Kapitel 63

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„Marlen!", hörte ich Andreas rufen. Na da hatte wohl jemand Sehnsucht nach mir. Dann war es wohl schon etwas früher Zeit für meinen großen Auftritt. Ich streckte meinen Rücken durch und trat in den Flur.  „Wieso ist Carmens Tür abgeschlossen?"  Andreas stand vor der Tür des Balgs zusammen mit dem Kindermädchen. Na das traf sich ja gut.  „Ich brauchte etwas Ruhe, damit ich heute Nacht fit bin." Ich strich mit meinem Fingernagel über die Vorderseite der Corsage, damit er sich gleich richtig fokussierte.  „Und ein Mittagsschlaf tut der Kleinen auch mal ganz gut. Sie wollte aber nicht im Zimmer bleiben, also habe ich abgeschlossen", informierte ich ihn. Er sollte ruhig wissen, was er da für ein ungehorsames Gör zu Hause hatte. „Du hast was?" Wieso schaute er denn so wütend? Er streckte seine Hand aus „Schlüssel sofort!", fuhr er mich an. Also diesen Ton konnte er sich ja mal gleich wieder abgewöhnen. Aber das würde ich ihm heute Nacht in einer ruhigen Minute klar machen. Ich lief ins Wohnzimmer, um die Schlüssel zu holen. Natürlich achtete ich dabei aber darauf, das mein Rückseite mit einem sanften Hin- und Herschwingen einen verführerischen Anblick bot. Es konnte ja nichts schaden, wenn ihm schon einmal das Wasser im Mund zusammenlief. „Reg dich doch nicht so auf, Schatzi. Ihr tut ein bisschen Ruhe mal ganz gut. Und der Satansbraten scheint das ja auch zu brauchen, wenn er immer noch schläft. Sie hat auch ziemlich schnell aufgehört gegen die Tür zu trommeln." Ich reichte ihm lächelnd den Schlüssel. So langsam wurde es echt Zeit, dass er dieses kleine Miststück auch einmal kennenlernte und nicht mehr so verhätschelte. Ich würde ihm schon noch die Augen öffnen und zeigen, dass er nicht gerade einen kleinen Engel zu Hause hatte. Er würde schon noch lernen sie mit härter Hand anzupacken. Ja, ich würde dafür sorgen, dass sie hier wegkam. Und dann würde ich wieder nach meiner Tochter suchen, wenn wir erst einmal verheiratet waren. Ja, dann würde die richtige Carmen bei uns wohnen und nicht dieses Biest.  „Wie hast du meine Tochter genannt?" Andreas schaute mich sauer an. Der sollte mal nicht so übertreiben. Wahrheit musste schließlich Wahrheit bleiben und dieses Gör war ein Satansbraten. „So nennt sie sie immer, auch als sie sie fast im Möbelhaus vergessen hat." Wie bitte, was sollte denn das? Warum machte das Kindermädchen einfach seinen Mund auf! „Halt deine Klappe oder warum habe ich dir vier Grüne gegeben. Undankbares Miststück." Der würde ich gleich erst einmal den Mund stopfen. „Du Schlampe hast die Kleine da einfach in der Kinderbetreuung abgegeben und vergessen, weil du dich mit irgendeinem Kerl getroffen hast. Ich wusste auch nicht, dass das Geld Schweigegeld sein sollte. Eigentlich dachte ich, dass es für die Betreuung von Carmen war, weil ich sie das ganze Wochenende bei mir hatte. Im übrigen hätte ich auch umsonst auf sie aufgepasst, damit sie nicht unter dir leiden muss!" Jetzt reichte es ja wohl! Was bildete die sich denn ein! „Ach, der Satansbraten interessiert dich doch gar nicht. Du mimst doch nur den Babysitter, weil du scharf auf meinen Kerl bist. Aber das kannst du vergessen. Der gehört mir, du Flittchen." Was schaute Andreas denn so ungläubig? Er war wirklich so naiv, dass er das noch gar nicht mitbekommen hatte. „Du hast auf Carmen aufgepasst?" Warum fragte er das das Kindermädchen? Das spielte doch überhaupt keine Rolle, schließlich hatte ich sie dafür mehr als gut bezahlt. „Ja, ich war mit Mika Möbel aussuchen und da hat Carmen uns gefunden, weil die Kinderbetreuung schon geschlossen und keiner sie abgeholt hat, obwohl sie ausgerufen wurde....." Also, da musste ich ja wohl mal eingreifen. „So war das doch gar nicht", unterbrach ich sie, ehe sie hier noch mehr Mist von sich gab, den keiner hören wollte. „Du bist mal ganz still!" Was sollte denn der Ton von Andreas. Das würde ihn aber nachher noch eine ordentliche Entschuldigung kosten. Dafür würde ich schon sorgen. „Das ist ja unglaublich. Und ich habe mich gefreut als mir die Schnecke vom Zoo und allem erzählt hat, weil ich dachte, ihr habt euch endlich zusammengefunden." Andreas schaute mich enttäuscht an. „Dem Satansbraten fehlt jegliche Erziehung. Sie respektiert mich überhaupt nicht. Da musste ich die Daumenschrauben mal etwas anziehen. Außerdem ist sie ja nicht einmal deine richtige Tochter." Dann öffnete ich ihm halt jetzt schon einmal die Augen. Manche Themen ließen sich halt nicht verschieben.„Wo ist meine Tochter?", brüllte Andreas mich plötzlich an. So erregt hatte ich ihn ja noch nie erlebt und das alles nur, weil mir dieses kleine Miststück eins auswischen wollte.
„Da ist ein Zettel." Das Kindermädchen hatte einen Wisch in der Hand. So schnell wie sie ihn gefunden hatte, steckte sie doch mit dem Satansbraten unter einer Decke. „Dann ist der kleine Bastard wenigstens weg und wir haben unsere Ruhe." Manchmal musste man einfach mal provozieren. Bestimmt würde das Kindermädchen jetzt vor Wut mit dem ganzen herausplatzen und sich selbst verraten.   „So, jetzt reicht's, Pack deine drei Schlüpper zusammen und verlass sofort meine Wohnung", fauchte Andreas mich an. Ich traute meinen Ohren nicht. Das konnte er doch nicht wegen so einer Schmierenkomödie von zwei Kindern machen.  „Aber wo soll ich denn dann hin? Und wer kümmert sich um deine Bedürfnisse." Ich strich mit meiner Hand über seine Brust. Das würde garantiert seine Wirkung nicht verfehlen. Ich wusste doch, worauf er stand. Das musste ich ihm nur in Erinnerung bringen. Mit Sex ließ sich alles regeln. „Dann zieh doch unter die Brücke. Ist mir egal. Du solltest nur beten, dass meiner Tochter nichts passiert ist und wir sie schnell finden, sonst dreh ich dich durch den Fleischwolf." Sauer schlug er meine Hand weg. Also das musste ich mir ja nun wirklich nicht bieten lassen. Entschlossenen Schrittes verließ ich das Zimmer und lief zurück ins Schlafzimmer, um in mein Cocktailkleid zu schlüpfen, das ich auch schon bereitgelegt hatte. Schnell griff ich mir ein paar Sachen zusammen und verließ die Wohnung. In meinem Aufzug fand ich garantiert für heute erst einmal Unterschlupf in einem Hotel. Und wenn ich mich nicht dumm anstellte, würde mir das Zimmer garantiert auch ein gut situierter Kerl aus der Bar bezahlen. Tja, da war Andreas dann ganz alleine Schuld dran. Dann sollte er doch heute den besorgten Familienvater spielen. Morgen kam er garantiert wieder bei mir angekrochen, um sich zu entschuldigen. Da würde ich dann aber ein paar Forderungen stellen. So einfach würde ich es ihm nicht machen. Nein, ich würde dafür sorgen, dass weder das Kindermädchen noch der Satansbraten mir noch einmal in die Quere kamen. Aus meiner Handtasche zog ich das Tütchen mit meinen kleinen bunten Freunden und schob mir eine Pille in den Mund, ehe ich nach einem Taxi winkte......

Noch heute schämte ich mich für mein damaliges Handeln und fragte mich, in welcher Parallelwelt ich eigentlich gelebt hatte.
Mein kleiner Sonnenschein schüttelte grinsend den Kopf. „Bauchaua nis slimm." Oh oh, hoffentlich nahm meine Tochter ihren Mund da nicht zu voll, denn sie war schon ziemlich leidend, wenn sie krank war. Aber ehrlich gesagt, litt ich dann noch viel mehr, wenn ich sah, wie schlecht es ihr ging. „Also ich weiß ja nicht, meine Kinder waren da nicht so locker", Lisa schaute sie nachdenklich an. „Luca hat immer ganz viel Schmusebedarf gehabt, wenn es ihm schlecht ging. Und Lucy hat sich jammernd verkrochen." Bei dem Gedanken an einen kranken verschmusten Luca musste ich ein Schmunzeln unterdrücken. Da wusste ich ja dann, was in Zukunft auf mich zukam.„Is slafe Luda, is Aua wed." Meine Tochter sprach im Brustton der Überzeugung. „Und dat soll helfen?" Tessa schien nicht wirklich überzeugt von der Aussage ihres Patenkinds. Espie nickte eifrig. „Mama auch viel Aua, Mama imma slaft Luda und Aua is wed." Scheiße! Ich spürte wie alle Blicke auf mir lagen. Und ich spürte diese bestimmte Hitze in meinen Wangen.

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt