124. Felsenfest

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 Nach dem Essen fuhren wir zurück zur Schule. Ich bereitete alles in der Aula vor. Diego saß auf meinem Platz und beobachtete mich wie ich über die Bühne lief. Ich suchte die Mikrofone und schloss sie an den Verstärker an. „Diego, schalte mal bitte die Anlage an!", rief ich zu ihm nach hinten. „Welchen der tausend Knöpfe und Schaltern muss ich bedienen?", rief er zurück. Ich sah ihn ungläubig an. Das konnte er jetzt nicht ernst meinen!

 „Das war ein Scherz, Clari! Die Anlage ist an!", lachte er und schien sich prächtig über meinen Blick zu amüsieren. „Was hast du vor?" Ich grinste, sprang mit einem Mikrofon von der Bühne und ging zum Klavier. „Ich werde die Mikros einsingen", erklärte ich und steckte das Mikro in seine Halterung. In meinen Unterlagen suchte ich nach den Partituren und setzte mich mit den richtigen Noten hin. Vorsichtig strich ich über die Tasten des Klaviers und fing dann langsam an zu spielen. Meinen Text beherrschte ich perfekt. Ich hob meinen Blick und sah Diego kurz an, als ich anfing zu singen:

Du gehst voraus und ich folge dir
weil ich dir voll und ganz vertrau'
Egal wohin du drehst dich um
um nach zusehn'
ob ich noch weiter laufen kann
und wo ich bin


Mein Gesang schallte durch die ganze Aula. Interessiert beobachtete Diego mich und ein Lächeln umspielte leicht seine Lippen. Er sollte schon wissen, warum ich ihn in den letzten Tagen ein paar mal hab abblitzen lassen.


Und ich seh's in deinen Augen
wenn mein Lächeln darin spielt
und ich kann's noch gar nicht glauben, das du in meinem Leben bist


Auf einmal fiel hinter mir die Tür ins Schloss und die Schülerinnen schmissen ihre Taschen in eine Ecke. Sie rannten auf die Bühne und schnappten sie ebenfalls Mikros. Den Text hatten sie ja und stimmten gleich im Refrain mit ein.


Du und ich wir sind eins
wir halten felsenfest zusamm'
bis der letzte Stein zerfällt
Du und ich für immer eins
wir halten felsenfest zusamm'
auch wenn der letzte Stein zerfällt
Du und ich


Die Jungs betraten nun ebenfalls den Raum. Alex schnappte sich den Bass, während sich Nico und Christian sich Gitarren nahm und mit einstimmten.


Du bist mein Norden wenn ich mich verlier'
zeigst mir immer meinen Weg, den Weg zum Ziel
Du bist mein Tempel, in dem ich wohn'
Du erinnerst mich daran, das ich ich sein kann


Lächelnd sah Diego von seinem Platz aus zu uns und hörte uns zu. Sanquita übernahm das Klavier. Ich stand auf und ließ die Schülerinnen und Schüler singen. Lächelnd ging ich zu Diego.


Und ich seh's in deinen Augen
wenn mein Lächeln darin spielt
und ich kann's noch gar nicht glauben, das du in meinem Leben bist

Du und ich wir sind eins
wir halten felsenfest zusamm'

bis der letzte Stein zerfällt
Du und ich für immer eins
wir halten felsenfest zusamm'
auch wenn der letzte Stein zerfällt
Du und ich

Diego stand auf und kam auf mich zu. „Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe?", hauchte er und zog mich an sich. „Wir sind in der Schule, erinnerst du dich?", kicherte ich leise. „Das ist mir so egal, Prinzessin!", lächelte er und legte seine Lippen auf meine. Ich erwiderte kurz und löste mich dann von ihm. „So meine Lieben, das Lied beherrscht ihr ja schon sehr gut und diejenigen, die die Hauptrollen bekommen, die werden das Lied singen!", erzählte ich den Schülerinnen und Schülern. „Was spielen wir jetzt eigentlich?", fragte Kylie neugierig. 

Ich grinste frech. „Ihr werdet die Geschichte von mir und Diego spielen!", verkündete ich ruhig. Diego sah mich überrascht an und die Schülerinnen und Schüler fingen an zu jubeln. Sofort setzten die Gespräche der Schüler ein. „Hey! Jetzt herrscht Ruhe!", rief ich laut und die Schüler stellten die Gespräche ein. Neugierig wurde ich betrachtet.

 „Wir werden ein erneutes Casting machen und ich werde euch eure Rollen zu teilen. Lest euch den Text durch und sagt uns dann bitte welche Rolle ihr spielen möchtet. Dann bekommt ihr ein bestimmtes Lied, das ihr lernen müsst, ich gebe euch eine Choreographie vor und ihr müsst eine bestimmte Szene vorspielen. Dann wird entschieden welche Rolle ihr bekommt und bitte seid nicht all zu enttäuscht, wenn ihr nicht die Rolle bekommt die ihr haben wolltet.

 In diesem Beruf solltet ihr flexibel mit den Rollen umgehen. Sollte jemand mal krank sein, wird eure Zweitbesetzung einspringen. Ebenfalls brauche ich Assistenten die mir bei der Technik und dem Bühnenaufbau helfen", redete ich weiter und sah wie die Augen der Kinder begeistert aufleuchteten. Ich nahm die Texte und verteilte alle. 

„Aufmerksam durchlesen und euch die einzelnen Rollen durch den Kopf gehen lassen. Ab morgen dürft ihr euch beim Casting einschreiben." Wie die Raubtier stürzten sich die Kinder auf die Texte und fingen an zu lesen. Diego zog ich mit mir nach hinten zu der Technik. „Wir beide befassen und jetzt mit der Wartung der Bühnentechnik!", sagte ich grinsend. Er seufzte gelangweilt auf und folgte mir etwas widerwillig. Es herrschte schweigen, da alle in den Skripten vertieft waren.

 „Die Kinder hast du aber echt gut im Griff!", murmelte Diego und betrachtete die lesenden Jungen und Mädchen. „Ich kann halt gut mit ihnen. Ich mag sie alle sehr. Echt traurig, dass sie nach diesem Schuljahr auf andere Schulen versetzt werden", antwortete ich abwesend und legte ein paar Schalter um, die die Scheinwerfer vor der Bühne anwarfen. „Warum werden sie auf andere Schulen gehen?", fragte er mich neugierig. Seufzend legte ich alles zur Seite. „Die Kinder können hier nicht weiter aufsteigen. Diese Schule geht nur bis zur neunten Klasse und die Kinder müssen aber die dreizehnte absolvieren", erklärte ich meinem Freund.

 Er nickte leicht und widmete sich der Anlage. „Warum unsere Geschichte? Hast du wirklich alles aufgeschrieben?", flüsterte er nachdenklich. Ich sah ihn ernst an. „Ich habe zu lange geschwiegen, Diego! Ich will endlich das man häuslicher Gewalt mehr Aufmerksamkeit schenkt! Ich habe alles auf geschrieben. Angefangen wo Angelo mir die Bierflasche über den Kopf gezogen hatte und es endet mit unserem Wiedersehen im Schlafzimmer.

 Ich habe auch unsere Träume aufgeschrieben, die wir nach deinem Verschwinden geteilt haben." Beeindruckt sah er mich an. Ich denke, dass er mir das nie zugetraut hätte. Schweigend widmete ich mich wieder der Technik und Diego sah mir die ganze Zeit lang interessiert zu.



//Song "Felsenfest" von Wolkenfrei

Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt