Avalon Kapitel 74

63 6 2
                                    

Avalon



Kapitel 74




Merlin schloss seine Augen, versuchte seinen Kopf von allen Gedanken zu befreien und öffnete seinen Geist.
Im ersten Moment, nachdem Angolus den Spruch gesagt hatte, passierte nichts. Doch dann, nach einer Ewigkeit, wie es ihm vorkam, spürte er die Feenmagie, wie sie über seinen Verstand strich und eindrang. Im nächsten Moment wurde er mit Bildern und Emotionen überschwemmt. Er sah Shaylons Leben, das in kleinen Episoden sich in seinem Kopf abspielte. Er sah ihn als Kind, als er auf dem Arm seiner Mutter war. Sie war sehr schön, hatte langes, schwarzes Haar, das Shaylon von ihr geerbt hatte, sowie schöne intensive, grüne Augen. Auch das hatte er wahrscheinlich von seiner Mutter. Er sah, wie Shaylons Vater sie schlug und schlecht behandelte und er sah, das sie sich das Leben nahm, nachdem sie ihren kleinen Sohn noch einmal küsste. Merlin keuchte leise auf. Dann sah er, wie Shaylons Vater ihn schlug. Er konnte die Schmerzen, die er als Kind ertrug, fühlen....Schmerzen und Erniedrigung, während seiner gesamten Kindheit. Merlin konnte den Hass spüren, den Shaylon seinem Vater entgegen geschleudert hatte. Dann machte das Ganze einen Sprung und er sah ihn bei der Krönung als Feenkönig und Merlin fühlte die Schuld und den Wunsch des Königs, dem Volk alles zu vergelten, was sein Vater Avalon angetan hatte. Von gewalttätigen Emotionen wechselte es jetzt zu Gerechtigkeit, Sanftmut, Liebe zu seinem Volk und die Abscheu zur Gewalt. Merlin konnte die Zuneigung zu Linume spüren, als er sie das erste Mal traf und später die tiefe Liebe, als sie heirateten.
Wieder wechselten die Bilder. Er sah sie in der Hochzeitsnacht, als sie sich liebten, die Magie, die beide einhüllte, aber dominiert von Shaylons. Er spürte die starken Gefühle, die sie hatten, bis zu ihrer Erlösung. Merlin berührte das unangenehm, Shaylon in diesem sehr privaten Leben zu sehen und zu fühlen, aber er konnte es nicht verhindern.
Dann sah er Arthur, der den König umarmte.
Merlin konnte die tiefe Freundschaft zu Arthur spüren und eine Freundschaft zu ihm, nur nicht ganz so intensiv....und auch seinen Stolz auf das friedliche Avalon und zu seinem Volk, das zufrieden lebte, den Stolz, so gute Freunde zu haben.
Dann kam die Verzweiflung, die ihn überschwemmte, als Avalon angegriffen wurde, den tiefen Schmerz und das Bedauern, das viele Feensoldaten gefallen waren. Merlin keuchte auf, anhand den verschiedenen Emotionen, die ihn beherrschten. Er hatte Shaylons Leben gesehen, seine Geheimnisse und das er eine gewalttätige Jugend hatte mit Trauer und Schmerz, Angst und Verzweiflung. Der Zauberer konnte ihn nur bewundern, das er trotz seiner schlimmen Jugend und Demütigung, ein liebevoller, sanfter, gerechter König wurde, der Gewalt verabscheute. Er empfand tiefen Respekt für den schwarzhaarigen Mann ihm gegenüber, der in den vielen Jahren sein Freund geworden ist.

Shaylon erlebte das Gleiche, wie Merlin auch. Er sah die liebevolle Zuneigung von Merlins Mutter zu ihrem Sohn, den sie umsorgte und liebte, sah, wie er mit Kinder in seinem Dorf spielte, bis seine Magie so stark wurde, das seine Mutter ihn aus Angst, er könnte etwas Schlimmes tun, isolierte. Er fühlte seine Aufregung und Neugier, als er auf dem Weg nach Camelot war. Seine Unstimmigkeiten mit dem jungen Prinz und die negativen Gefühle, die Merlin ihm damals entgegenbrachte, sah den Kampf, den sie hatten und das Merlin Magie anwendete, um ihn zu besiegen. Er lächelte, als er sah, das Arthur ihn trotz, das er verloren hatte, gehen ließ.
Er sah, das der Zauberer Freya küsste, fühlte die Zuneigung, das er für das Mädchen hatte und den Wunsch, mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Das überraschte Shaylon sehr, denn er hätte nie gedacht, das Merlin schon einmal verliebt war....in ein Mädchen. Und er sah, wie sie in seinen Armen starb und Merlin um sie weinte.
Weiter wechselten die Bilder und er erblickte einen Drachen, der mit Merlin sprach. Freundschaftliche Gefühle für dieses Geschöpf überkamen ihn und Loyalität gegenüber dem Drachen. Merlin hatte also schon einmal einen Drachen als Freund. Das erstaunte den König, da er nie von ihm gesprochen hatte.
Auch hier machte das Geschehen einen Sprung und er sah den Zauberer, als er mit Sorge dem Krieg mit Morgana entgegen sah. Er fühlte jetzt die tiefe Liebe zu Arthur und seine Opferbereitschaft, um diesen Mann zu schützen. Er spürte fast körperlich den Schmerz, als die Klinge von diesem Feind in ihn drang, indem er sich vor Arthur stellte....und auch die Erleichterung, das der Mann, den er liebte....gerettet hatte.
Wieder wechselte das Bild und er spürte jetzt den tiefen Kummer und die schier unendliche Sehnsucht nach dem blonden, schönen Mann, als er in Avalon war.
Auch die Freude und tiefe Liebe und das Glück, das der Zauberer empfand, als Arthur endlich bei ihm war. Er sah den kleinen See, an dem sie sich liebten, sah es, als würde er daneben stehen und spürte die starken Emotionen, die sie bei ihrer körperlichen Liebe empfanden. Unfreiwillig stöhnte er auf, anhand der wuchtigen Gefühlen, die ihn jetzt beherrschten, aber auch er war unangenehm berührt, die beiden in so intimer Situation zu sehen.
Dann wechselten die Gefühle, zeigten ihm uneingeschränkte Loyalität zu Avalon und seinem König, die Freude und das Glück, das er empfand, hier zu leben, aber auch Bedauern und Trauer, das er seine Magie aufgeben musste.
Wieder wechselten die Bilder.
Shaylon sah den Zauberer, als er Tegan in die Welt brachte, fühlte den Stolz des Drachenmeisters und die Bereitschaft, dem Drachen ein Freund zu sein und kein Meister. Er spürte die tiefe Verbundenheit mit Tegan und die Entscheidung, nicht über den Drachen herrschen zu wollen, sondern ihm seine Freiheit zu lassen.
Wieder wechselten die Emotionen.
Die Trauer und Angst um Avalon und Arthur durchflossen ihn, die Hilflosigkeit, nicht helfen zu können. Auch seine tiefe Besorgnis, als Arthur zu dem Feind aufgebrochen war und die schrecklichen Emotionen, als er von Arthurs Tod erfuhr. Shaylon fühlte sich furchtbar, als er spürte, wie Merlin innerlich aufgab und den Tod begrüßte, da Arthur für tot gehalten hatte. Sie waren so stark, das dem König Tränen über die Wangen liefen, als er den tiefen Verlust spürte und seine schier unmögliche Verzweiflung und den großen Schmerz, als er ihn für verloren glaubte.
Und zu guter Letzt, seine verzweifelte Hoffnung, den Mann, den er liebte, Avalon und seine Freunde zu retten....seine Opferbereitschaft, alles dafür zu tun, was nötig war.
Shaylon stöhnte auf, anhand den vielen wechselten Emotionen, die ihn durchliefen und ihn abwechselnd traurig und glücklich machten.
Plötzlich war alles vorbei, keine Bilder und Gefühle mehr. Jeder war wieder für sich und beide atmeten einmal tief durch.
Sie behielten immer noch die Augen geschlossen, aber die Ältesten und Taleron, die in den Gemächern seitlich still standen und alles beobachteten, nahmen überrascht Luft, als sie sahen, was dann passierte.
Es war totenstill im Raum, nur das leise Keuchen der Anwesenden waren zu hören.





Ein Leuchten ging von Shaylon aus, in den Farben der Feenmagie, blau, rot, grün und golden, Farben, die ineinander liefen und wunderschön aussahen, aber nicht so hell strahlten, wie die Feen es gewohnt waren. Sie pulsierten schwach, den die Magie war fast verbraucht. Inzwischen war Shaylon ganz eingehüllt von der pulsierenden Magie, die sich jetzt ausweitete und Merlin zart berührte.
Merlin spürte die Feenmagie, spürte, wie sie nach seiner Magie griff....sie rief. Er fühlte seine Magie an die Oberfläche kommen, aber diesmal drängte er sie nicht zurück, ließ sie sich ungehindert entfalten. Zum ersten Mal, seit er sich überhaupt bewusst war, das er Magie hatte, fühlte er ihre uneingeschränkte Macht, das er nie vermutet hatte, obwohl ihm Gaius immer sagte, das er nicht erahnen könnte, zu was er fähig ist. In all den vielen Jahrhunderten hatte sich seine Magie weiter entwickelt, konnte wachsen....im Verborgenen und war jetzt zu ihrem vollen Potenzial herangereift und er keuchte auf, als er ihre Macht erkannte. Sein Vater kam ihm in den Sinn, der ihm gesagt hatte, das er die Magie selbst war. Nie hätte er sich träumen lassen, welche Macht er wirklich hatte, denn jetzt erkannte er es. All die vielen Jahre, die er Arthur mit seiner Magie geschützt hatte....war nur die Spitze des Eisberges, zu was er imstande war.
Merlin begann auch zu leuchten, ein reines Weiß, hell und pulsierend....es hüllte ihn komplett ein und alle in den Gemächern mussten einen Moment die Augen schließen, anhand der Helligkeit, die in dem Raum herrschte. Ein leises Raunen ging durch die Ältesten, als sie das sahen.
Und dann wurden sie Zeuge von etwas, was sie nie gedacht hatten, einmal zu sehen.
Die Feenmagie vermischte sich mit Merlins Magie....floss in das helle Weiß der Magie....durchflutete sie. Es war ein einmaliges Erlebnis, zu sehen, wie das strahlende Weiß von bunten Farben durchzogen wurde. Sie leuchteten in dem hellen Licht, fingen an stärker und strahlender zu pulsieren, als die Feenmagie sich neue Kraft von Merlins Magie holte.
Shaylon keuchte auf und beide öffneten, als hätten sie es abgesprochen, gleichzeitig die Augen. Merlins Augen strahlten in intensiven Gold, während Shaylons Augen grün aufleuchteten, in einem neuen Glanz und auch Stärke.
Immer noch hielten sie sich an den Händen, inzwischen beide eingehüllt von der vermischten Magie, die jetzt so hell strahlte und Shaylon zusammenzucken ließ, als er die allumfassende Macht von Merlins Magie spürte.
„Ich....ich....hatte keine Ahnung....was du wirklich bist! Du bist kein Zauberer....du bist die Magie selbst!" keuchte der König fassungslos und absolut überrascht. Wieder ging ein Raunen durch die Anwesenden im Raum. Alle sahen ehrfürchtig zu Merlin, der jetzt aufstand, um das Ritual zu beenden. Er sagte die magischen Worte, die ihm der Älteste vorher gesagt hatte. Die Worte hörten sich seltsam an und hatten etwas Endgültiges. Damit besiegelte er die Verbindung der Magie, die beide so unterschiedlich waren.
Shaylon stand auf und machte es ihm nach. Die Magie verband sich endgültig! Alle im Raum stöhnten auf, als Merlin in strahlendem Licht stand....weiß....um ihn herum ein bunter Kranz in pulsierenden Farben der Feenmagie. Shaylon stand neben ihm....um ihn herum die bunte Feenmagie, die einen weißen Kranz hatte. Sie standen da, die Beine etwas auseinander....die Hände von sich gestreckt, ihre Haare zerzaust, als würden sie im Wind stehen....durch die Macht der vereinigte Magie....ihre Augen strahlend golden und smaragdgrün.
Dann passierte etwas Außergewöhnliches....alle Ältesten knieten sich hin, die Köpfe gesenkt in Respekt und Hochachtung vor Merlins Macht, auch Taleron. Magie war für die Feen etwas Reines....Heiliges und Merlin war die personifizierte Magie.
Mehrere Dinge geschahen gleichzeitig.
Arthur, der immer noch bewusstlos war, öffnete ruckartig seine Augen....seine Wunde heilte mit rasender und zusehender Geschwindigkeit. Ein Gefühl der Stärke durchflutete ihn. Er setzte sich ruckartig auf, riss den Verband unter seiner Tunika ab und sah ungläubig auf seine Wunde. Sie war verschwunden....und nichts, nicht einmal eine Narbe war zu sehen. Er sprang auf und rannte aus den Gemächer, mit dem Ziel zu den königlichen Räumen.
Der Schutzschirm strahlte auf....hell und leuchtend, absorbierte einfach die angreifende Magie, ohne das ein Laut zu hören war.
Die drei Zauberer vor der Stadt krümmten sich, als hätten sie Schmerzen, als die Magie sie angriff. Sie mussten all ihre Macht aufbringen, um dem standzuhalten und sie konnten keine Magie mehr dem Schirm entgegenwerfen.
Arthur erreichte die Gemächer und stürmte hinein, nur um an der offenen Tür stehen zu bleiben, als wäre er gegen eine Wand gerannt.
„Oh....mein....Gott!" keuchte er, als er das Bild, was sich ihm bot, realisierte. Merlin stand in der Mitte des Raumes und leuchtete überirdisch, während alle Anwesenden im Raum vor ihm knieten, Shaylon stand neben ihm.
Der Zauberer realisierte das gar nicht, er war damit beschäftigt, die Magie zu beherrschen....sie zu kanalisieren....sie anzuwenden, wo sie im Moment gebraucht wurde. Arthur stand immer noch in der Tür, als das Leuchten langsam verblasste und letztendlich ganz verschwunden war. Merlin sah sich im Raum um und jetzt erst bemerkte er, das alle vor ihm knieten.
„Nein....nein....nein....tut das nicht! Bitte steht auf....ich möchte das nicht! Bitte....das dürft ihr nicht tun!" rief er verlegen. Dann sah er Arthur, der ihn immer noch anstarrte, als wäre er ein Gespenst.
„Arthur!" rief er und rannte auf ihn zu, fiel ihm in die Arme und küsste ihn auf die Augen....die Nase....die Wangen, den Mund. Als er endlich von ihm abließ, tastete er ihn ab, hob seine Tunika, um nach der Wunde zu sehen.
„Bist du in Ordnung? Fühlst du dich gut? Arthur?"
Er nickte und lächelte ihn an
„Ich bin jetzt wieder in Ordnung....was ich wohl dir zu verdanken habe! Was zum Teufel ist denn hier passiert?"
Er sah alle im Raum an, die inzwischen aufgestanden waren, aber Merlin immer noch ehrfürchtig ansahen.
Shaylon kam auf ihn zu, umarmte seinen Freund, sichtlich erleichtert, das er noch lebte. Dann sah er zu Merlin und wieder zu Arthur, als er sagte
„Unsere Magie hat sich vereinigt! Wir sind stärker, als jemals zuvor!"
„Was....wie....wann....wieso....welche Magie?" sagte Arthur mit einem verwirrten Gesicht. Shaylon und Merlin fingen an zu lachen. Das war typisch Arthur....er verstand mal wieder gar nichts!

AvalonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt