76. Unkontrollierte Wut

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Die Wochen vergingen und Violetta wurde immer aufgeweckter. Selbst ihre Taufe war inzwischen eine Woche her. Als Paten hatten wir Ezequiel, Lara und Martina ausgewählt. Lara verbrachte nun jeden Tag mit ihrer Nichte und passte auf sie auf, wenn Diego und ich am Set waren. Zwar drehte ich immer noch nicht, aber Diego wollte mich nicht mehr aus den Augen lassen, also musste ich ihn zur Arbeit begleiten. Weil Lara einmal krank war, hatte ich Violetta mal ans Set gebracht. Alle waren total begeistert von unserer kleinen Maus gewesen. Angelo und Raoul saßen wirklich wieder hinter Gittern und würden auch nicht mehr rauskommen. Gerade saß ich mit Diego in der Kantine vom Set und trank einen Tee, als der Produzent Fernando Blanco zu uns kam.

 „Clara, könnten wir beide kurz reden? Alleine?", fragte er und warf einen Blick auf Diego. Misstrauisch musterte dieser unseren Arbeitgeber. Ich nahm kurz Diegos Hand und strich zärtlich darüber. Unser Verhältnis hatte sich während der Schwangerschaft komplett verändert. Ich vertraute ihm endlich voll und ganz. Ich hatte im Großen und Ganzen nicht mehr so viel Angst. Es war jetzt schon über 1½ Jahre her, dass Diego in mein Leben getreten war und ich bereute nicht eine Sekunde, die ich mit ihm verbracht hatte. Ich sah den Fernando an. „Ja, klar. Aber Diego kann es auch wissen...", antwortete ich ruhig. Doch er schüttelt den Kopf. „Mir wird schon klar sein, dass du anschließend mit ihm darüber reden wirst, aber ich möchte gerne das du deine Entscheidung fällst ohne das du von ihm beeinflusst wirst!", meinte er. 

Ich nickte verständnisvoll. „Gehen wir dann in mein Büro? Es wird echt nicht lange dauern!", sagte er entspannt und warf Diego einen beschwichtigen Blick zu. „Natürlich!", gab ich zurück, stand auf und folgte Fernando in sein Büro. „Setz dich doch, Clara." Dies tat ich natürlich. „Ich habe es dir damals schon einmal vorgeschlagen und ich möchte nicht, dass du das so schnell verwirfst!", fing Fernando Blanco an, doch ich unterbrach ihn seufzend. „Ich werde nicht nach Italien gehen! Ich bleibe hier bei meinem Freund und meiner Tochter!", sagte ich fest. „Denke bitte darüber nach, Clara! Es wäre ja nur für ein halbes Jahr und dann kannst du hier ja wieder drehen!", versuchte er mich zu überreden.

 „Okay, ich denke darüber nach, aber ich werde meine Einstellung wahrscheinlich nicht ändern! Ich werde wahrscheinlich hier bleiben!" Fernando sah mich an wie ein begossener Pudel. „Aber es wäre ein wunderbare Möglichkeit international bekannter zu werden!", versuchte er mich zu locken. Ich seufzte. „Mal sehen! Jetzt werde ich aber erst mit Diego darüber reden!", meinte ich, stand auf und verließ den Raum. Missmutig saß Diego noch immer in der Kantine und rührte in seiner Kaffeetasse. Ich setzte mich lächelnd wieder zu ihm. Sein Blick war eiskalt. „Was ist denn los, Diego?", fragte ich besorgt und wollte seine Hand nehmen, doch diese zog schnell weg. „Du willst also nach Italien?", sagte er kalt. Hatte er etwa gelauscht? 

Aber dann hätte er ja auch hören müssen wie ich gesagt habe, dass ich hierbleibe... „Hast du uns etwa belauscht?", fragte ich ihn ungläubig, doch er winkte ab. „Das ist doch scheiß egal! Du gehst nach Italien und zwar für ein halbes Jahr! Wann hattest du bitte vor mir das zu sagen?", fuhr er mich an. Wut lag in seinem Blick. Sollte ich jetzt Angst haben? Das konnte er vergessen! „So sehr vertraust du mir also? Ich glaube wohl ich spinne!", fauchte ich ihn an und stand wieder auf. Diego folgte mir, packte mich fest am Arm und drückte mich an die Wand. Nun durchlief mich doch die Angst. Was passierte hier gerade? 

„Du gehst nirgendwohin, haben wir uns verstanden?", schrie er mich an, so dass ich zusammenzuckte und scheu den Blick senkte. Er bemerkte es in seiner Wut gar nicht. Als ich ihm nicht antwortete schlug er mir auf die Wange. Sofort liefen mir die Tränen über die Wangen. „Lass mich los, Diego!", schrie ich und versuchte mich zu befreien. Doch er drückte mich zurück an die Wand. „Diego! Ich habe Angst! Lass mich los!", schluchzte ich los. Ich hatte keine Ahnung was passierte, aber sein Blick wurde sofort wieder weich und er starrte mich entsetzt an. „Oh Gott, Clari... Ich... Es tut mir so leid!", hauchte er fast lautlos. Sein Griff lockerte sich, doch er zog mich sofort in seine Arme. Ich kämpfte mich jedoch aus der Umarmung frei und rannte aus der Kantine. 

Ich musste hier weg! Als erstes lief ich zu Fernando. „Clara, was ist passiert? Hast du geweint?", fragte er mich entsetzt, als er mich sah. Ich brachte es fertig gleichzeitig zu nicken und den Kopf zu schütteln. „Darf ich meine Tochter mit nach Italien nehmen?", fragte ich leise. „Natürlich, darfst du, dass aber wa...", fing er an, doch ich unterbrach ihn sofort wieder. „Wann geht es dann nach Italien?", kam die nächste Frage. „In zwei Wochen. Clara, was ist denn...?", beantwortete er mir die Frage und wollte weiterreden, doch ich war noch nicht fertig. „Geht es auch gleich heute Abend? Ich muss hier weg!", sagte ich und wieder liefen mir Tränen über die Wangen. „Ähm also, wenn du das willst... Klar, gerne!", sagte Fernando und war sichtlich verwirrt. 

„Gut, schicke mir die Daten auf mein Handy und lass mir die Tickets zurücklegen. Ich gehe jetzt packen! Ciao, Fernando!", erwiderte ich und rannte vom Setgelände und ging nach Hause. Lara saß zuhause mit Violetta auf dem Boden und spielte mit ihr. „Clari? Was machst du denn schon hier?", fragte sie mich überrascht, als ich die Tür öffnete und das Haus betrat. Ich rannte die Treppe hoch, zog einen Koffer aus dem Schrank und packte eilig meine und Violettas Sachen zusammen. Hier würde ich nicht mehr bleiben! Mit Diego wollte ich nichts mehr zutun haben! Mein Handy piepte und ich öffnete die Nachricht. In zwei Stunden ging mein Flug. Ich flitzte mit meinem Koffer die Treppe wieder nach unten und zog Violetta ordentlich an. 

„Clara! Was hast du vor?", fragte Lara mich als sie den Koffer sah. „Ich gehe! Sieht man das nicht?", fragte ich zickig. „Ja, aber wohin?", kam die Gegenfrage. „Italien!", erwiderte ich knapp, nahm mein Kind auf den Arm und lief aus dem Haus. Lara folgte mir eilig. „Aber warum? Hat Diego irgendwas gemacht?", fragte sie weiter. „Erwähne diesen Namen nie wieder! Ich hoffe er wird glücklich! Aber ohne mich und Violetta!", fuhr ich sie an und packte Kind und Koffer ins Auto. „Ich werde dich schrecklich vermissen, Kleine! Aber ich muss gehen! Die Arbeit ruft!", seufzte ich und drückte ihr ein Kuss auf die Stirn. Danach setzte ich mich ins Auto und fuhr zum Flughafen. Ich werde nun alles hinter mir lassen! Ich fing ein neues Leben an, zusammen mit meiner kleinen Tochter Violetta!


Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt