122. Fußball

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Die ganze Stunde lang unterhielten wir uns noch. An Unterricht war einfach nicht mehr zu denken. Die Mädchen himmelten Diego die ganze Zeit an und ich merkte, dass es ihm sichtlich unangenehm war. Als es dann endlich klingelte ließen die Jungs es sich nicht nehmen Diego zu fragen, ob er mit ihnen eine Runde Fußball auf dem Hof spielen würde. Fragend sah er mich an.

 „Ich will dich nicht daran hindern! Tobe dich aus!", lachte ich und jagte ihn mit den anderen Jungs raus. „Clariii!", rief Louisa und kam mit Magdalena auf mich zu. „Was gibt es?" Die zwei Mädchen wechselten neugierige Blick. „Könntest du Diego jetzt immer mitbringen?", fragte Magdalena aufgeregt. Ich fing an zu lachen. „Bestimmt nicht! Ihr würdet ihn ja nur anstarren, aber Unterricht könnte ich vergessen!" 

Als ich die enttäuschten Gesichter sah, strich ich über ihre Wangen. „Aber er wird heute Nachmittag bei Musical dabei sein. Ich hoffe ihr seid auf das neue Stück gespannt!" Beide fingen augenblicklich an zu strahlen und sie nickten wild. „So und jetzt raus mit euch! Wir müssen doch Diegos Fußballmannschaft anfeuern!", lachte ich, nahm meine Materialien und verließ mit den Mädels den Klassenraum.

 Auf das Lehrerzimmer verzichtete ich ausnahmsweise und begab mich auf den Schulhof. Ich lief in Richtung Fußballplatz, wo ich die Jungs schon grölen hörte. Diego war natürlich der Lauteste. Ich setzte mich schweigend auf die Tribüne und beobachtete meinen Freund, wie er hingebungsvoll mit den Jungs spielte. 

Es machte ihm Spaß, dass konnte man ihm ansehen. „Er ist gut!", hörte ich eine Stimme hinter mir und ich drehte mich um. „Guten Morgen, Frank!", begrüßte ich den Schulleiter, der sich gerade zu mir gesellte. „Guten Morgen, Clara! Kennst du ihn?", fragte mich mein Kumpel und setzte sich neben mich. „Ja, ich kenne ihn!", grinste ich und beobachtete Diego weiterhin beim Spielen. 

„Das ist mein Freund und der Vater meiner Tochter!" Überrascht sah Frank mich an. „Diego ist wieder aufgetaucht? Das ist ja toll! Ich freue mich für dich!" Begeistert schloss er mich in die Arme. In dem Moment sah Diego zu mir und in seinen Gesicht las ich Eifersucht und in seinen Augen loderte Wut. Er unterbrach sein Spiel und kam direkt auf uns zu. 

„Geh von ihr weg!", fauchte mein Freund und tatsächlich ließ Frank mich los. „Warum sollte ich von ihr weggehen? Sie ist schließlich eine gute Freundin von mir!", erwiderte mein Kumpel und legte seine Hand auf meine Schulter. Eilig kletterte Diego über die Absperrung und zog mich von Frank weg. Besitzergreifend schlang er seine Arme um mich und funkelte den Schulleiter böse an. 

„Diego, Frank darf das. Was ist denn mit dir los?", fragte ich ihn verwirrt. Zögerlich ließ er mich wieder los. „Ich habe dir beim Fußball spielen zugesehen, Diego. Du kommst gut mit den Schülern klar und sportlich begabt bist du scheinbar auch. Was würdest du davon halten, hier als Sportlehrer zu arbeiten?", schlug Frank vor und lächelte uns an. 

Misstrauisch musterte Diego ihn. „Du könntest mich jeden Tag zur Arbeit fahren, siehst mich hier immer und kannst ständig auf mich aufpassen!", ermunterte ich ihn und zwinkerte dem Schulleiter zu. „Warum nicht? Die Schüler sind echt nett und arbeiten wirklich toll mit." Obwohl er leise zugestimmt hatte, drückte er mich weiterhin an sich. 

„Diego! Können wir weiterspielen?", rief Tom von der Wiese aus. Etwas widerwillig löste sich mein Freund von mir, küsste meine Stirn und verabschiedete sich wieder zu den Jungs. Kaum war er weg, sah ich wieder zu Frank. „Danke!" Er schüttelte den Kopf. „Nicht dafür, Clara! Ich weiß, was er dir bedeutet und es nicht zu übersehen, dass es anders herum genauso ist. Er liebt dich über alles!", erwiderte er und sah wieder auf Diego.

 Ich lachte und kletterte über die Absperrung. „Passt du auf meine Sachen auf? Ich muss meinem Freund zeigen, dass ich besser Fußball spielen kann als er!", kicherte ich freudig. Frank nickte und legte seine Unterlagen auf seinen Schoß. „Pass auf das er nicht anschließend ein verletztes Ego hat!", rief er mir nach, als ich zu den Jungs rannte, die sich um den Ball stritten.

 Während die Jungs damit beschäftigt waren, sich gegenseitig wegzustoßen, klaute ich ihnen den Ball. Überrascht sahen alle auf. „Clari?", sagte Diego überrascht. „Was denn? Traust du mir etwa nicht zu, dass ich auch spielen kann?", meinte ihr ehrgeizig und lief mit dem Ball wieder los. „Passt auf, dass sie ja kein Tor schießt!", hörte ich meinen Freund rufen und sofort stürzten sich die Jungs auf mich.

 Lachend kämpfte ich mich durch die Mengen. „Könnte ich vielleicht auch eine Mannschaft haben?", rief ich laut, als sich alle mir in den Weg stellten. „Ich bin in Claris Team!", rief Christian und ich schoss ihm den Ball zu. Am Rand sammelten sich immer mehr Zuschauer, die uns anfeuerten. Als ich kurz vor dem Tor stand, passte Christian mir den Ball zu. Ich nahm den Ball an und hielt ihn. Alle um mich herum blieben stehen und sahen mich neugierig an.

 Langsam kam Diego auf mich zu und lächelte mich frech an. „Ich wusste gar nicht, dass du so gut spielen kannst!", versuchte er mich ab zu lenken, doch ich ließ mich nicht beirren. Er wollte mir irgendwie den Ball abnehmen, das konnte er aber mal ganz geschmeidig vergessen. „Tja, jetzt weißt du es und glaube mir, ich treffe genauso gut!", lachte ich und als Diego sich auf mich stürzte, versenkte ich den Ball im Tor. 

Begeistert schrien Christian und ich auf. Ein Arm legte sich von hinten um meinen Bauch und ich wurde hochgehoben. Ich quiekte und lachte, als Diego mich an sich zog und durch die Luft wirbelte. Ich hielt mich an meinem Freund fest und drückte mich an ihn. Als er mich wieder auf dem Boden absetzte, schmiegte ich mich an seine Brust und er sah mir in die Augen. 

„Ich liebe dich, Clara!", hauchte er sanft und streichelte meine Wange. Mir war es egal, dass so ziemlich die ganze Schülerschaft alles mitbekam. Sie sollten schon wissen, dass ich eine wunderbaren Freund hatte. 

„Ich liebe dich auch, Diego!", antwortete ich und liebevoll senkte Diego seine Lippen auf die meine. Die Schülerinnen und Schüler standen jubelnd um uns herum und klatschten. Das war wohl einer der schönsten Tage meines Lebens!

Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt