85. Träume

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Als wir uns voneinander lösten, strahlten wir uns glücklich an. „Meine Verlobte... Ich kann es immer noch nicht glauben. Du willst mich wirklich heiraten?", fragte er mich zum wiederholten Male. Ich lachte. „Natürlich will ich das, sonst würde ich es dir ja nicht sagen!", sagte ich zart und sah ihm in die Augen. Vorsichtig strich er über meine Wange. „Eigentlich hatte ich das schon vor zwei Tagen vorgehabt, aber da war ja eine Kleinigkeit dazwischen gekommen...", murmelte er schuldbewusst. „Verzeih mir... Das wusste ich nicht!", antwortete ich leise.

 Nun fing er an zu lachen. „Natürlich wusstest du das nicht! Wäre ja auch keine Überraschung gewesen, wenn du es gewusst hättest!", erwiderte er sanft. „Aber lass uns in unser Zimmer gehen. Du bist bestimmt müde, oder?" Diego sah mich besorgt an und führte mich zum Bett. „Ein bisschen müde bin ich schon, aber...", fing ich an, doch Diego ließ mich nicht aussprechen. „Es gibt kein aber! Du legst dich jetzt hin und schläfst! Du hast gerade so einen Flugzeugabsturz überlebt, Prinzessin. Ich will nicht, dass du dich überanstrengst!", bestimmte er behutsam. Ich legte mich hin und ließ mich von Diego zu decken. Er selbst setzte sich neben das Bett und beobachtete mich. 

„Steh auf, Diego!", seufzte ich und wollte mich auf setzen, doch er hielt mich davon ab. „Bleib liegen, Prinzessin! Ich habe schon verstanden!", raunte er mir zu und legte sich neben mich. Ich drehte mich zu ihm und schmiegte mich an seine Brust. Sanft legte er seine Arme um mich und zog mich an sich. „Ich liebe dich, Diego!", hauchte ich und atmete seinen Geruch ein. Ich hatte ihn so sehr vermisst! „Ich liebe dich auch, Clara!", sagte er und küsste meine Stirn. An ihn gekuschelt schlief ich ein.

Ich saß im Krankenhausflur und sah nervös auf die Tür. Ich war alleine. Weder Madeleine noch Diego waren da. Ich zitterte am ganzen Körper und Tränen liefen mir über die Wangen. Plötzlich rannten Diego und Lara an mir vorbei. „Diego!", sagte ich und stand auf. Er blieb stehen und drehte sich zu mir um. „Meine Süße!", hauchte er und rannte auf mich zu. „Violetta, wo ist Clara?", fragte mich Lara. Was war das denn für eine Frage? Violetta war doch noch ein Baby! Ich bin Clara! Ein Arzt kam auf uns zu. „Sind Sie Diego Dominguez?", fragte er Diego. „Ja, das bin ich! Was ist mit meiner Frau? Kann ich zu ihr?", fragte er hektisch. Lara liefen die Tränen über die Wangen. 

„Ich muss Ihnen leider sagen, dass ihre Frau den Autounfall nicht überlebt hat. Sie ist ihren Verletzungen erlegen. Mein Beileid!", sagte der Arzt mitfühlend und verschwand dann wieder. Ich war tot? Das konnte nicht sein! Lara schluchzte verzweifelt los. Diego zog sie in seine Arme. Bäche aus salzigen Tränen liefen über meine Wangen. „Papa? Was ist passiert?", murmelte ich. „Deine Mutter hatte einen schweren Autounfall, meine Süße. Aber warum fragst du mich? Du warst doch selber dabei! Du bist doch gefahren...", sagte Diego leise. Violetta war an meinem Tod schuld? Niemals! Mir wurde schwarz vor Augen. Als ich wieder sehen konnte, stand ich an Violettas Kinderbett. Ihre braunen Haare lagen neben ihr. „Mama?", hauchte sie leise und sah mich verweint an. „Was ist denn, Süße?"; fragte ich sanft und setzte mich neben sie auf ihr Bett. 

„Warum liebt Papa dich nicht mehr?", schniefte Violetta leise. Mein Herz blieb einige Sekunden stehen. „Ich weiß es nicht, Vilumaus. Aber mache dir da keine Gedanken darüber! Es wird alles wieder gut!", hauchte ich und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Als ich aufstehen wollte hielt sie mich fest. „Mami... Ich will bei dir schlafen!", jammerte sie leise. Ich hob sie sanft aus ihrem Bett auf meinen Arm. Violetta drückte ihren Kopf an meine Schulter und schlang ihre Arme um meinen Hals. Als ich mit Vilu ins Schlafzimmer gehen wollte, hörte ich wie etwas im Erdgeschoss zu Boden fiel. Ich war alleine mit meiner Tochter. Diego war nicht da. „Mami, wer ist da?", flüsterte Vilu ängstlich. „Ich weiß es nicht, Süße...", gab ich leise zu. „Vielleicht ist es Papa!", sagte sie hellauf begeistert und sprang von meinem Arme. Sie rannte die Treppe runter. 

„Bleib hier!", zischte ich, doch sie reagierte nicht und lief in die Küche. Kurz darauf ertönte ein erschrockener Schrei. „Violetta!", rief ich aus und stürmte die Treppe runter in die Küche, wo Brutus mit einem Messer in der Hand stand und meine Tochter bedrohte. „Lass sie in Ruhe!", schrie ich ihn an. „Ach Clara. Eine wunderschöne Tochter hast du hier!", säuselte er gehässig. „Mami!", schluchzte Violetta auf. „Brutus! Lass meine Familie in Ruhe und verschwinde!", hörte ich Diego hinter mir sagen. Ich drehte mich um. Er stand einfach nur da, seine Muskeln waren angespannt und sein Blick lag kalt auf Brutus. „Diego, schön, dich wiederzusehen!", meinte Brutus und zog Violetta näher an sich. Diego kam auf mich zu und schob mich sanft hinter sich. 

„Lass meine Tochter gehen!", drohte er ihm. Brutus lachte nur und legte das Messer an Violettas Kehle. „Warum denn? Was willst du sonst tun?", provozierte er Diego. „Mama, Papa...", schluchzte Violetta. „Mach doch was, Diego!", wimmerte ich. „Kommt ein Schritt näher und eure wundervolle Tochter ist tot!" Diego hörte nicht auf Brutus' Drohung und ging auf ihn zu. Augenblicklich durchschnitt er Violettas Kehle und stieß sie zu Boden. Ich schrie auf und rannte panisch zu ihr. „Vilu! Violetta! Du darfst nicht sterben!", schluchzte ich hektisch und zog ihren schlaffen Körper an mich. Das Blut lief aus ihr heraus und tauchte meine Sachen in ein dunkles rot.

Kreischend wurde ich wach und sprang aus dem Bett. Noch immer hatte ich das Gefühl, dass Violettas warmes Blut über meine Arme lief. Diego war sofort wach und sah mich erschrocken an. „Was ist passiert, Prinzessin?", fragte mich Diego und stand auf. Langsam kam er auf mich zu. „Mach es weg!", schrie ich hysterisch und strich wild über meine Arme. „Ich will es nicht an mir tragen! Das darf nicht passiert sein!" Diego sah mich verwirrt an, reagierte aber schnell und nahm mich fest in den Arm. Ich schluchzte haltlos und sank in mich zusammen. Er setzte sich mit mir auf den Boden und zog mich ganz nah an sich. „Beruhige dich, Clara! Es war nur ein Traum!", hauchte er ruhig. 

„Er hat sie umgebracht... Er hat ihr eiskalt die Kehle durchgeschnitten!", schluchzte ich gegen seine Brust. Sanft strich er mir durch die Haare. „Wer hat wen umgebracht?", fragte er ruhig. „Brutus hat Violetta getötet!", heulte ich und spürte wie Diego erstarrte. „Das wird nie passieren, hörst du? Brutus wird nie an unsere Tochter rankommen!", versuchte er mich zu beruhigen. „Ich werde euch beide beschützen und verteidigen! Selbst wenn ich dafür sterben müsste!" Ich schluchzte weiter und drückte mich fest an ihn. Er war echt süß, aber ich merkte wie ihn mein Traum mitnahm. Schweigend saßen wir gemeinsam auf dem Boden und man hörte nur noch mein Schluchzen und unsere Atmung.


Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt