisen, damit er die.....die Frau aushält." Wie bitte! „Luca hält mich nicht aus. Ich habe einen eigenen Job und kann meinen Lebensunterhalt sehr gut alleine bestreiten." „Na wenn das so ist und es sich um die wahre Liebe handelt...." Leon grinste abfällig „dann ist Luca ja gut versorgt, wenn ich ihm mit sofortiger Wirkung das Geld streiche." „Papa, das kannst du nicht machen!" Lucy starrte ihren Vater sauer an. „Und ob ich das kann. Vielleicht kommt er ja dann zur Besinnung. Also viele Grüße an ihn und er kann sich bei mir melden, wenn er sich entschieden hat, was ihm wichtiger ist." Leon drehte sich um und verschwand dampfend. Ich schlug die Hände vor mein Gesicht. Das hatte ich ja nun auf keinen Fall gewollt. Wie sollte ich das Luca beibringen? Er wusste ja nicht einmal, dass ich hier in Bochum war. Ich fürchtete, ich hatte da riesigen Bockmist verzapft. Ich hätte mit ihm sprechen müssen, bevor ich hierher gefahren war.

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt