Kapitel 96

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„Da hat mein Sohn aber mal recht. Mit Überraschungen ist noch lange nicht Schluss. Schließlich ist das heute hier doch ein Geburtstag." Leon grinste schon wieder breit in die Weltgeschichte und ich war mir nicht sicher, ob ich bereit für das war, was er wahrscheinlich gleich aus dem Hut zauberte. Auch wenn er heute hier ohne seinen Partner in crime Marco unterwegs war, bedeutete es nicht, dass es nicht möglich war, dass er mit seinem manchmal sonderbaren Humor über das Ziel hinausschoss und ich das Opfer wäre.  Außerdem war ich mir auch noch nicht so sicher was unser Burgfrieden aushielt, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass er mich wirklich so schnell als Lucas Freundin akzeptiert hatte. Meine Lebenserfahrung hatte mich gelehrt, dass es nie schaden konnte, weiterhin auf der Hut zu sein. „Und da das hier ein Geburtstag ist, ist es an der Zeit Geburtstagsgeschenke auszupacken."  Ich schaute ihn überrascht an. „Ich dachte, die Party wäre  mein Geschenk. Ich kann gar nicht glauben, dass...." „Dat dat schon alles ist", unterbrach mich Tessa mitten im Satz. „Dat wäre ja mal ganz schön wenig", kam es von ihr und sie drückte mir einen schwarzgelb bedruckten Geschenkkarton in die Hand. Ja klar, was war bei ihr nicht schwarzgelb? Aber nein, ich hatte ganz sicher nicht gemeint, dass das zu wenig wäre. Eher im Gegenteil. Schon die Feier hatte mich kalt erwischt und überfordert. Ich hatte die letzen Jahre schließlich meinen Geburtstag verdrängt und geheim gehalten, weil ich der Meinung war, dass.....ach keine Ahnung......doch,ich war der Meinung gewesen, dass ich einfach keinen Geburtstag samt Feier verdiente. Und ehrlich gesagt konnte ich es immer noch nicht fassen, dass es da Menschen gab, die das scheinbar anders sahen und sich für mich so viel Mühe gaben. „Ähm stop!" Leon schnappte mir den Karton wieder aus der Hand und reichte mir einen royalblauen Briefumschlag im Austausch dafür. „Du musst erst den öffnen. Sonst macht das alles keinen Sinn." Musste ich das gerade verstehen? Wahrscheinlich nicht, deshalb öffnete ich einfach schnell den Umschlag und zog den Inhalt heraus. „Das....das sind..." „Flugtickets für Espie und dich. Ihr fliegt mit uns nach Ibiza und wohnt bei uns in der Finca", übernahm Lisa die weitere Erklärung. „Aber Luca..." Ich konnte doch nicht mit Espie verreisen und ihn einfach hier lassen. „Ich komme natürlich auch mit oder meinst du ich lasse euch beiden Süßen da alleine am Strand, wo die Kerle euch anbaggern?" Luca zwinkerte mir zu. „Aber dein Bein?" „Das ist alles medizinisch geregelt", kam es von Max, der scheinbar auch eingeweiht war. „Luca wird Physio im Pool unter meiner Anleitung machen." „Prima, wenn dat geklärt ist, kannst du ja jetzt mein Geschenk aufmachen." Tessa drückte mir wieder ihren Geschenkkarton in die Hand und schnappte sich stattdessen die Flugtickets und legte sie auf den Tisch, der sich mit Geschenken gefüllt hatte. Ich öffnete den Karton und zog zwei schwarzgelbe Bikini hervor. „Da können die Motte und du im Partnerlook den Strand aufmischen." Ich schüttelte gerührt den Kopf. „Das ist doch viel zu viel." Tessa winkte grinsend ab. „Ach Quatsch, ich kriege ja Mitarbeiterrabatt." Das war so typisch Tessa. Dabei hatte ich nicht die Bikinis sondern die Flugtickets gemeint. „Mach mal das nächste auf", drängte mich Lucy. Ich griff nach dem nächsten Geschenkpaket als die Türklingel läutete. Wer sollte das denn noch sein? Kamen jetzt doch noch Franzi und Marco? Ich legte das noch unausgewickelte Paket ab. „Pack du mal weiter die Geschenke aus. Ich gehe schon." Luca humpelte bereits Richtung Flur. Seine Stimme klang irgendwie.....irgendwie aufgeregt und nervös. Das ließ meine Antennen hochfahren, denn das konnte nur bedeuten, dass er noch eine Überraschung geplant hatte. Von diesem Gedanken war ich aber sofort wieder abgelenkt, als ich ein wunderschönes Sommerkleid in meinen Händen hielt. „Das habe ich selbst entworfen und genäht. Ich hoffe es gefällt dir", kam es stockend und unsicher von Leokardia. „Das ist.....wow!" Ich war sprachlos. Noch nie hatte ich ein Kleid, das nur für mich entworfen worden war und das so....so wundervoll aussah. Ich überbrückte das kurze Stück zu ihr und umarmte sie begeistert. „Danke, ich freue mich so über das Kleid. Das werde ich garantiert auf Ibiza tragen." „Spatzl, schau einmal, wer hier noch gekommen ist, um dir zu gratulieren." Ich drehte mich zu Luca um und fror mitten in der Bewegung ein. Dort stand eine Person aus meiner Vergangenheit mit einem Sonnenblumenstrauß neben ihm......

Aufgeregt saß ich auf meinem Bett und wartete bis es an meiner Zimmertür klopfte, damit ich zu meinem Geburtstagstisch durfte. Ja, heute war mein zehnter Geburtstag und ich war schon mächtig aufgeregt, denn heute Nachmittag durfte ich mit Paula und ein paar anderen Mädchen zu einer Zoosafari in den Aquazoo. Jetzt war ich aber schon neugierig auf meine Geschenke. Hoffentlich bekam ich die kleine portable Spielekonsole, die ich mir gewünscht hatte. In der Schule hatte alle, die interessant waren, so eine. Und ich wollte, dass Paula und ich auch endlich dazu gehörten, weil wir auch mitspielen konnten und damit wir überall zusammen unseren Lieblingsfilm gucken konnten. Ja, ich musste das Teil heute bekommen, ich hatte doch Papa und Mama lange genug mit meinem Wunsch in den Ohren gelegen. An meiner Tür wurde zwei Mal kurz und drei Mal lang geklopft. Ich musste grinsen und sprang von meinem Bett auf. Das war Papas und mein geheimes Klopfzeichen. Schnell riss ich die Tür auf und schaute in das lächelnde Gesicht meines Papas. „Na komm, meine kleine Sonnenblume. Dein Geburtstagstisch wartet auf dich." Wir liefen beide Hand in Hand ins Wohnzimmer, wo meine Mutter in ihrem üblichen schwarzen Kostüm mit weißer Bluse bereits auf uns wartete. So wie sie mit der Fußspitze tippte, hatte sie es wohl wieder ziemlich eilig. Bestimmt hatte sie einen wichtigen Geschäftstermin. Ich lief schnell zu dem Tisch und pustete die zehn Kerzen, die auf einem Holzring verteilt waren, aus. In ihrer Mitte stand noch eine große Kerze mit einer Zehn darauf. Auch die pustete ich noch schnell aus und dachte dabei ganz fest an meinen größten Geburtstagswunsch.. „Hast du dir auch etwas gewünscht?" Ich nickte Papa zu und natürlich hatte ich mir die Spielekonsole gewünscht, damit auch auf keinen Fall etwas schief ging.  Schnell griff ich mir das erste Geschenkpäckchen und hoffte, dass ich gleich einen bestimmten Karton mit einem bestimmten Aufdruck in meinen Händen hielt. „Johannes, hast du schon wieder diese Feldblumen angeschleppt, anstatt einen ordentlichen Lilienstrauß zu besorgen, wie ich es dir aufgetragen hatte. Das nächste Mal überlasse ich das lieber Frau Kowalski." Ich schaute von meinem Geschenk auf und entdeckte die hübschen Sonnenblumen. Ich liebte sie, genau wie Paula sie liebte, weil sie immer so fröhlich aussahen und wir manchmal zu einem Feld liefen und sie bewunderten.....und weil Papa mich manchmal seine kleine Sonnenblume nannte.....

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt