Kapitel 130

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Die letzten zwei Tage hatte ich mit Luca und Espie zusammen am Strand genossen. Lucy und Paula hatte ich meist mit zusammengesteckten Köpfen oder einem Telefon am Ohr gesehen. In mir breitete sich ein schlechtes Gewissen aus. Schließlich hatten die beide ja auch ihren Urlaub, den sie hier verbrachten und anstatt die Zeit zu genießen, waren sie die ganze Zeit mit der Planung meiner Hochzeit beschäftigt. Das war doch irgendwie nicht in Ordnung. Besonders, wenn ich es mir in der gleichen Zeit gut gehen ließ. „Ich hätte gerne drei Fruchtcocktails", gab ich meine Bestellung an der Bar des Beachclubs auf. Ich würde mich damit zu den beiden gesellen und mal schauen, ob ich ihnen nicht doch auch irgendwie unter die Arme greifen konnte.....
„Was willst du denn hier?" Paula schaute mich mit großen Augen an als ich ihr das hübsch mit einer Scheibe Ananas dekorierte Glas reichte. „Ich wollte schauen, ob ich euch irgendwie unterstützen kann. Schließlich ist das meine Hochzeit und eure Familien würden sich sicher auch freuen, wenn sie euch mal wieder zu Gesicht bekommen." Lucy und Paula fingen an zu lachen. „Ja, genau. Hast du mal Carmen und Julia gesehen? Die vermissen uns überhaupt nicht." Lucy deutete zum Wasser, wo die beiden Mädels gerade sich gegenseitig mit Wasser bespritzten. „Und Paolo ist auch beschäftigt." Okay, das wusste ich. Er baute gerade mit Luca, Andreas und Espie ein riesige Sandburg. „Und Henry?" Der Kleine sollte sich doch auch nicht langweilen. Paula grinste breit und deutete mit ihrem Finger ein Stück den Strand hinunter. „Der lernt gerade wie man richtig Fußball spielt." Oha, ich sah Leonard und Tessa, die zwei improvisierte Tore aufgebaut hatten und Mari, Emilio und Henry etwas erklärten. Neben ihnen standen auch die Zwillinge von Tessa und schienen gespannt zuzuhören. Scheinbar waren wirklich alle Kinder beschäftigt. Mein schlechtes Gewissen schrumpfte etwas, war aber noch nicht ganz verschwunden. „Trotzdem möchte ich euch helfen." Paula schnaubte durch die Nase. „Diesen entschlossenen Blick kenne ich noch von früher. Da hast du keine Chance sie von abzubringen." Lucy nickte nur. „Okay, dann schreib eine Liste mit den Leuten, die unbedingt noch eingeflogen werden müssen. Und danach starten wir zu der wichtigsten Mission zusammen." Die Liste wäre schnell fertig. Ich hatte sie ja schon im Kopf und meine Neugier brach sich Bahn. „Welche wichtige Mission?" Lucy begann zu kichern. „Nicht wichtige sondern wichtigste Mission. Menschenskind, wir müssen doch das Brautkleid aussuchen."  Mein Blick wanderte zu Paula, die nur die Augenbrauen hoch zog und mit den Schultern zuckte.

„Also mein Brautkleid muss mal ganz viele solcher Glitzersteine haben. Und eine lange Schleppe. So wie bei dem Prinzessinnenfilm im Fernsehen." Paulas Augen leuchteten ganz aufgeregt. Ich schüttelte meinen Kopf. „Das ist doch voll unpraktisch. Über eine Schleppe stolpert man nur. Und mit den Glitzersteinen siehst du aus wie so eine komische Diskokugel." Das war doch alles total übertrieben. Schließlich war ich keine Prinzessin. Also warum sollte ich mich so verkleiden?  „Dann willst du kein weißes Brautkleid mit Schleppe und so?" Ich schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, auf keinen Fall. Ich will ein cooles Kleid und nicht so etwas angestaubtes." Ich überlegte kurz. „Also weiß kann es schon sein, aber mehr auch nicht."

„Das kann doch nicht alles sein, was die hier an Brautmode haben!" Lucy schaute auf die Kleider, die in der Boutique in der Nähe des Hafens von Eivissa in einem abgetrennten Bereich hingen. „Das sind doch keine richtigen Brautkleider. Das sind bessere Hippiekleider", empörte sie sich und lief zu einer Verkäuferin, während ich mich den Kleidern näherte. Ich schob die Bügel etwas auseinander. Ja, das waren alles Kleider im berühmten Boho-Stil, der so typisch für Ibiza war. Die Kleider waren alle mit weißer Spitze und Häkelbordüren versehen und sahen für mich einfach nach Sommer, Sonne und Strand aus. Ja, sie waren ein Teil des typischen Ibiza Feelings und standen für Freiheit von irgendwelchen Klamottenzwängen. „Ich habe gerade gefragt. So wie es aussieht, sind die Läden auf Ibiza alle so. Wenn wir ein richtiges Brautkleid wollen, müssen wir wohl nach Mallorca fliegen." Lucy zog ihr Handy aus der Tasche und begann zu tippen. „Was machst du da?" Ihr Kopf flog hoch. „Na einen Flug buchen, was denkst du denn? Du kannst ja wohl schlecht in so einem Lumpen heiraten." Ehe ich ihr eine Antwort geben konnte, klingelte ihr Telefon, genau wie Paulas. Ich nutze die Chance und schaute mich noch einmal kurz um. Ein bestimmtes Kleidungsstück zog mich wie magisch an. Ich griff nach dem Bügel und zog ihn hervor, um es noch genauer zu betrachten. Das war ja der Wahnsinn. Ja, genau so etwas hatte ich mir immer vorgestellt. „Das ist ein Unikat." Neben mir war die Verkäuferin aufgetaucht und lächelte mich freundlich an. „Es ist wunderschön gearbeitet. Besonders diese Bordüren am Ärmel. Schauen Sie." Sie deutete auf die kleinen Sonnen, die dort in feinem Garn gehäkelt waren. Wenn das ein Unikat war, bedeutete es, dass es nur in dieser einen Größe verfügbar war. „Es müsste ihre Größe sein. Möchten Sie es vielleicht einmal anprobieren?" Ich nickte und ließ mich zur Garderobe führen. Als ich hineinschlüpfte, fiel mein Blick auf das Preisschild. Himmel nochmal, war das teuer. Dafür konnte ich einen halben Monat mit Espie gut leben. Mein Blick fiel in den Spiegel gegenüber von mir als ich es gerade wieder ausziehen wollte. Andererseits hatte ich ja das Geld von meiner Mutter. Ihr würde es garantiert nicht gefallen. Und schon einmal gar nicht für eine Hochzeit. Das war nicht standesgemäß. Irgendwie war das schon wieder ein Argument dafür. Das aber schlagkräftigste Argument war, dass ich nur einmal heiraten würde und auf alle Fälle das tragen sollte, was mir gefiel. Noch dazu, wenn ich es auch finanzieren konnte. Ich schob den Träger schnell wieder über meine Schulter und drehte mich vor dem Spiegel hin und her. Ja, ich hatte mein Hochzeitskleid gefunden. Das stand fest. „Das kann doch nicht wahr sein!", hörte ich Paulas erboste Stimme vor der Garderobe. Ich schob meinen Kopf durch den Vorhang und sah, wie meine Freundin ungläubig auf ihr Handy starrte. „Also ich habe mein Brautkleid", versuchte ich sie aufzumuntern. „Das ist schön, aber so wie es aussieht, wird es keine Hochzeit geben." „Wie bitte?" Lucy starrte Paula so ungläubig an. Wie ich mich gerade fühlte. Was sollte das heißen? Wieso würde es keine Hochzeit geben?

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt