Avalon Kapitel 4

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Avalon



Kapitel 4




Merlin tauchte eine Sekunde später zwischen Arthur und Mordred auf, als dieser den König mit seinem Schwert durchbohren wollte. Aber anstatt Arthur zu treffen, durchbohrte seine Klinge Merlin. Der Zauberer fühlte, wie der kalte Stahl in seinen Körper eindrang. Der Schmerz war unbeschreiblich. Als ob die Zeit stehen blieb, registrierte Merlin alles. Der furchtbare Schmerz....das überraschte Gesicht von Mordred....Arthur in seinem Rücken, der keuchend ausatmete....die Klinge, die sein Innerstes zerfetzte, als Mordred sie wieder herauszog und....und das Schwächegefühl, das ihn einen Moment später überkam. Er fühlte nur Schmerz, als er zwischen Mordred und Arthur zusammensackte und zur Seite fiel. Er atmete heftig ein und aus. Wie durch ein Schleier sah er, wie Arthur sein Schwert hob und Mordred angriff, bevor sie kämpften. Er musste hier weg. Er musste schnell zu Gaius, bevor er keine Chance mehr hatte....bevor seine Magie versagte.
Noch einmal mobilisierte er all seine Kräfte....seine Magie, sah noch, wie Mordred tödlich verwundet zusammenbrach, als er murmelnd die Augen schloss und einen Moment später von dem Schlachtfeld verschwunden war.
Gaius ging durch den Wald, die Augen suchend zu Boden gerichtet. Er musste noch einige Kräuter sammeln, die ausgegangen waren. Es waren so viele Verletzte und er brauchte noch mehr Kräuter. Normalerweise würde das Merlin machen, aber da er nicht hier war, musste Gaius es selbst tun. Er war der Einzige, der sich damit auskannte, außer Merlin natürlich. Also war er in dem kleinen Wäldchen unterwegs, das nicht weit von dem Feldlager von Arthur entfernt lag.
Er zuckte zusammen, als plötzlich ein alter Mann in einer roten Robe mit langem, weißem Haar vor ihm auf dem Boden auftauchte.
„Merlin!" rief er atemlos.
Merlin hob langsam flehend seine Hand.
„Hilf mir!"
Gaius stürzte auf ihn zu und als er sich zu ihm hinunterbeugte, lag nicht mehr der alte Mann auf dem Boden, sondern Merlin. Seine Kräfte waren so geschwächt, das seine Magie die Verwandlung nicht mehr aufrecht erhalten konnte. Und so hatte sich Dragon wieder in Merlin verwandelt.
„Himmel....was ist passiert?" fragte er Merlin, als er nach der Wunde sah. Merlins hellblaue Tunika war mit Blut getränkt und der Zauberer hielt seine Hand auf die Wunde, durch die immer noch Blut sickerte.
Merlin versuchte tief zu atmen. Das Sprechen fiel ihm schwer und er bemerkte die Schwärze, die unaufhaltsam näher kam.
Er sah mit seinen blauen Augen, die jetzt einen trüben Schimmer hatten zu Gaius, als er flüsterte
„Arthur....Arthur lebt! Ich....ich habe ihn gerettet!"
Dann hüllte ihn die Schwärze ein.
Gaius legte seine Finger an Merlins Hals, als er überprüfte, ob sein Herz noch schlug. Er atmete erleichtert auf, als er das stetige, aber schwache Klopfen seines Herzschlages fühlte. Er musste zurück, um Arznei und Verbände zu holen. Er warf noch einen Blick auf Merlin, als er sich aufrichtete und eilig zum Lager zurückging.


Arthur sah, wie Mordred von seinem Schwert tödlich getroffen zusammenbrach. Er schaute ihn schwer atmend noch einmal an, bevor er sich herumdrehte, um die Person zu suchen, die plötzlich aus dem Nichts erschienen war. Aber alles, was er sah, war ein leerer Platz, wo zuvor der alte Mann auf dem Boden gelegen hatte, der....der ihm das Leben gerettet hatte. Arthur hatte ihn erkannt....es war der Zauberer, der zuvor auf dem Hügel gestanden und diese Blitze geschleudert hatte. Ein Zauberer? Arthur starrte verwirrt auf die leere Stelle. Wieso sollte ausgerechnet ein Zauberer sein Leben retten? Wusste er denn nicht, wer er war? Er war der König von Camelot und Zauberei hatte er bei Todesstrafe verboten. Viele Zauberer waren im Laufe der Jahre in Camelot hingerichtet worden, überwiegend unter der Herrschaft seines Vaters. Aber er war auch nicht unschuldig an dem Tod der vielen Menschen, die Magie ausübten. Er hatte seinen Vater unterstützt und sein Hass auf Magie toleriert. Aber auch er selbst, als König, hatte schon Todesurteile, was die Zauberer anging, ausführen lassen. Also....wieso zum Teufel hatte ihn ein Zauberer gerettet? Er stand immer noch an der gleichen Stelle und starrte vor sich hin, als Leon angerannt kam.
„Sire....die Schlacht ist gewonnen. Die übriggebliebene Sachsen ziehen sich zurück. Wir haben gesiegt!"
Mit des Zauberers Hilfe. Er hat Camelot und auch mich gerettet!Warum?
Arthur sah ihn an und lächelte leicht.
„Ja Leon."
Der König nahm tief Luft und schaute zum Himmel.
„Wir waren siegreich! Camelot ist gerettet!"
„Seid ihr verletzt?"
Arthur schüttelte den Kopf.
„Nichts Besonderes, ein paar Kratzer."
Leon nickte und lächelte.
„Gott sei Dank! Ich bin froh, das zu hören. Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich euch aus den Augen verlor."
Gott hatte damit nichts zu tun. Sondern ein ....
Arthur schüttelte leicht den Kopf. Er konnte es immer noch nicht glauben, geschweige denn verstehen.
Ein Zauberer!
Er schaute wieder Leon an.
„Gut, lasst das Schlachtfeld nach Verwundete absuchen und bringt sie ins Krankenlager."
„Wir treffen uns dort."
„Ja, Sire!"
Leon drehte sich um und lief zurück. Arthur sah ihm nach, bis er verschwunden war, bevor er sich bewegte und versuchte den Zauberer zu finden. Aber er fand ihn nicht, er war spurlos verschwunden.
Arthur machte sich zurück auf den Weg ins Lager.




Gaius war mit Arznei und Verbände zurückgekommen. Merlin war immer noch bewusstlos. Der Arzt untersuchte ihn und säuberte die Wunde. Dann legte er einen Verband an. Als er fertig war, seufzte er und sah Merlin an. Wenn das eingetreten war, was er vermutete, dann würde Merlin.....
Die Schlacht war zu Ende. Sie würden das Lager abbrechen und nach Camelot zurückkehren, wenn hier alles erledigt war. Gaius wollte hier bei Merlin bleiben. Er konnte ihn nicht allein lassen und er konnte ihn auch nicht ins Lager bringen. Also sammelte er Holz und machte ein kleines Feuer.
Er saß vor dem Feuer und blickte in die Flammen, als Merlin aufwachte.
„Gaius?"
Gaius blickte auf, erhob sich und ging zu ihm.
„Merlin! Was hast du nur gemacht?"
„Ich habe Arthur gerettet! Ich habe es geschafft, die Prophezeiung zu umgehen."
Gaius sah ihn ernst an.
„Aber zu welchem Preis?"
Merlin runzelte die Stirn.
„Was meinst du?"
Als Gaius nicht direkt antwortete, versuchte sich Merlin aufzurichten, nur um wieder mit einem Schmerzenslaut zurückzufallen.
„Bleib ruhig liegen, sonst fängt die Wunde wieder an zu bluten."
Merlin verzog das Gesicht, dann sah er wieder zu dem Hofarzt.
„Du hast meine Frage nicht beantwortet."
„Merlin ....erzähl mir, was passiert ist." wollte Gaius wissen.
Merlin erzählte ihm alles, von dem Moment an, wo er Morgana in der Höhle traf, bis zu seinen Aktionen auf dem Schlachtfeld. Als er endete, entstand eine unheimliche Stille.
„Gaius....was ist los? Sag es mir!"
„Du magst Arthur gerettet haben, aber...."
„Was?"
Gaius nahm tief Luft.
„Merlin, deine Wunde....deine Wunde ist keine gewöhnliche Wunde. Sie wurde dir mit einem Schwert, das Magie besitzt beigebracht."
„Du meinst, ein Schwert....."
„Ja, so ein Schwert, wie Arthur es besitzt."
„Geschmiedet im Atem des Drachens......Aithusa!"
Gaius nickte.
„Es war für Arthur bestimmt. Morgana wollte sicher gehen, das Arthur stirbt. Sie gab es Mordred!"
„Und was bedeutet das für mich?"
„Ein kleines Stück des Schwertes ist in deinem Körper und wandert zu deinem Herzen. Ich bin sicher, das war von Morgana so beabsichtigt. Wie gesagt, sie wollte sicher sein."
„Dann holen wir es mit Magie heraus!"
„Nein, Merlin, das geht nicht. Diese Magie ist so alt wie die Drachen. Nur jemand, der auch so alt ist, kann es entfernen."
„Und was sollen wir jetzt tun?"
„Die Sidhe sind die Einzigen, die diese Magie anwenden können. Du musst nach Avalon! Und das sehr schnell, denn...."
„Was passiert, wenn wir es nicht schaffen?"
Gaius sagte einen Moment nichts und schaute Merlin kummervoll an.
„Dann....dann wirst du sterben!"
Merlin schloss die Augen. Das war es also. Aber er hatte keine Wahl gehabt, denn sonst läge Arthur jetzt hier und dieser Gedanke wäre unerträglich für ihn. Nein, es war sein Schicksal ihn zu beschützen und das hatte er getan. Das Einzige, was ihn schmerzte war, das er Arthur vielleicht nie wieder sah.
„Wie lange?"
„Höchstens zwei Tage!"
Merlin nickte.
Gaius stand auf.
„Ich werde Arthur Bescheid geben. Er kann uns vielleicht helfen."
„Nein!"
Gaius drehte sich um und sah ihn verwirrt an
Aber Merlin...."
„Nein! Wir zwei werden allein aufbrechen. Wirst du mich nach Avalon bringen, Gaius?"
Der Hofarzt schaute ihn einen Moment an, dann nickte er.
„Ja, Merlin, wenn das dein Wunsch ist."
Merlin lächelte leicht und nickte. Er war erschöpft und schwach. Er schloss die Augen und fiel in den Schlaf.

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