62. Streit

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Candelaria und Diego stritten sich und das richtig heftig. „Was für ein Arschloch bist du denn bitte? Du kannst Clari doch nicht so verletzen!", schrie sie wütend. „Lass mich in Ruhe, Candelaria. Es sei denn, du weißt, wo sie ist!", erwiderte Diego ebenfalls wütend. „Ja, ich weiß wo sie ist!", sagte Cande ruhig. „Aber ich werde es dir bestimmt nicht sagen!" Die Stimmen kamen immer näher. „Sie ist in deiner Garderobe, richtig?", fuhr Diego sie an. „Ich werde jetzt zu ihr gehen!" Ich hörte wie Cande gegen die Tür sprang. „Du lässt sie gefälligst in Ruhe! Du hast sie schon genug verletzt, Diego! Du hast es einfach nicht anders verdient, Straßenjunge!", fauchte Candelaria ihn an. Plötzlich herrschte Stille. Totenstille. Ich hatte Angst vor dem was als nächstes passiert. „Das nimmst du zurück!", sagte er ruhig, aber ich konnte an seiner Stimme hören, wie wütend er war. „Nein, dass werde ich nicht! Weil es stimmt!", keifte Cande ihn an. „Verschwinde! Und lass dich nie wieder in Claris Nähe blicken!" Wieder Stille. Ich konnte die angespannte Situation fühlen. „Lass. Mich. Zu. Ihr!", sagte Diego mit einem drohenden Unterton. Cande lachte kurz auf. „Soll ich jetzt Angst haben vor dir? Vergiss es! Wenn du so weiter machst, wirst du sie nie wiedersehen! Verstehst du das nicht?", schrie Cande ihn an. Ich stand auf und ging zu Tür. Mit einem Ruck öffnete ich die Tür und Candelaria fiel in ihre Garderobe. Ich sah Diego an und er mich. „Clari...", hauchte er leise. „Maria Clara!", verbesserte ich ihn, doch er schüttelte den Kopf. „Nein... Du bist Clari! Meine Prinzessin!", meinte er sanft.

„Diego, steck dir das sonst wohin! Ich habe dir vertraut und dann lässt du mich sitzen, einfach so! Ich bin so froh, dass das Kind nicht von dir ist! Du hättest es mir einfach sagen können, wenn ich dir zu lästig geworden bin! Aber ich glaube, ich weiß, was dein Problem ist! Du kannst es nicht haben, dass wir beide noch nie miteinander geschlafen haben, hab ich recht?", fuhr ich ihn an. Er war vollkommen überrascht und was ich gesagt hatte, hatte ihm wohl die Sprache verschlagen. „Halt, stopp! Moment mal... Clari, du bist schwanger?!", fragte Cande mich überrascht. Ich sah Diego wütend und enttäuscht an. „Ja, aber Gott sei Dank nicht von Diego! Denn darauf könnte ich gut und gerne verzichten!", meinte ich sauer. Ich sah Diego an, wie sehr ihn die Worte verletzten, aber es interessiert mich nicht. Ich ging einfach. Diego und Cande blieben verwirrt zurück. Im Eingangsbereich traf ich auf Eze und Alba, die sich gerade unterhielten. „Clari, was ist passiert?", fragte Eze mich und Alba drehte sich ebenfalls um. „Lasst mich einfach alle in Ruhe!", schrie ich aufgebracht und rannte nach draußen. Es war inzwischen richtig heiß. Ich lief in die Innenstadt. Gedankenverloren lief ich an den stark befahrenden Straßen entlang und sah mir die Schaufenster an. Ich beschloss in einen Buchladen zugehen. Drinnen war es wunderbar kühl und es roch herrlich nach Büchern. Eine junge Frau stand an der Kasse und lächelte mich an. „Guten Tag, kann ich etwas für Sie tun?", fragte sie mich freundlich. „Nein, vielen Dank. Ich möchte nur ein wenig gucken." Die Frau nickte. Mir fielen sofort mir vier sehr bekannte Bücher in die Hand. Es waren die Autobiografien von Rugge, Cande, Tini und Lodo. Ich lächelte sanft als ich mir die Bücher an sah.

Ich besaß keines der vier und so beschloss ich sie zu kaufen. Beim Weiterstöbern fiel mir ein weiteres Buch in die Hand. Vor Schreck ließ ich fast die anderen Bücher fallen. Das Buch war eine Autobiografie, aber nicht so wie man sich Biografien sonst vorstellt, sondern wie eine erfundene Geschichte aufgebaut. Der Titel lautete „Das Leben auf der Straße". Ich starrte auf den Namen des Autors. „Das kann nicht sein...", murmelte ich und las wieder und wieder den Namen. Entweder gab es noch einen Diego Dominguez oder ich hielt die Autobiografie von Diego, meinem Diego, in der Hand. Ganz hinten stand eine kleine Zusammenfassung von den Autor und ein Bild. Es war tatsächlich Diego. Ich schnappte mir die Bücher und ging zur Kasse. Die Frau lächelte mich an. „Auch ein Violetta Fan?", fragte sie freundlich. „Wie man es nimmt... Zählt mit wirken auch zum Fan?", fragte ich gedankenverloren. „Sie arbeiten da? Mach es Ihnen Spaß?", fragte die Verkäuferin weiter. Ich nickte und starrte auf das Buch von Diego. Als die Frau die Bücher in eine Tüte gepackt hatte, bezahlte ich schnell und lief nach Hause. Diegos Wagen stand vor der Haustür. Ich schloss die Tür auf und ging direkt ins Schlafzimmer und zog mich um. Mit einem Handtuch und Diegos Buch sprang ich im Bikini die Treppe wieder runter. Erst jetzt bemerkte ich, dass neben Diego auch noch Jorge und Xabiani saßen. Wir sahen uns schweigend an. „Clara? Sind das Narben?", fragte Jorge plötzlich.

Verdammt, die hatte ich ja ganz vergessen. „Nein, dass sieht nur so aus...", antwortete Diego ihm. Ich war überrascht. „Meinst du das jetzt ernst oder sarkastisch?", fragte Jorge zum Verständnis. „Ich meine das ernst! Immerhin reden wir von meiner Freundin... Ach, warte, tut mir leid! Ex-Freundin!", fauchte Diego Jorge an und sah wieder zu mir. Er war nicht gerade begeistert mich zu sehen. In seinem Blick spiegelten sich Traurigkeit, Wut und Enttäuschung wieder. Ich senkte beschämt den Kopf. „Was ist das für ein Buch?", fragte Xabi mich. „Es ist eine Autobiografie über einen Jungen, der auf der Straße gelebt hatte...", antwortete ich leise und wollte gehen. „Warte kurz, Maria Clara!", rief Diego mir hinterher. Ich blieb stehen und drehte mich wieder zu ihm. „Was denn?", seufzte ich traurig. „Ich habe zwei Fragen... Die erste: Darf ich trotzdem hier weiterhin wohnen?", fragte er mich. Ich zuckte mit den Schultern. „Warum nicht? Solange du mir nicht irgendwelche Vorwürfe machst! Die zweite Frage?", antwortete ich und sah ihn erwartungsvoll an. Er erwiderte standhaft meinen Blick. „Wie heißt das Buch?", fragte er mich ruhig. Ich sah ihm tief in die Augen. „Das solltest du eigentlich am besten wissen!", murmelte ich und ging. Ich lief durch den Wald zum Brombeerstrauch. Bevor Lara gegangen war, haben wir uns eine kleine Abkürzung um den Brombeerstrauch erschaffen. Wir haben an einer nicht so offensichtlichen Stelle ein Loch geschnitten, durch das man gefahrlos schlüpfen konnte. Ich lief eilig den Trampelpfad entlang und kletterte über das Gartentor. Ich genoss die warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut und rannte die Wiese entlang zum See runter.





Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt