Kapitel 84

225 42 15
                                    


„Das meinte ich doch nicht. Das war mir schon an Silvester klar. Und ich freue mich, dass euch endlich auch ein Licht aufgegangen ist. Ich meinte eher, dass du etwas mit ihm in Bezug auf seine Zukunft im Schilde führst. Und ich würde gerne wissen was, damit ich dich eventuell unterstützen kann, wenn du nicht gerade einen Profikiller aus ihm machen willst." Linus grinste mich breit an und ich musste lachen. „Profikiller nicht, aber so ähnlich." Linus verzog sein Gesicht. „Was könnte es dann sein?" Nachdenklich tippte er mit seinem Zeigefinger ans Kinn. „Ich gebe dir einen Hinweis. Er darf andere nicht erschießen und auch nicht prügeln, aber etwas Qual wäre schon ab und zu möglich." Irgendwie machte es mir gerade richtig Spaß mit Linus so herumzuflaxen. „Okay, nicht schießen, nicht prügeln, aber quälen. Da der Job als Kerkermeister ausgestorben ist, würde ich mal auf Pauker schließen." Er schaute mich überrascht an. „Du willst, dass er Lehrer wird?" Ich nickte. „Ja, du musst mal sehen, wie super er mit Kindern umgehen kann und mit welcher Ruhe er ihnen alles erklärt. Ich kenne keinen, zu dem der Job so perfekt passen würde wie zu Luca." Linus nickte nachdenklich. „Da könntest du vielleicht sogar recht haben. Natascha schwärmt noch heute davon, wie er ihr vor zwei Jahren in Österreich zusammen mit Ina das Skifahren beigebracht hat. Okay, bei Ina hat es nicht ganz so funktioniert, aber das lag wohl zu sehr an ihrer Schwärmerei und dem Wunsch nach dem Brusthebegriff, wenn sie hingefallen war", gluckste er fröhlich. Also das war auch wieder speziell seinem Frohmut geschuldet, denn die wenigsten Männer könnten über so etwas lachen, was den Ex ihrer Freundin betraf, und zusätzlich noch so gut befreundet sein. „Hast du eigentlich überhaupt kein Problem damit, dass Ina und Luca mal zusammen waren?", rutschte es mir auch prompt heraus. Linus schüttelte sofort seinen blonden Wuschelkopf. „Nö, ich habe ja den Krampf mitbekommen, weil ich mit Luca befreundet war. Außerdem gab es da nicht viel, worauf ich eifersüchtig sein konnte. Meine Pepincito ist da ziemlich altmodisch veranlagt, wenn du verstehst, was ich meine." Ich nickte nur. Dank Luca hatte ich da eine gewisse Vorstellung, auch wenn sie nie wirklich ein großes Thema für uns war. Trotzdem hatte es mich ziemlich überrascht, dass das Mädel Sex bis zur Hochzeit so strikt ablehnte. Das war ja zum einen Verschwendung und wenn man mich so betrachtete, wäre ich ja mit fast 38 Jahren immer noch Jungfrau, wenn ich mich daran gehalten hätte. Andererseits wäre das vielleicht auch nicht verkehrt gewesen und einiges wäre anders gelaufen.....

„Nun stell dich nicht so an!" Dieser hühnenhafte Kerl mir gegenüber schaute mich sauer an. „Carlo hat gesagt, du bist das beste Pferd im Stall und er hat dich persönlich eingeritten." Bei diesem Spruch wurde mir richtig gehend übel und ich fragte mich, wie ich so naiv sein konnte, nicht zu bemerken, was der Scheißkerl mit mir vorhatte. Wieso war ich nicht vorsichtiger gewesen? Warum hatte ich nicht mehr auf mich geachtet? Die Fragen halfen mir auch nicht mehr. Dafür war es zu spät, denn ich saß mitten in der Scheiße. In der richtig derbe stinkenden Scheiße und kam einfach nicht mehr heraus. Ein heftiger Schubser ließ mich rückwärts taumeln und ich spürte die Kante vom Bett in meinen Kniekehlen. Ehe ich mich abfangen konnte, bekam ich den nächsten Schubser und landete auf der Matratze. „Pass mal auf, Süße. Du hältst jetzt die Klappe und machst, was Daddy dir sagt. Ist das klar!" Wie ferngesteuert nickte ich. Was sollte ich auch anderes tun. Wenn ich schrie, interessierte es niemanden und heizte den Scheißkerl wahrscheinlich noch an. Und rein von der Kraft war ich ihm sowieso unterlegen. Für mich gab es hier kein entrinnen. Also musste ich wohl mitmachen, wenn es nicht zu schmerzhaft werden sollte. Ja, ich saß in der Falle und ich hatte keinen Plan, wie ich ihr jemals wieder entkommen sollte. Die Frage war nur, wie sollte ich das ertragen? Mir fielen meine kleinen bunten Helfer ein. Ja, mit ihnen würde das irgendwie gehen. Ich musste nur an sie rankommen....

„Da aber Inas Jungfräulichkeit nicht unser wirkliches Thema ist. Lass uns mal wieder über Luca reden. So abgeneigt, ja schon fast abgestossen, wie er von der Idee wieder ins Baugeschäft einzusteigen ist, wäre dieser totale Wechsel in eine komplett andere Materie vielleicht wirklich das richtige für ihn. Auf alle Fälle hat er dann weniger Streß." „Außer es sind nur so extreme Nervensägen in seiner Klasse. Na ja und diese Helikopter Eltern sind auch nicht zu unterschätzen", gab ich zu bedenken. „Au ja, die Eltern sind das Schlimmste an dem Job, wenn ich an Nataschas letzten Elternabend denke. Ich musste Ina vertreten." Er fuhr sich mit seiner Hand durch die Haare und schüttelte den Kopf. „Du glaubst ja nicht, was die manchmal für Ideen haben." Oh doch, das konnte ich mir gut vorstellen. Dafür reichten schon die Elternabende, die ich im Kindergarten erlebt hatte. Wie oft hatte ich mich da schon  gefragt, von welchem Stern die gerade gelandet waren. „Egal!" Linus winkte mit seiner Hand ab. „Dafür hat er jede Menge Ferien und eine ziemlich kurze Arbeitszeit als Entschädigung." Er fing an zu grinsen. „Ja, die Idee gefällt mir. Und wie weit bist du damit schon bei ihm gekommen?" Ich verzog mein Gesicht. „Noch überhaupt nicht weit, weil er sich in den Kopf gesetzt hat, er muss jetzt unbedingt Geld verdienen." „Sponsoren ihn denn seine Eltern nicht mehr?"  „Doch das würden sie wieder tun. Es gab nur kurz sphärische Störungen, weil sein Vater mit mir nicht ganz einverstanden war. Das ist aber aus der Welt geschafft. Trotzdem ist Luca da jetzt stur." Ich zuckte mit den Schultern. „Aber selbst ohne seine Eltern ist es kein Problem. Ich habe ja einen ziemlich guten Job und mein Geld reicht für uns." Linus fing an zu schmunzeln. „Ich finde es echt cool, wie ernst euch die ganze Sache ist. Ihr steht füreinander ein, so wie es sein soll. Lasst euch das bloß nicht von irgendwelchen Idioten mit ihren Vorurteilen kaputt machen. Ihr seid einfach süß zusammen." „Süß?!" Ich schaute ihn ungläubig an. Den meisten Kerlen, die ich kannte, also in meinem Alter, wäre eher die Zunge abgefallen als das Wort im Zusammenhang mit der Beziehung ihres Kumpels in den Mund zunehmen. „Ja, süß! Ihr beide seid zusammen total süß. Und ich weiß wie Luca in anderen Beziehungen ausgesehen hat, nämlich bei weitem nicht so glücklich und zufrieden." Er zwinkerte mir zu. „Und nur weil ich das Wort süß benutze, schrumpeln mir nicht gleich meine Eier und fallen ab." Ich musste lachen. Ich hatte Linus schon immer sympathisch gefunden, aber gerade war seine Sympathiewerte bei mir noch gestiegen. „Also deine Freundin sieht das garantiert nicht so." Er schaute mich erstaunt an. „Was, das mir meine Eier deshalb nicht abfallen?" Ich schüttelte lachend den Kopf. „Nein, dass wir süß zusammen sind. Ich bin mir sicher, dass sie eher zu der Gegenpartei gehört, die der Meinung ist, das ziemt sich nicht." Linus wiegte seine Kopf nachdenklich hin und her. „Da könntest du schon recht haben. Sie ist halt sehr konservativ von ihrem Vater erzogen worden. Constantin war der Meinung eine Frau hat sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern und der Mann bringt das Geld nach Hause. Für ihn waren Frauen nur hübsches Beiwerk. Aber ich arbeite daran, dass Ina da etwas lockerer wird. Schließlich führt sie mit meine Hilfe schon seine Firma." Bei dem Namen Constantin klingelte eine kleine Glocke in meinem Kopf....

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt