Kapitel 51

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Natürlich konnte ich mir denken, warum Luca bei seinem besten Freund war. „Ich glaube, wir sollten uns noch einmal unterhalten. Aber nicht hier im Flur. Espie schläft schon." Lucas Blick fiel zu ihrer Zimmertür, die ich immer einen Spalt offen ließ. Sofort ging sein Griff zum Lichtschalter und er knipste die Deckenbeleuchtung aus. Ja, so war Luca, immer rücksichtsvoll, wenn es um meine kleine Tochter ging. Ein warmes Gefühl durchströmte mich. Nein, ich wollte es mir mit ihm auf keinen Fall verscherzen. Dazu mochte ich den Kerl viel zu sehr und Espie liebte ihn abgöttisch. „Gehen wir ins Wohnzimmer?" Er verzog sein Gesicht kurz. „Ja, okay." Langsam folgte er mir. Ich ließ mich auf dem Fußende meines Bettsofas nieder. Luca setzte sich in den Sessel gegenüber. Was sollte ich jetzt sagen? Vielleicht hätte ich mir darüber vorhin schon einmal Gedanken machen sollen.  „Luca, es tut mir leid, wenn ich dich vorhin verletzt habe." Das war doch erst einmal gar nicht so ein schlechter Einstieg. „Aber..." Er winkte lässig ab, wobei ich das Gefühl hatte, dass er gar nicht so lässig und unbeeindruckt war. „Du musst jetzt nicht noch einmal nachsetzen, um mir den endgültigen Dolchstoß zu verpassen. Ich habe schon verstanden, dass du nicht das Gleiche für mich empfindest, wie ich für dich." So traurig wie er schaute, schnitt es mir förmlich ins Herz. Das war genau der Moment, in dem ich mir überhaupt nicht mehr sicher war, was ich für ihn empfand. Bis jetzt hatte ich ihn für einen netten jungen Kerl gehalten. Für einen sehr aufmerksamen und verlässlichen Mitbewohner. Aber wenn ich ganz ehrlich zu mir war, warum hatte ich mir so Sorgen um meinen Mitbewohner gemacht? Warum würde es mir etwas ausmachen, wenn ihm etwas zugestoßen wäre? Warum wollte ich gerade unbedingt verhindern, dass etwas zwischen uns stand. Und warum verursachte alleine der Gedanke, dass er hier wieder ausziehen könnte, bei mir Bauchschmerzen? Warum hatte ich so eifersüchtig auf diesen Zettel der Erzieherin reagiert? Und warum hatte es mich fuchsig gemacht, dass die andere Mutter mich für seine Mutter gehalten hatte? Das waren ganz schön viele Warums, die da durch meinen Kopf schwirrten und denen ich mich stellen musste. „Luca,ich habe bis jetzt überhaupt nicht in diese Richtung gedacht, weil du für mich einfach mein Mitbewohner warst und...." Ich hob hilflos meine Hände in die Luft. „Und weil du viel jünger als ich bist. Außerdem hatte ich das Männerthema für mich generell abgehakt. Du weißt ja, das es für mich nur Espie gab. Aber..." In Lucas Gesicht tauchte ein kleiner Hoffnungsschimmer auf. „Aber? Du hast gerade in der Vergangenheit gesprochen." Ich zog eine Grimasse. Der Kerl mir gegenüber achtete wirklich auf die kleinste Kleinigkeit und war ziemlich pfiffig. „Ich bin mir nicht so sicher, was ich für dich empfinde", gab ich ehrlich zu. Sein Gesicht fing anzustrahlen. „Heißt das, dass du uns eine Chance gibst?" Was sollte ich denn dazu sagen? Was hatte er denn an, ich bin mir nicht sicher, nicht verstanden? „Ich bin mir überhaupt noch nicht sicher, also...." In so einem wichtigen Gespräch ging es nur mit Ehrlichkeit und Offenheit, das hatte mich mein bisheriger Lebensweg oft genug gelehrt. „Also gibst du mir die Chance dich davon zu überzeugen, dass das mit uns mehr ist als nur eine Wohngemeinschaft?" Was sollte ich denn dazu sagen? Ein Nein wäre dumm, denn wie sollte ich sonst für mich herausfinden, ob da mehr hinter steckte als ich erwartet hatte.  Trotzdem musste ich ihn gleich etwas einbremsen, damit er nicht sofort total über das Ziel hinausschoss. „Wir machen so weiter wie bisher, aber ich werde mir nicht irgendwelche Gefühle verbieten, sondern offen für alles sein. Okay?" Mehr konnte ich ihm nicht bieten. „Ich muss ja auch an Espie denken. Und wenn das nicht funktioniert, dann hat das auch Auswirkungen auf sie. Du weißt wie sehr sie dich vergöttert." So wirklich war ich noch nicht überzeugt, dass eine Beziehung zwischen uns wirklich funktionieren konnte. „Was willst du überhaupt mit so einer alten Frau wie mir? Du bist genauso alt wie meine älteste Tochter." Das machte mir echt Kopfzerbrechen. Das mit uns beiden konnte doch überhaupt nicht funktionieren. Jedenfalls nicht auf Dauer. Vielleicht war ich im Moment für ihn interessant und vielleicht.... „Oder willst du nur ein paar Erfahrungen mit einer Exprostituierten sammeln. Denkst du da kannst du noch ein bisschen was lernen?" Lucas Augen begannen sofort wieder wütend zu funkeln. „Das denkst du nicht wirklich von mir!" „Ich habe schon viele Pferde vor der Kneipe kotzen sehen", verteidigte ich mich. „Ich kann es einfach nicht verstehen, was du an mir findest, wenn da doch viel jüngere und bessere Angebote auf dem Markt sind. Denk doch nur mal an Maria und Luise aus der Kita. Sie haben dir mit Sicherheit mehr zu bieten als die ersten Falten und Runzeln." Luca schnaubte. „Für wie oberflächlich hältst du mich eigentlich?" Seine Empörung war nicht zu überhören. „Du bist eine tolle Frau, die mich einfach fasziniert. Und außerdem hast du weniger Cellulite als manche Frau in meinem Alter. Und du bist einfach perfekt....perfekt für mich" Ich musste schlucken. Wann hatte ich das das letzte Mal gehört? Und so ernsthaft wie er mich anschaute, gab es für mich keinen Zweifel ihm diese Worte nicht zu glauben. „Aber deine Familie....was würde deine Familie wohl dazusagen, wenn wir beide...." Ich ließ den Rest des Satzes offen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Lisa begeistert von mir als Freundin ihres Sohnes wäre, auch wenn wir zwei befreundet waren, war das dann doch etwas ganz anderes. Und Leon.....der würde wahrscheinlich ausflippen. Verstehen konnte ich es, wenn ich mich in die Position der Eltern versetzte. Ich wäre bei Espie bestimmt auch nicht glücklich, wenn sie mit einem älteren Mann mit entsprechender Vergangenheit ankommen würde. Andererseits war mir das Glück meiner Tochter das Wichtigste und wenn sie mit ihm glücklich war..... „Das ist ganz alleine meine Sache und geht meine Familie nichts an. Wir beide müssen uns verstehen und nicht mehr oder weniger." Das hörte sich ziemlich erwachsen an, aber... „Wir gehen es ganz langsam an, okay? Und wenn du merkst, dass es für dich nicht passt, dann lassen wir es, okay?" Lucas braune Augen hatten mich mit diesem Welpenblick fixiert. Ich verzog mein Gesicht. „Dann lassen wir es einfach so?", hakte ich zweifelnd nach. Er nickte grinsend. „Ich bin mir sicher, dass das nicht passieren wird." Mit einem Zwinkern erhob er sich und kam auf mich zu. So entschlossen und überzeugt wie er wirkte.....was sollte ich da schon noch als Gegenargument vorbringen? Und wenn ich ehrlich war, wollte ich das auch nicht. Irgendwie hatten sich gerade alle meine Warums und Fragezeichen in Luft aufgelöst und waren durch ein heftiges Kribbeln in meinem Körper ersetzt worden.

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt