Avalon Kapitel 12

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Avalon


Kapitel 12



Sie waren auf halben Weg zurück, als es passierte. Sie ritten gerade durch ein Waldstück, als sie von Soldaten überfallen wurden. Es waren Sachsen. Wahrscheinlich hatte Morgana die Soldaten auf sie angesetzt.
Die Ritter und Arthur sprangen von den Pferden und zogen ihre Schwerter.
„Gaius, bringt euch in Sicherheit!" rief Arthur ihm zu.
Gaius stieg von seinem Pferd ab und versteckte sich im Wald. Dann griffen die Soldaten an. Sie waren in der Überzahl, aber Arthur und seine Ritter würden nicht kampflos aufgeben. Plötzlich stand Morgana auf dem Weg. Ihre Augen glühten und Arthurs Ritter flogen durch die Luft und landeten ohnmächtig auf dem Boden. Arthur stand ihr allein gegenüber. Morgana lächelte böse, als sie sprach
„Mein lieber Bruder, ich wusste, das du irgendwann Camelot verlassen würdest. Du konntest dich ja nicht für immer verstecken. Ich brauchte nur zu warten und diesmal....diesmal wird dich kein Emrys retten."
Nein....Merlin konnte ihn diesmal nicht retten....aber er würde ihr es nicht leicht machen. Er brauchte einen Plan!
„Du willst mich töten? Dann komm her!"
Morgana lachte auf.
„Das brauch ich nicht! Ich kann dich mit einer Handbewegung töten."
„Du bist eine bösartige Hexe, aber ich wusste nicht, das du ein Feigling bist."
Morganas Lachen starb auf ihren Lippen. Sie sah ihn hasserfüllt an.
„Für jemand, der gleich tot sein wird, schwingst du große Reden. Ich habe keine Angst vor dir und deinem lächerlichem Schwert." sagte sie bissig.
„Dann komm doch her, Hexe!" schrie Arthur.
Er hasste sie, denn sie war schuld, das er Merlin verloren hatte.
Morgana kam mit einem bösartigen, überheblichem Lächeln auf ihn zu. Arthur wusste, das er nicht nah genug an sie heran kam, bevor sie Magie einsetzte. Also wagte er ein tollkühnes, überraschendes Manöver....die einzige Chance, die er hatte. Als sie näher kam, nahm er blitzschnell sein Schwert hoch und schleuderte es in Richtung Morgana.
Das Schwert zischte durch die Luft und bohrte sich in ihre Brust, bevor sie realisierte, was eigentlich geschah. Sie taumelte zurück, aber dann sah sie Arthur an und lachte
„Hast du nicht gewusst, das ein gewöhnliches Schwert mich nicht töten kann. Ich bin eine Hohen...." Sie stoppte abrupt und starrte mit weit aufgerissenen Augen zu dem Schwert in ihrer Brust. Sie versuchte, das Schwert herauszuziehen, aber es gelang ihr nicht.
„Das kann ...doch....nicht....sein."
Morgana sah ihn überrascht an, dann brach sie zusammen. Arthur stand einen Augenblick unbeweglich da, bevor er langsam auf sie zuging, immer auf der Hut, aber er konnte nur noch in ihre gebrochenen Augen sehen. Sie war tot. Der junge König konnte es nicht glauben, als er so da stand und sie ansah. Sie war wirklich tot. Er war so von dem Ereignis eingenommen, das er den Pfeil nicht kommen sah, der sich tief in seine Brust bohrte.
Arthur sah ungläubig auf den Pfeil der aus seiner Körper ragte, drehte sich um und sah noch, wie Gwaine den Schützen tötete, als er zusammenbrach und alles schwarz wurde.
Die Sachsen waren geflohen, als sie sahen, das Morgana tot war. Außer dieser eine Schütze mit der Armbrust. Wahrscheinlich hatte er einen Spezialauftrag von Morgana, Arthur zu töten, falls sie scheiterte.
Gwaine und Gaius rannten auf den König zu.



Arthur öffnete seine Augen und sah sich um. Er lag im Wald auf einer Decke und ein Feuer brannte. Seine Ritter saßen um die Feuerstelle herum, aber Gaius saß neben ihm.
„Sire?"
Arthur sah zu ihm hoch.
„Gaius? Was ist passiert?"
„Ihr habt einen Pfeil in die Brust bekommen. Ihr seid verletzt."
„Morgana?"
„Sie ist tot! Gwaine wollte ganz sicher gehen und hat ihre Leiche verbrannt."
„Wieso konnte ich sie töten? Sie sagte, das ein Schwert ihr nichts antun könnte."
„Nicht euer Schwert! Euer Schwert ist kein gewöhnliches Schwert. Es wurde im Atem des Drachen geschmiedet. Es besitzt eine starke Magie. Merlin hatte es für euch gemacht!"
Arthur lächelte
„Merlin....selbst im Tod schützt er mich noch."
Gaius nahm tief Luft. Der König sah ihn fragend an.
„Was ist los, Gaius?"
Der Hofarzt zögerte mit der Antwort
„Sire....der Pfeil....ich befürchte, das ihr innere Blutungen habt, die ich hier nicht stoppen kann."
„Was bedeutet das?"
„Wenn wir nicht schnell nach Camelot zurückkommen, dann...."
Als Gaius nicht weitersprach, vervollständigte Arthur den Satz
„Werde ich sterben!"
Gaius seufzte, dann nickte er.
Arthur schüttelte den Kopf.
„Macht euch keine Vorwürfe. Wir konnten nicht wissen, das Morgana uns hier auflauert."
„Ich werde etwas Arznei holen....gegen die Schmerzen."
Der Arzt stand auf und ging zu den Pferden, um etwas aus den Taschen zu holen.
Arthur sah zu den Baumkronen. Eigentlich hatte er keine Schmerzen. Es fühlte sich in seiner Brust alles taub an. So, das war es dann. Er würde sterben. Sonderbarerweise hatte der Gedanke an den Tod keinen Schrecken für ihn. Warum? Er wusste, warum. Merlin! Jetzt hatte er die Möglichkeit ihn wiederzusehen....wenn er starb. Er hatte so oft daran gedacht. Er wollte nicht zurück nach Camelot. Dort erwartete ihn nur die Einsamkeit und der Schmerz. Nein....er wusste, was er wollte. Er wollte zu Merlin, selbst wenn er dafür sterben musste. Sie würden es vermutlich auch nicht schaffen, nach Camelot zurück zu reiten. Er war schwach und verletzt. Sie kamen nur schwerlich voran. Nein, er hatte eine Entscheidung getroffen.
Gaius kam zurück und gab ihm den Trank. Er wollte etwas sagen, als Leon zu ihnen trat
„Die Pferde sind bereit....wir können nach Camelot aufbrechen."
Der Arzt nickte und Leon ging zurück zu den Pferden. Gaius wollte aufstehen, aber Arthur griff nach seinem Arm.
„Nein, Gaius....bringt mich nicht nach Camelot! Bringt mich....bringt mich zurück nach Avalon."
Gaius sah ihn überrascht an.
„Aber, Sire...."
„Nein, ich werde sterben....bring mich zu Merlin. Ich bin der König und das ist mein Wunsch und mein Befehl!"
Gaius sah ihn einen Augenblick an.
„Das ist noch nicht sicher, das ihr sterbt. Ich kann euch immer noch retten."
Der König sah ihn fast verzweifelt an.
Gaius kam näher, als er leise sprach
„Ihr wollt nicht gerettet werden....oder?"
Arthur sah ihn einen Moment an, dann schüttelte er leicht seinen Kopf.
„Ihr wollt....ihr wollt zu Merlin. Wisst ihr, was ihr da sagt?"
„Ja....das ich sterben werde!"
Der Arzt schüttelte ungläubig den Kopf
„Ihr wollt, das ich euch sterben lasse? Das ich nichts tun soll, um euch zu retten? Ich bin Arzt....das verstößt gegen alles, woran ich glaube!"
„Gaius, bitte....ich will nicht so weiterleben....ich kann nicht so weiterleben. Ohne Merlin hat das alles keinen Sinn für mich....König hin oder her....ich kann es einfach nicht mehr ertragen! Ich weiß....ihr könnt das nicht verstehen, aber das ist, was ich will!"
Arthur hatte sehr leise gesprochen, aber der Arzt verstand ihn....in jeder Hinsicht. Arthur hatte sich das Jahr nach Merlins Tod gequält und Gaius war sich sicher, das dies nie aufhören würde. Und jetzt....jetzt hatte er eine Möglichkeit Merlin wiederzusehen, mit ihm zusammen zu sein. Gaius hatte oft die Befürchtung gehabt, das Arthur seinem Leben ein Ende bereiten würde, das er irgendwann den Schmerz nicht mehr ertragen konnte, aber sein Pflichtgefühl gegenüber seinem Reich hatte ihn wohl immer daran gehindert. Und es war ganz und gar nicht sicher, das er ihn retten konnte. Selbst wenn sie Camelot rechtzeitig erreichen würden, war die Chance sehr gering. Konnte er den Wunsch des Königs verweigern? Er war sich nicht sicher. Vielleicht....vielleicht war der Pfeil....ein Pfeil des Schicksals.
Er sah wieder seinen König an, sah seinen flehenden Blick und wusste die Antwort, wusste, was er zu tun hatte.
Er nickte, als er langsam sagte
„Wenn das euer Wunsch ist, dann....dann soll es so sein!"
Arthur schloss erleichtert die Augen.
Der Arzt stand auf und sah seinen König nachdenklich an.
Es ist schon sonderbar, wie das Leben so spielt. Das Schicksal trennte sie und das Schicksal bringt sie wieder zusammen. Es ist so vorbestimmt, das sie sich nie trennen. Zumindest nicht für eine lange Zeit. Sie sind eins....und werden es immer bleiben. Eine Hälfte kann ohne die andere nicht existieren. Es ist.... als würde Merlin ihn rufen und Arthur folgt ihm.
Gaius schüttelte ungläubig den Kopf, dann ging er zu Leon, um ihm den Wunsch seines Königs mitzuteilen.



Merlin saß deprimiert in der Hütte. Er hatte, seit sie vom See zurückgekommen waren, kein Wort gesprochen. Er saß nur da und starrte vor sich hin. Lancelot setzte sich neben ihn und legte eine Hand auf seine Schulter.
„Merlin, du musst aufhören, dich so zu quälen. Du musst Arthur vergessen."
Jetzt hob Merlin den Kopf und sah Lancelot an.
„Vergessen? Ich werde ihn nie vergessen. Und er hatte mich auch nicht vergessen. Er war hier....hier am See. Und ich habe ihn gerufen, aber er hörte mich nicht....er konnte mich nicht hören."
Er sah Lancelot traurig an.
„Ja, schon....aber du kannst nie wieder bei ihm sein. Und du quälst dich nur, wenn du immer an ihn denkst. Versuch ihn zu vergessen."
Merlin schüttelte den Kopf, als er leise sagte
„Das kann ich nicht!"
Lancelot seufzte, dann stand er auf und ging aus der Hütte. Was sollte er auch sagen? Er hatte so etwas noch nie erlebt. Diese bedingungslose Liebe und Sehnsucht....über den Tod hinaus, war für ihn etwas....Neues....Unbegreifliches und Erstaunliches. Er hatte auch leidenschaftlich geliebt, aber das hier....das war etwas anderes.




Die kleine Gruppe kam wesentlich langsamer voran, als beim ersten Mal. Arthur war verletzt und hielt sich tapfer auf dem Pferd. Persival hatte eine große Fleischwunde an seinem Bein und Gwaine hatte eine Rippe gebrochen. Die Einzigen, die keine erheblichen Verletzungen hatten, waren Gaius, Leon und Elayn. Die Ritter waren überrascht über Arthurs Entscheidung, hatten aber ohne Widerrede den Wunsch ihres Königs akzeptiert und waren zurück nach Avalon aufgebrochen. Es herrschte eine drückende Stimmung auf dem Weg zurück. Jeder wusste, das sie ihren König verlieren würden. Leon sah immer wieder zu seinem König. Er wusste, das Arthur absichtlich den Tod gewählt hatte. Das Einzige, was ihn tröstete, war, das Arthur endlich dort sein würde, wo er seit einem Jahr sein wollte....bei Merlin.
Gaius war niedergeschlagen, aber auch froh, das sie nur den halben Weg zurückreiten mussten, denn ein Blick zu Arthur sagte ihm, das der junge König nicht viel länger durchhalten würde. Er schüttelte den Kopf.
Wieder einmal war er mit einem sterbenden Freund unterwegs nach Avalon. Erst Merlin, der wie ein Sohn für ihn war und jetzt....jetzt brachte er seinen König dorthin. Leon ritt neben ihn.
„Sollen wir eine Rast einlegen?"
Gaius schüttelte den Kopf.
„Nein....wir müssen weiter! Arthur wird nicht mehr lange durchhalten."
Leon nickte, als er zu seinem König sah. Arthur war sehr geschwächt durch die ständige innere Blutungen. Er konnte fast die Augen nicht aufhalten.
„Es ist nicht mehr weit. Ich kann in der Ferne den See schon sehen. Wir werden bei Anbruch der Nacht dort sein."
„Gut!" sagte der Arzt.
Sie erreichten den See und schlugen das Lager auf. Arthur war in den letzten Minuten bewusstlos geworden. Sie hoben ihn vorsichtig vom Pferd und legten ihn auf die Decken.
Gaius sah nach ihm. Er runzelte die Stirn.
Leon kam zu ihm.
„Gaius?"
Der Hofarzt sah zu ihm hoch.
„Ich fürchte, er wird die Nacht nicht überleben."
Leon nickte wortlos und ging zu den anderen Ritter. Sie bereiteten sich auf die Nacht vor, aber Gaius hielt Wache bei Arthur.
Der Arzt war eingenickt, als er eine zarte Berührung an seinem Arm fühlte. Er hob den Kopf und sah zu Arthur. Der Morgen graute schon, als er in die blauen Augen seines Königs sah. Es war vermutlich das letzte Mal, den Arthur lag im Sterben. Er atmete schnell ein und aus. Ein kleines Rinnsal von Blut lief aus seinem Mundwinkel und Gaius wischte es weg.
„Gaius....gib das königliche Siegel Gwen. Sie wird....sie wird Camelot weise regieren.
Er gab Gaius das Siegel. Dieser nickte.
„Sag ihr....sag ihr, es tut mir leid, was ich ihr angetan habe."
Wieder nickte Gaius. Die Ritter waren aufgewacht und standen um Arthur herum. Niemand sprach, jeder hörte die letzten Worte ihres Königs. Er sah sie an und lächelte leicht.
„Ich danke.... für eure Treue und....und Freundschaft."
Die Ritter nickten.
Arthur sah wieder zu Gaius und legte seine Hand auf seinen Arm.
„Versprecht mir, das ihr mich zu...."
„Ich verspreche es euch, ich werde euch nach Avalon bringen." sagte Gaius.
Arthur sah ihn dankbar an, sah noch einmal zu seinen Ritter. Dann schloss er mit einem Lächeln auf seinen Lippen langsam seine Augen.
Es entstand eine unheimliche Stille, bis Gaius sich vorbeugte und seinen Puls überprüfte. Dann sagte er leise
„Der König ist tot!"
Niemand sprach und alle beugten ihr Knie, senkten ihre Köpfe, um ihrem König noch einmal ihre Treue und Ehrerbietung zu erweisen.

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