19. Diegos Lebensgeschichte

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Ich wachte auch am nächsten Morgen auf... Wie immer. Leise hörte ich Geräusche aus der Küche und ging nach unten, wo ich Diego beim Frühstück machen ertappte. „Guten Morgen!", flötete ich glücklich und sah wie Diego erschrocken zusammen fuhr. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken...", setzte ich noch hinzu. Er lächelte mir kurz zu, dann aber wich das Lächeln aus seinem Gesicht und er sah mich enttäuscht an. Sein Blick brannte sich in mein Gehirn und es tat weh ihn so traurig zu sehen. „Das mit gestern tut mir leid...", sagte ich leise.

„Was? Das mit Raoul und seinem Kumpel?", fragte Diego verwirrt, aber ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich meine... Na... Weil wir uns fast geküsst hätten... Ich wollte dir keine falschen Hoffnungen machen...", murmelte ich kleinlaut und senkte den Blick. „Ach das...", nuschelte er enttäuscht und auch ein klein wenig verletzt. „Sei bitte nicht traurig, Diego! Ich bin nicht so weit... Meine letzte große Liebe hat mich geschlagen und eingesperrt... Du musst verstehen, dass ich nicht einfach so tun kann als wäre nie etwas geschehen!", jammerte ich unter Tränen. Traurig sah Diego mich kurz an, wich dann aber meinem Blick wieder aus. Ich nahm vorsichtig seine Hand und drückte sie leicht. „Bitte!", flehte ich ihn an. Er sah auf unsere Hände und hob den Blick.

„Clari... Ich... ich kann...", stammelte er traurig. Nun senkte ich den Blick. „Schon verstanden... Du kannst nicht damit umgehen... Und ich dachte, du wärst anders als die anderen...", murmelte ich verletzt, zog meine Hand zurück und verließ traurig die Küche. Ich spürte wie mir die Tränen heiß über die Wangen liefen. Ich hörte Diegos Schritte. „Clari! So meinte ich das nicht!", rief er mir sanft hinterher als ich die Treppe hoch lief. „Lass mich in Ruhe!", fuhr ich ihm mit tränenerstickter Stimme an und fing an zu rennen. Im Schlafzimmer schloss ich mich dann ein und rutschte weinend mit dem Rücken die Tür hinunter. Habe ich wirklich gedacht, dass er mit meinem Problem umgehen kann? Wenn ja, dann habe ich mich wohl geirrt... Ein weiteres Mal wurde ich verletzt...

Ich hörte Schritte, die vor der Tür stehen blieben. Es klopfte leise an der Tür. „Was willst du?", fragte ich verheult. „Hör mir bitte zu!", antwortete Diego verzweifelt. Ich stand auf und öffnete ihm die Tür. Er sah mich traurig an. „Du hast die falschen Schlüsse gezogen, meine Kleine!", fing er an und sah mir in die Augen. „Ich wollte eben sagen, dass ich... das ich dich verstehen kann... Und ich will dir bei stehen..." Ich lächelte unsicher und Diego erwiderte das Lächeln. „Danke... Tut mir leid wie ich reagiert habe...", flüsterte ich. „Du brauchst dich nicht entschuldigen... Du machst gerade eine schlimme Zeit durch und ich will dir dabei helfen!", besänftigte er mich. „Danke, das du das für mich machst...", schniefte ich und sah Diego dankbar an. „Das ist doch kein Problem, Clara... Du bist schließlich was Besonderes...", meinte Diego und nahm vorsichtig meine Hände.

„Das hat noch nie jemand zu mir gesagt... Nicht mal Ezequiel...", lächelte ich und spürte wie mir noch mehr Tränen über die Wangen liefen. „Nein, Clari... Nicht weinen...", sagte Diego und strich mir sanft die Tränen aus dem Gesicht. Dann fiel ich ihm um den Hals und weinte mich bei ihm aus. Meine Arme schlang ich vorsichtig um seinen Oberkörper und legte meine Wange an seine Schulter. Diego legte seine Arm sanft um meine Schultern und ich spürte wieder die Schmetterlinge durch meinen Bauch tanzen. „Du hast echt keine Ahnung was ich mit Angelo durch gemacht habe... Du musst einfach verstehen, dass ich etwas Zeit brauche... Die Liebe ist ein kompliziertes Gebiet und wenn man schlimme Erfahrungen gemacht hat... Dann komme ich dabei raus...", schluchzte ich verzweifelt. „Nein Clari... Das stimmt nicht... Klar, ich verstehe, dass du noch etwas Zeit brauchst und ich weiß, dass es dir sehr schwer fällt mir zu vertrauen, aber trotzdem bist du immer noch du selbst... Du bist wunderschön, ehrlich, freundlich und du siehst mich mit anderen Augen...

Normalerweise habe ich das Image als Herzensbrecher vorweg, deshalb verhalte ich mich auch immer so... Aber du warst von Anfang an anders zu mir... Vor mir hatte noch nie eine Frau Angst und da habe ich angefangen über mein Verhalten nach zu denken... Zugegeben, Xabiani hatte seine Finger mit im Spiel...", sagte Diego mit ein wenig Belustigung, in seiner Stimme, beim letzten Satz. „Eigentlich weiß ich so gar nichts über dich... Bis auf das mit dem Ladendiebstahl und das du ein Player warst...", murmelte ich leise und auch etwas scheu. „Ich kann dir etwas über mich erzählen, wenn du magst...", sagte er sanft und ich nickte. Sanft löste er sich aus der Umarmung, nahm meine Hand und führte mich die Treppe nach unten ins Wohnzimmer. Vorsichtig setzten wir uns nebeneinander auf die Couch.

„Ursprünglich komme ich aus Spanien, dort habe ich auch bis zu meinem 10. Lebensjahr gewohnt, danach sind wir hierher nach Argentinien gezogen. Mein Vater war ein großer Historiker und wollte immer mehr lernen und dann bekam er eine historische Forschungsstation hier in Argentinien... Zwischen durch musste er immer wieder mal nach Spanien zurück um neue Ergebnisse zu bekommen... Von seiner letzten Reise kam er nie zurück... Sein Flugzeug stürzte in den Atlantischen Ozean... Es gab keine Überlebende... Und dann fing alles an... Meine Mum fing an zu trinken und letztendlich landeten wird im Ghetto von Buenos Aires... Vaters Lebensversicherung wurde uns nicht ausgezahlt und so musste ich mich um meinen kleinen Bruder, meine kleine Schwester und meine Mutter kümmern. Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr meine Mutter abgerutscht ist. Durch den Alkoholkonsum fing sie an meine Geschwister zu schlagen. Mirko hat sie totgeschlagen, weil ich nicht zu Hause war... Ich konnte nicht eingreifen...

Das Jugendamt hat Felizitas von uns weggeholt und da ich zu diesem Zeitpunkt schon volljährig war, musste ich dort ausziehen... Ich suchte mir ein paar kleine Jobs und dann kam ich an diese Gruppe Jugendlicher... Sie wollten halt diesen einen teuren Laden überfallen. Ich, Idiot, habe ihnen angeboten Schmiere zu stehen... Als dann die Polizei auftauchte, wurde ich als erstes geschnappt... Anschließend schoben mir die Jugendlichen den Überfall in die Schuhe und ich hatte einfach keine Beweise um das Gegenteil zu beweisen... Ein Mädchen hat mir dann geholfen alles zu überstehen... Doch sie hatte mich nur benutzt... und dann fing ich an, die anderen zu benutzen... Das tat ich ganze fünf Jahre lang und dann traf ich auf dich... Ich habe dich bei Xabi gesehen und wirklich... Mein erster Gedanke war: Mein nächstes Opfer... Doch dann sah ich deine Angst... und ich Idiot habe dich auch noch ausgelacht, als du die Sachen des Regisseurs runter geschmissen hast... Als du verschwunden warst, kam halt Eze zu uns und Xabi redete gleich darauf los.

Dann fiel zum ersten Mal dein Name und Ezequiel war total aufgeregt weg gerannt... Nachdem ich mich dann fertig gemacht hatte, trug der Produzent mir auf, euch zu holen... Ich war begeistert dich nochmal zu sehen... In der Hoffnung, das du dieses Mal keine Angst vor mir hast... Aber ich wurde enttäuscht... Als ihr dann an mir vorbei gegangen seid, hatte ich das Gefühl, das du getröstet werden willst, weshalb ich mit meiner Hand vorsichtig durch deine Haare fuhr. Als ich dann aber die Wunde fühlte, erschrak ich fürchterlich und merkte sofort, dass es dir nicht gut gehen könnte...

Als du dann umgekippt bist und man dich ins Krankenhaus gebracht hatte, habe ich mit Ezequiel geredet und er meinte, dass du dich total verändert hast, seitdem du diesen Angelo kennst... Ich habe mir unerklärlicherweise sofort große Sorgen um dich gemacht und kam dann auch gleich ins Krankenhaus... zu dir... Als du dann da lagst und geschlafen hast, habe ich angefangen mir Gedanken zu machen... Als ich dann gesehen habe, wie Angelo mit dir umgesprungen ist, habe ich beschlossen, dich zu beschützen... Egal wie... Es hat mich sehr verletzt, als du mich weggeschickt hast... Ich wollte dich beschützen... Dich verteidigen... Ich wollte dir zeigen, dass es sich zu kämpfen lohnt...", erzählte er mir und ich nickte einfach nur. Eine Zeit lang schwiegen wird, doch dann fasste ich mir ein Herz und erzählte weiter, dieses Mal nur aus meiner Sicht...

Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt