50. Rettung für Clara

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Diego begleitete mich noch mit ins Hotel und es stellte sich heraus, dass er im selben Hotel wohnte wie ich. Nur das sein Zimmer im Erdgeschoss lag. Wir holten unsere Schlüssel an der Rezeption ab und gingen auf unsere Zimmer. Müde, aber glücklich ließ ich mich auf mein Bett fallen. Ich seufzte zufrieden, als mein Handy piepte. 20 Anrufe in Abwesenheit von Lara und 36 Anrufe in Abwesenheit von Ezequiel. 60 Nachrichten auf Whatsapp von Lara, 80 Nachrichten von Eze, 25 von Tini und eine von Diego. Ich überflog die Nachrichten von Tini, Lara und Eze und schrieb Ihnen zurück, dass sie sich keine Sorgen machen müssten, da ich ja eh bald zurückkommen würde und dass es mir gut ginge. Diegos Nachricht las ich dreimal und seufzte glücklich. Er bedankte sich in der Nachricht, dass ich ihm gefolgt bin und so mutig war. Er schrieb auch, dass er mich immer lieben würde und mich nie wieder alleinelassen würde. Bei dem letzten Satz musste ich lachen, schließlich war ich ja jetzt alleine. Kurz darauf klopfte es an meiner Zimmertür. Zögerlich stand ichauf und öffnete die Tür. „Ich sagte doch, dass ich dich nie wieder alleine lassen würde!" Diego stand mit seinen Koffern vor meiner Tür und lächelte mich sanft an. Ich lachte glücklich und ließ ihn das Zimmer betreten. „Ist das nicht wahnsinnig teuer das Zimmer?", fragte er mich und sah sich staunend um. Ich schüttelte den Kopf. „Nicht für mich! Was meinst du, weshalb Brutus von mir 20.000 Peso haben wollte!", antwortete ich.

Diego grinste frech. „Dir ist klar, dass du hier mit Euro bezahlen musst!", sagte er belustigt. Ich seufzte laut. „Ich weiß, ich gehe gleich morgen zur Bank und lasse mein Geld umtauschen. Wenn wir schon mal hier sind könnten wir es doch ausnutzen, oder nicht?", meinte ich und ließ mich wieder auf das Bett fallen. Diego stellte die Koffer ab und warf sich neben mich. „Auf jedenfall!", hauchte er und küsste mich sanft. Lächelnd erwiderte ich den Kuss und zog ihn etwas auf mich. Mit seiner Hand strich er sanft über meine Wange. Plötzlich ertönte ein lauter Schrei und Diego und ich fuhren auseinander. Etwas fiel zu Boden und zerbrach. Ein Kind weinte und rief um Hilfe. Ohne nach zu denken sprang ich auf und rannte auf den Flur, doch hier war niemand. Ich hörte das Kind immer noch weinen. Es war ein Mädchen. Ich rannte den Flur entlang und die Treppe nach oben. Im Treppenhaus lagen blutverklebte Glasscherben. Ich stürzte in den Flur. Ein kleines, mir sehr bekanntes, Mädchen stand mit einer blutenden Kopfwunde im Flur und weinte. „Oh mein Clara! Was ist passiert?", fragte ich entsetzt und zog sie in meine Arme. „Mama hat mir Vase auf dem Kopf geschlagen!", schluchzte die Kleine. „Wo ist deine Mutter?", fragte ich und spürte mein Herz wild schlagen. Clara zeigte auf eine Tür. „Da!", schluchzte sie. Ich hob sie hoch und ging zu der Tür und klopfte an. Tatsächlich öffnete Claras Mutter die Tür und mir schlug der Geruch von Wodka in gegen. Claras Mutter war total betrunken. „Was wollen Sie?", fuhr sie mich an.

„Wie können Sie so mit ihrer Tochter umgehen?", fragte ich wütend. Claras Mutter musterte uns abfällig. „Die kleine freche Göre sollte eigentlich tot sein!", murrte die Mutter und griff schwankend nach Clara, doch ich wich aus. „Geben Sie mir meine Tochter wieder!", schrie Claras Mutter betrunken. Ich drückte Clara an mich und hielt Abstand. „Das können Sie aber mal ganz geschmeidig vergessen!", gab ich zurück. Claras Mutter stürzte sich auf mich und versuchte mir das Kind vom Arm zu reißen. Clara krallte sich kreischend an mir fest und ich spürte, wie viel Angst sie vor ihrer Mutter hatte. „Es ist alles in Ordnung, Clara!", sagte ich ruhig und drückte sie fest an mich. Niemals würde ich sie dieser Mutter noch einmal in die Hände geben. Plötzlich wurde Claras Mutter von uns weggerissen. Diego stellte sich schützend von uns. „Lassen Sie meine Freundin in Ruhe!", sagte Diego wütend. Doch Claras Mutter reagiert nicht darauf, sondern griff Diego an. Mit geschickten Griffen hielt er sie fest. Plötzlich stürmten zwei Polizisten in den Flur und nahmen die Frau fest. Erleichtert lehnte ich mich mit meinem Rücken an die Wand, Clara immer noch fest an mich gedrückt. „Danke, Diego!", hauchte ich sanft. „Wir müssen jetzt erstmal ins Krankenhaus... Clara muss untersucht werden!", sagte ich und wollte schon wieder los laufen. „Moment! Wie heißt die kleine?", fragte Diego grinsend. Ich drehte mich lächelnd zu ihm um. „Clara. Also kommst du? Ich kenne mich hier nicht aus!", sagte ich und wartete auf Diego. Gemeinsam fuhren wirmit einem Taxi ins Krankenhaus. Meine Bluse war inzwischen blutgetränkt und ich merkte, wie Clara immer schwächer wurde. Sie durfte nicht sterben! Sanft drückte ich sie an mich. Diego beobachtete mich besorgt. „Hat die Frau dich verletzt?", fragte Diego mich zaghaft. Ich schüttelte den Kopf und schluchzte auf. Vorsichtig legte er seine Arme um mich und ich bettete meinen Kopf auf seiner Schulter.

Clara lag in meinen Armen und wurde immer weißer. Gott sei dank dauerte es nicht lange bis ins Krankenhaus. Diego bezahlte den Fahrer, nahm mir sanft das Mädchen aus den Armen und stieg aus. Ich folgte ihm zitternd. „Clari?", murmelte die Kleine und sah sich schwach nach mir um. „Ich bin hier, kleine Maus!", sagte ich und stellte mich so zu ihr, dass mich sehen konnte. „Kannst du meine Mama sein?", fragte sie leise. Ich tauschte mit Diego einen traurigen Blick. „Kleine Maus, so einfach ist das nicht...", gestand ich zögerlich. Clara liefen die Tränen über die Wangen. „Bitte! Sei meine Mama!", schluchzte sie schwach. Sanft strich ich ihr durch ihre inzwischen blutroten Haare. „Ich wäre gerne deine Mama", sagte ich sanft und sah Diego wieder an. Auch mir liefen Tränen über die Wangen. Natürlich war es nicht so einfach, ich konnte nicht so einfach Claras Mutter sein, auch wenn ich es mir wünschte. Schließlich musste das ja alles mit dem Jugendamt geklärt werden. Gemeinsam betraten wir das Krankenhaus und sofort wurde uns Clara abgenommen. Sie wurde in den OP gebracht. Ich wollte mit gehen, aber ich durfte nicht. Schließlich war ich nicht die Mutter und war in jeder Hinsicht nicht mit ihr verwandt. Schluchzend ließ ich mich auf einen Stuhl im Anmeldebereich sinken.

Diego hockte sich vor mich. „Hey, nicht traurig sein, Süße. Es wird schon alles gutgehen!", versicherte mir Diego und legte sanft seine Hände auf meine Beine. „Ich sagte, dass ich gerne ihre Mutter wäre und jetzt kann ich nicht mal bei ihr sein!", schluchzte ich traurig. Diego seufzte und setzte sich neben mich auf einen Stuhl und zog mich an sich. „Meine süße Clari... Du magst sie sehr richtig?", fragte Diego mich zärtlich und streichelte behutsam meinen Arm. „Ja, ich habe sie auf dem Flug hierher kennengelernt." Ich fühlte, wie er sanft mit meinen Haaren spielte. „Die Kleine ist echt niedlich. Genauso wie du und ihr habt außer eurem Namen noch etwas gemeinsam", flüsterte er leise. Ich sah ihn an. „Wir sind niedlich, mögen beide Angie, heißen beide Clara, was denn noch?", fragte ich verwirrt. Diego strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Ihr seid beide Opfer von häuslicher Gewalt gewesen...", murmelte er vorsichtig und zog mich sanft an sich. Ich nickte nur und schmiegte mich an ihn. „Sie ist mir sehr ans Herz gewachsen... Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie jetzt wahrscheinlich im Heim landen wird." Ich seufzte und schloss die Augen.

Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt