127. Rauchvergiftung

234 20 9
                                    

Es war leise um mich herum, als ich wieder wach wurde. Ich fühlte mich alleine. Schwerfällig hob ich meine Arme und rieb mir langsam die Augen. Ein Hustenanfall schüttelte meinen Körper als ich tief einatmete. Schritte kamen eilig auf mich zu. Jemand nahm meine Hand und drückte einen Kuss auf meinen Handrücken. Müde öffnete ich meine Augen. „Hey, Clara!", sagte Diego liebevoll und strich durch meine Haare.

 „Wo... wo bin ich?", hauchte ich leise und mit kratziger Stimme. „Im Krankenhaus, Prinzessin. Es wird alles gut, mein Mädchen!" Er sah schwach aus. Er war blass, die dunklen Augenringe traten offensichtlich hervor, seine Wangen waren tränennass. Ich sah mich ein wenig um. Diego und ich waren alleine in diesem großen weißen, sterilen Raum. „Was ist passiert?", murmelte ich und versuchte mich auf zu setzten. Doch mein Freund drückte mich zurück. „Bleib liegen, Süße. Die Schule hat gebrannt und du warst in der Aula gefangen. 

Tristan hat dich dort eingesperrt. Hast du das alles vergessen?", fragte er mich liebevoll. Mir fiel es wie Schuppen vor den Augen. Wie Tristan sich an mich ran gemacht hatte, mich küsste, mich ausziehen wollte. Er hatte mich gegen die Heizung gestoßen und mich einfach liegen lassen. Statt mir zu helfen hatte er mich in der Aula eingeschlossen, was mir fast zum Verhängnis wurde. Ich hob meine freie Hand zu der Wunde, die ich durch den Sturz erhalten habe. „Kannst du mir sagen, was passiert ist?", fragte Diego mich vorsichtig. 

Meine Hand ließ ich wieder sinken. Er musterte mich besorgt und legte seine Hand an meine Wange. „Er hatte mich bedrängt. Ich habe mich gewährt und er hat mich aus Wut weggestoßen. Ich bin über meine Tasche gefallen und mit dem Kopf an die Heizung. Statt mir zu helfen ist er gegangen und hat mich eingeschlossen. Dann war das Feuer", murmelte ich müde und merkte wie mir wieder die Augen zu fielen. „Schlaf, Prinzessin! Ich werde auf dich aufpassen!", besänftigte er mich ruhig, was ich gerade weniger von ihm erwartet hatte. 

„Kannst du dich zu mir legen?", wimmerte ich bittend. Er sagte nichts und legte sich vorsichtig neben mich. Wieder fing ich an zu husten. Meine Lunge brannte vor Schmerz und mir liefen ein paar Tränen über die Wangen. Als sich der Hustenreiz wieder gelegt hatte, schmiegte ich mich schwach an Diego. Sanft strich er gleichmäßig über meinen Arm. Es beruhigte mich sehr und ich schlief langsam ein.

Als ich das nächste Mal aufwachte, war ich alleine in dem Zimmer. Diego lag nicht mehr neben mir. Ich hatte jetzt die Zeit alles aufmerksam anzusehen. Beatmet wurde ich über einen Sauerstoffschlauch in der Nase und über eine Infusion wurde ich mit Flüssigkeit versorgt. Zitternd setzte ich mich auf und sah auf die Nadel in meiner Hand. Als die Tür auf ging huschte ein kurzes Grinsen über mein Gesicht. „Wir haben uns ja schon lange nicht mehr gesehen!", meinte der Arzt lächelnd. 

„Guten Tag, Dr. House. Haben Sie mich schon vermisst?", fragte ich mit kratziger Stimme. „Wie ich gehört habe sitzt ihre Treppe im Knast", meinte House und sah sich meine Akte an. „Ja, tut sie. Ich hätte damals die Wahrheit sagen müssen. Es war ein Fehler zu lügen", gab ich ehrlich zu und sah ihn neugierig an. „Wo ist Diego?" Dr. House sah auf. „Wir haben ihn weggeschickt. Die Besuchszeiten sind um und er kann nicht die ganze Zeit hier bleiben!", sagte er ernst und legte die Akte zur Seite. „Rauchvergiftung. Sie werden uns noch ein paar Tage Gesellschaft leisten!" Ich seufzte und sah meinen Arzt bittend an. 

„Kann Diego bitte kommen? Ich brauche ihn!", bat ich mit weinerlicher Stimme, bevor ich wieder an fing zu husten. „Sie brauchen Ruhe! Mehr nicht!", murrte House und ging wieder zu Tür. „Bitte!", wimmerte ich leise. Er seufzte. „Es ist mitten in der Nacht. Ich glaube kaum, dass er jetzt noch wach ist!", sagte mein Arzt. Ich strahlte. „Da kennen Sie Diego schlecht. Der macht kein Auge zu. Er wird sofort kommen!", erwiderte ich aufgeregt. Der Arzt schüttelte grinsend den Kopf. „Ich werde veranlassen, dass hier ein zweites Bett reinkommt." 

Ich strich über die warme Daunendecke. „Brauchen Sie nicht. Wenn er schläft dann nur neben mir!", klärte ich ihn auf. Seufzend verließ House mein Zimmer. Auf meinem Nachttisch lag ein kleines Päckchen. Mit zitternden Händen nahm ich es vom Tisch und öffnete das Papier. Es war ein Bilderrahmen mit einem Foto. Mein Musicalkurs. Ein Bild, dass Frank bei Beginn des Schuljahres aufgenommen hatte. Die Kinder strahlten total und das Bild strahlte eine Wärme aus. Alle Schülerinnen und Schüler hatten auf dem Bild unterschrieben. Die aufkommenden Tränen wischte ich mir schnell weg und stellte das Bild auf. 

Leise summte ich die Melodie von Felsenfest bis Diego den Raum betrat. Ich fing an zu strahlen. „Du bist da!", hauchte ich glücklich und wollte aufstehen. „Bleib da! Ich komme doch zu dir!", sagte Diego sanft und kam lächelnd auf mich zu. „Du siehst schon viel besser aus! Wie fühlst du dich?" Vorsichtig setzte er sich neben mich auf das Bett und nahm meine Hand. „Ich bin total glücklich, dass du hier bist. Ansonsten bin ich etwas müde, mein Kopf tut weh und mir ist etwas schwindelig, aber sonst geht es mir gut", versicherte ich ihm und fing wieder an zu husten. „Leg dich hin, Prinzessin! Du sollst ja schließlich genesen", sagte er ruhig und drückte mich zurück in mein Kissen. 

Kaum ließ er mich los, da setzte ich mich wieder auf. „Du hast dich mit Tristan angelegt, richtig?", fragte ich und sah ihn erwartungsvoll an. Er nickte leicht. „Woher weißt du das?" Ich lehnte mich vor und strich über seinen blauen Wangenknochen. „Es ist nicht zu übersehen! Man muss doch nicht immer alles mit Gewalt lösen!", zog ich ihn zur Rechenschaft. „Wegen ihm bist du fast gestorben! Er hatte nichts anderes verdient!", zischte Diego verletzt. Ich packte ihn an seinen Armen und zog ihn an mich. „Ich bin aber nicht gestorben. Ich sitze hier quicklebendig. So schnell wirst du mich nicht los!", sagte ich sanft und legte meine Hand auf seine Wange. 

Er kuschelte sich an mich und ließ seinen Kopf auf meine Brust sinken. Zärtlich strich ich durch seine Haare. „Weißt du noch? Hier begann unsere Geschichte vor knapp drei Jahren, weil ich von Angelo zusammen geschlagen worden bin!", wechselte ich das Thema. „Du hattest Angst vor mir und wolltest mich die ganze Zeit wegschicken. Wegen mir musste dir damals eine Nadel aus der Hand operiert werden." Diego hob den Kopf und lächelte mich glücklich an. „Aber ich bin total froh, dass ich damals nicht auf dich gehört habe! Du gibst meinem Leben einen Sinn, Clara! Ich habe keine Ahnung was ich ohne dich tun sollte!" Ich lächelte zurück. „Ich bin auch froh. Wer weiß was sonst noch so alles passiert wäre..."

Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt