Avalon
Kapitel 11
Merlin hatte sich so weit in Avalon eingelebt, wenn man es so nennen kann. Lancelot und er teilten sich das kleine Haus. Sie waren schon immer Freunde gewesen, aber jetzt, da sie zusammen lebten, wurde ihre Freundschaft noch tiefer. Der ehemalige Ritter zeigte ihm alles von Avalon. Sie gingen tagelang durch das schöne Reich und Lancelot erklärte ihm alles. Von einem Hügel aus, zeigte er ihm die große Stadt der Feen. Sie war wunderschön, hohe Türme spiegelten sich in der Sonne, als wären sie aus Glas, die ganze Stadt sah aus, als wäre sie aus Glas. Lancelot erzählte ihm, das die Bewohner es nicht gerne sahen, wenn sie die Stadt besuchten. Aber, um Merlin eine Freude zu machen, da er oft so niedergeschlagen war, entschloss er sich, mit ihm in die Stadt zu gehen. Merlin kam aus dem Staunen nicht heraus. Es war ein buntes Treiben in den Straßen. Viele Feen schwirrten herum und gingen ihren Geschäften nach. Stände waren aufgebaut und es roch nach unbekannten Gewürzen. Alles konnte man kaufen....von Gewürzen bis zu wunderschönen Kleidern. Merlin wusste jetzt, wo Freya ihre schönen Kleider bekam. Etwas höher gelegen lag der Palast des Königs. Er sah aus, als wäre er aus Kristall, so wunderschön und majestätisch. Hier residierte der König der Feen. Lancelot erzählte ihm, das der neue König bei seinem Volk sehr beliebt war. Er hatte ihn noch nie gesehen, aber Freya hatte ihm von dem König erzählt. Merlin sah sich staunend um, vergaß für einen Moment seine Trauer und Lancelot lächelte, als er ihn ansah. Das hatte er beabsichtigt und freute sich, das Merlin mal wieder lächelte. Sie fielen auf, als sie durch die Straßen gingen. Die Feen beobachteten sie, ließen sie aber in Ruhe und wichen ihnen aus.
„Warum wollen sie keinen Kontakt?" fragte Merlin.
„Ich weiß es nicht. Sie sind sehr scheu und Menschen kennen sie nicht so."
Merlin nickte.
„Komm, lass uns zurückgehen. Wir haben schließlich ein Stück zu laufen."
„Nun....ein Pferd wäre ja nicht schlecht."
„Merlin, ich glaube....Pferde gibt es hier nicht."
„Das ist nicht gut!"
Lancelot lachte.
Sie verließen die Stadt und machten sich auf den Weg zurück zur Hütte.
Am Abend kam Freya vorbei. Sie saßen auf der kleinen Veranda und Merlin erzählte von den Abenteuer, die Arthur und er erlebt hatten. Lancelot fiel es auf, wie Merlins Augen strahlten, wenn er von Arthur erzählte. Er blühte regelrecht auf. Er fing an, darüber nachzudenken. Was verband die beiden? Wieso war Merlin so auf Arthur fixiert? Und wieso ist er für ihn in den Tod gegangen? Das musste er herausfinden. Merlin war so oft traurig und niedergeschlagen und er fragte sich seit einiger Zeit, warum das so war. Gut....sie waren tot und irgendwie in Avalon gefangen, aber er konnte sich Schlimmeres vorstellen, als hier zu sein. Wer einmal in der Geisterwelt war, wusste von was er sprach.
Schließlich verabschiedete sich Freya und Lancelot begleitete sie ein Stück des Weges. Merlin blieb noch auf der Veranda sitzen. Es war warm. Eigentlich war es immer warm. Hier in Avalon gab es keinen Winter. Das Reich blühte immer. Ein ewiger Sommer!
Aber obwohl Avalon das reine Paradies war, sehnte sich Merlin nach der Welt außerhalb von hier, so grausam und blutrünstig sie auch war. Er sehnte sich, seine Freunde wiederzusehen, aber vor allem nach Arthur. Die Sehnsucht nach ihm, würde ihn auf Dauer umbringen, wenn er nicht schon tot wäre. Wie es ihm wohl gehen würde? War er glücklich? Dachte er noch an ihn oder hatte Arthur ihn vergessen? Fragen auf die er keine Antwort bekam.
Er saß immer noch vor der Hütte, als Lancelot zurückkam.
„Du bist so nachdenklich. Über was denkst du nach?"
Merlin sah ihn an.
„Über Arthur. Ich frage mich, wie es ihm wohl geht?"
Lancelot sah ihn einen Augenblick an, dann setzte er sich neben Merlin.
„Sag mir Merlin....was ist das zwischen Arthur und dir? Du bist schon fast ein Jahr hier, aber immer noch spricht du von ihm. Ich hatte euch am Anfang auch alle vermisst, aber mit der Zeit verging das. Aber du....du redest immer noch von ihm und das ziemlich oft."
„Tu ich das? Ist mir gar nicht aufgefallen."
Lancelot grinste.
„O Ja!"
Merlin grinste zurück.
„Tut mir leid!"
Es war einen Moment still.
„Du....du liebst ihn, richtig?" fragte Lancelot plötzlich.
Er hatte darüber nachgedacht, deshalb entschied er sich, Merlin direkt darauf anzusprechen.
Merlin antwortete nicht direkt, sah über das Land, aber dann wandte er sich seinem Freund zu
„Ja....aber wir konnten nicht zusammen sein."
„Liebte er dich auch?"
„Ich....ich weiß es nicht, er hat nie so etwas zu mir gesagt. Er sagte nur, das es nicht möglich war, wegen Gwen. Er wollte sie nicht verletzen."
Lancelot konnte sich gut an die schöne Frau erinnern. Er hatte sie geliebt, aber sie hatte sich Arthur zugewandt. Und letztendlich hatte Arthur sie geheiratet.
„Deshalb bist du für ihn in den Tod gegangen."
„Ich konnte nicht anders und ich würde es wieder tun!"
Lancelot schüttelte den Kopf, aber dann sah er Merlin an und lächelte
„Merlin, du bist etwas Besonderes und ich bin stolz, dein Freund zu sein."
Der Zauberer lächelte
„Danke! Ich bin auch froh, das du mein Freund bist. War ich immer!"
Nach einer Weile fragte Merlin
„Kann ich dich etwas fragen?"
„Natürlich!"
„Gehst du morgen mit mir zu dem See? Du weißt, es ist jetzt ein Jahr her. Ich möchte durch den Nebel sehen."
„Merlin, du wirst enttäuscht sein. Da ist nichts zu sehen, nur das andere Ufer."
Merlin sah ihn fast flehend an.
Lancelot nahm tief Luft
„Also gut, wenn du das unbedingt möchtest, gehe ich mit dir an den See."
„Danke, Lancelot!"
Der ehemalige Ritter nickte.
Arthur stand am Seeufer und schaute über den See. Dicke Nebelschwaden zogen über die Oberfläche des Wassers. Es war still. Der See war glatt und dunkel. Es war fast unheimlich. Arthur konnte das andere Seeufer nur erahnen.
Die Ritter waren im Lager geblieben. Sie wollten ihren König Zeit für sich allein geben.
Arthur nahm tief Luft. Er suchte mit seinen Augen den See ab. Irgendwo hier, war das Tor zu Avalon. Gaius hatte es ihm erzählt. Er hatte ihm alles erzählt, was er über diesen Ort wusste. Die Geschichten über Avalon beruhten sich auf Spekulationen und Hörensagen. Niemand, der noch lebte, war jemals dort, soweit Gaius wusste.
Denn kein lebender Mensch durfte Avalon betreten. Es war die Heimat der Feen und vor äußerlichen Einflüsse der Welt mit starker Magie geschützt. Er war Merlin so nah und doch so fern....unerreichbar für ihn.
Er seufzte, als er leise fragte
„Merlin....bist du hier?"
Lancelot und Merlin standen am Ufer des Sees. Sie waren früh aufgebrochen, denn Merlin konnte nicht warten. Etwas zog ihn mit aller Macht zum See. Lancelot konnte seine Aufregung nicht verstehen, hatte aber nichts gesagt und begleitete ihn, wie er es versprochen hatte.
Der dicke Nebel verhinderte, das man über den See sehen konnte.
„Was passiert jetzt, Lancelot?"
„Der Nebel wird sich lichten und du kannst auf die andere Seite sehen."
„Kannst du das auch?"
„Ja!"
Merlin sah angestrengt in den Nebel. Er hatte das Gefühl, als würde der Nebel langsam durchsichtiger werden. Ja, sie lösten sich sichtbar in der Mitte auf und bildeten wie eine Art Durchgang zwischen den Ufern. Aber rechts und links davon war der Nebel immer noch undurchdringlich.
Merlin spannte sich an, als er das andere Ufer sehen konnte und er sah noch etwas.
Jemand stand dort.
Der Zauberer sah genauer hin.
Nein, das konnte nicht sein! Er halluzinierte!
Er griff nach Lancelots Arm, ohne den Blick von der Person abzuwenden, die am anderen Ufer stand, als er atemlos fragte
„Lancelot! Kannst du sehen, was ich sehe?"
Er wollte wissen, ob es wahr war, denn er glaubte immer noch, das er sich das einbildete.
Lancelot kniff die Augen zusammen und schaute genauer hin. Dann weiteten sich seine Augen.
„Du lieber Gott, das ist....ist Arthur!"
„Arthur!" sagte Merlin leise. Es war keine Halluzination. Er war wirklich da!
„Arthur!
Merlin rief laut in den Nebel.
„Er kann dich nicht hören, Merlin."
„Arthur!!!"
Merlin machte einen Schritt nach vorne. Lancelot griff blitzschnell nach seinem Arm.
„Merlin....nicht! Du kannst nicht zu ihm!"
Der Zauberer sah ihn an und Lancelot erschrak über den Schmerz und die Verzweiflung, die er in seinen Augen sah.
„Aber er ist nach Avalon gekommen."
„Ja, heute vor einem Jahr bist du gestorben. Er ist gekommen, um dir zu gedenken."
Merlin sagte nichts, er sah sehnsüchtig Arthur an. Alles zog ihn zu dem anderen Ufer, aber er konnte nicht....er konnte nicht! Verzweiflung bemächtigte sich seines Körpers.
Arthur schaute angestrengt über den See. Er hatte das Gefühl, das Merlin hier war. Ja, er fühlte, das er ihm nah war. War das möglich? Oder bildete er sich das ein? Er blickte suchend über den See, seine Sinne aufs Äußerste angespannt, aber er konnte nichts sehen. Er atmete frustriert aus, dann nahm er etwas aus seiner Tasche. Es war eine rote Rose. Er sah wieder über das Gewässer, dann küsste er zart die Rose und warf sie in den See.
„Ich liebe dich, Merlin!"
Arthur machte zwei Schritte Richtung See und schaute mit zusammengekniffenen Augen wieder suchend über den See von Avalon. Er sah absolut nichts, aber dieses Gefühl......dieses Gefühl....es war da! Er bildete sich das nicht ein.
Wieder fragte er leise
„Merlin....bist du hier?"
Er bekam keine Antwort.
Dann, nach einiger Zeit drehte er sich um und ging langsam zurück zum Lager.
„Nein....Arthur!" schrie Merlin, obwohl er wusste, das er ihn nicht hören konnte.
„Arthur!!!"
Der Nebel wurde wieder dichter und bald war nichts mehr zu sehen. Merlin stand unbeweglich am Ufer und starrte in den Nebel, bis Lancelot seinen Arm nahm und leise sagte
„Komm, es ist vorbei. Lass uns zurückgehen."
Aber Merlin bewegte sich nicht und als Lancelot ihn ansah, bemerkte er, das er weinte.
Merlin sah seinem Freund an und Tränen liefen ihm über die Wangen.
„Lancelot...." sagte er erstickt und Lancelot tat es weh, den Schmerz in seiner Stimme zu hören.
Er nahm ihn in den Arm, streichelte ihm beruhigend über den Rücken. So standen sie einen Moment, bevor er Merlin langsam zurückführte.
Der junge Zauberer hatte seinen Kopf auf seine Schulter gelegt und weinte leise, den ganzen Weg zurück.
Lancelot sagte nichts, aber.....er hielt ihn fest.
Arthur kam zurück ins Lager. Seine Stimmung war alles andere als gut. Er setzte sich wortlos an das ausgegangene Feuer und starrte in die Asche. Die Ritter sahen sich an, sagten aber nichts. Gaius setzte sich neben ihn.
„Ich hätte nicht hierher kommen sollen." sagte er ohne den Blick von der Feuerstelle zu nehmen „Es hat alles nur schlimmer gemacht."
„Arthur...."
„Nein, Gaius, wisst ihr, was mich nicht zur Ruhe kommen lässt. Ich konnte ihm nie sagen, das ich ihn liebte. Ich hatte ihn stattdessen abgewiesen."
„Er wusste es, ganz bestimmt."
Arthur schüttelte den Kopf. Tränen schimmerten in seinen blauen Augen, als er zu Gaius sah.
„Das glaube ich nicht. Und als ich es ihm sagen wollte.....war es zu spät....zu spät. Ich werde mir das niemals verzeihen."
Leon kam zu ihnen
„Reiten wir zurück, Sire?"
Arthur nickte, fuhr sich mit seinen Händen über sein Gesicht und stand auf.
„Ja...wenn alle hier fertig sind, reiten wir zurück."
Zurück in sein einsames, trauriges Leben, das ihn mit Selbstvorwürfen quälte. Er war zwar nicht allein, er hatte Gwen, die ihm treu zur Seite stand, er hatte seine Freunde, die ihn nie im Stich ließen, er hatte sein Volk, das ihn liebte und verehrte, aber....in seinem Herz war er einsam.
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Avalon
FanfictionMerlin rettet Arthur in Camlann sein Leben. Aber zu welchem Preis? Und wird Arthur damit klar kommen? Ist Liebe stärker als alles andere? Und werden die beiden ihr Glück finden? Pairing Arthur/Merlin