Okay, auch in einem Tretboot ließen die Kräfte irgendwann nach. Den Felsen, der angeblich Gottes Fingerzeig war, hatten wir schon umrundet. Er war wirklich imposant. Wir ließen unser Boot etwas treiben und hatten es uns auf der Liegefläche im hinteren Bereich bequem gemacht.„Danke für diesen wunderschönen Tag." Ja, mein Herz quoll gerade vor Glück über. Luca beugte sich über mich und verschloss meine Lippen mit seinen, während seine Hand liebevoll über meine Seiten fuhr. Als wir uns einen Moment voneinander lösten, riskierte ich einen Rundum-Blick, um festzustellen, ob wir unbeobachtet waren. Ich wusste ja wohin unsere Küsse im Allgemeinen führten und dann hätte ich ungerne Zuschauer, denen wir eine unfreiwillige Show boten. Es waren zwar nirgends andere Boote zu sehen, aber es hatte unser Boot doch schon ein ganzes Stück auf das Meer abgetrieben. „Wir sollten mal langsam wieder in die Pedale treten, sonst sind wir bald in Afrika." Luca fing an zu lachen. „Spatzl, von dieser Seite Ibizas aus kann es uns höchstens ans spanische Festland treiben. Also nach Valencia oder wenn wir es ganz weit schaffen nach Barcelona." Okay, Geographie war nicht mein stärkstes Fach gewesen. Andererseits hatte man bei uns im Unterricht sich auch mehr mit dem Bruttoinlandsprodukt von Japan beschäftigt als mit der geografischen Lage von Ibiza. „Cool, Barcelona wollte ich schon immer mal hin. Du kennst doch da bestimmt eine Menge Geheimtipps und hast da auch noch das ein oder andere Mädel, das dir hinterher trauert." Keine Ahnung warum ich gerade diesen Satz herausgehauen hatte. Luca schaute mich nachdenklich an und schüttelte seinen Kopf. „Nein, da hatte ich damals überhaupt keine Zeit für. Ich habe kaum etwas von der Stadt gesehen.....und Mädels. Da gab es nur Ina und dann Leonie. Und das war auch mehr Zufall als geplant." „Du meinst also wie bei uns?" Unsere Beziehung war ja auch alles andere als geplant und für viele sogar ein Schock. „Okay, geplant habe ich das mit dir wirklich nicht, aber trotzdem ist es total etwas anderes. Wir beide gehören zusammen und sind mit Espie eine Familie. Das kannst du überhaupt nicht vergleichen. Bei dir ist das ein ganz anderes Gefühl. Da muss ich mir nichts einreden. Da ist die Liebe einfach da und ich kann mir das ohne dich gar nicht mehr vorstellen." Diese Liebeserklärung ging mir herunter wie Öl. „Ich kann mir das auch nicht mehr ohne dich vorstellen", erwiderte ich und küsste Luca liebevoll. Ja, ohne ihn würde meine komplette Welt zusammenbrechen, so ungern ich das auch zugab, es hatte mich wie noch nie zuvor in meinem Leben erwischt. Als wir uns wieder voneinander lösten, war es dieses Mal Luca, der einen Blick in die Umgebung riskierte. „Du hast recht, wir sollten mal wieder langsam zurück strampeln, sonst brauchen wir doch noch einen Heimflug und Espie wird uns bestimmt vermissen." Er stand auf und reichte mir die Hand, um mir auch aufzuhelfen. Bei dem leichten Wellengang war das gar nicht so einfach wieder auf unsere Sitze zu kommen, denn das Boot schaukelt doch ganz schön. Das hatte ich vorher gar nicht so bemerkt. Trotzdem war es hier unglaublich schön und ich hätte hier ewig einfach so das Leben genießen können. Nur Luca und ich und das Meer. Obwohl... „Luca schau mal, was ist denn das?" „Was meinst du?" „Na da." Ich deutete mit meinem Finger auf eine Stelle, an der ich eben noch etwas gesehen hatte, das ich aber in der Kürze der Zeit nicht zuordnen konnte. „Das war bestimmt ein Fisch. Vielleicht ein Delfin. Die solle es hier ja auch geben." Ich fixierte die Stelle. „Da, schau! Scheiße! Das ist ein Kind!" Ich sah, wie der kleine Kopf wieder unter den Wellen verschwand. „Lecks mi am Orsch, du hast recht!" Wir traten beide gleichzeitig mit voller Kraft in die Pedale, um die circa fünfzig Meter zu überbrücken. Ich behielt die Stelle genau im Auge und atmete bei jedem Auftauchen des Kopffes wieder auf. Gleichzeitig spürte ich aber wie mir das Adrenalin durch die Adern schoss und mein Herz wie wild schlug. „Bitte lass uns rechtzeitig dort sein, um das Kind zu retten", schickte ich ein Stoßgebet in Richtung Himmel. Ausgerechnet ich, die der Kirche so zugetan war wie einer Fußpilzerkrankung. Mein Glaube hatte sich damals zusammen mit meiner Carmen in Luft aufgelöst. Das war dann wohl die Auswirkung des Fingerzeig Gottes. Ich sah wie der Kopf wieder im Wasser verschwand. Verflucht! Wie lange mochte das kleine Ding wohl noch durchhalten. Ich mobilisierte noch mehr Kraft und trat in die Pedale. Konnte dieser dämliche Gott nicht einfach mal seine Hand nutzen und das Kind da rausziehen, anstatt nur blöd mit dem Finger zu zeigen. „Halte durch. Wir sind gleich da!", brüllte ich aus Leibeskräften als der Kopf wieder auftauchte. Für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, dass uns das Mädchen wahr genommen hatte. Ja, die langen Haare ließen mich auf ein Mädchen schließen. „Verdammt, wir müssen uns beeilen, ehe die Wellen sie gegen die Felsen knallen." Ich sah wie der kleine Körper mit dem Auf- und Abtauchen immer weiter in die gefährliche Zone trieb. Das schroffe Gestein würde für übele Schürfwunden sorgen und die Kraft der Wellen würde auch vor den zarten Knochen nicht halt machen. „Wie zum Teufel kommt das Kind bitte alleine hier her? Wo sind bitte die Eltern!", fluchte ich wütend herum, um mich selbst etwas von der immer größer werdenden Gefahr abzulenken. Endlich waren wir auf einen Meter an dem Mädel dran, das gerade wieder prustend auftauchte und nach Luft schnappte. Ohne groß zu überlegen, stand ich auf und sprang ins Wasser. Ich erwischte den kleinen Körper gerade noch, bevor er wieder unter Wasser verschwinden konnte. Eine blöde Welle schwappte über unsere Köpfe und ich prustete auch während ich uns gemeinsam in Richtung Boot versuchte zu manövrieren. Verflucht, wie war das noch einmal mit dem Abschleppen einer Person? Mein Jugendschwimmabzeichen war eindeutig schon viel zu lange her. Luca stand an der Seite des Bootes, wo eine kleine Leiter montiert war. „Dale tu mano!", forderte ich das Mädchen auf Spanisch auf ihm die Hand zu reichen, damit er sie aus dem Wasser ziehen konnte. „Los, gib mir die Hand", forderte auch Luca sie auf und zog sie kraftvoll aus dem Wasser, während ich mich an der Leiter festklammerte....
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Schuss und Treffer - zum Comeback ✔️ Teil 12
RomanceGenia hat in ihrem Leben schon viele Höhen, aber noch viel mehr Tiefen gesehen. Und wer in seinem Leben schon auf dem Tiefpunkt war, der will nur noch in eine Richtung - nach oben - aber nicht mehr um jeden Preis, denn da gibt es auch noch ein klein...