3. Kapitel - Gefährlicher Plan

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"Im Kühlschrank herrscht gähnende Leere", sagt Halo. Ich schlüpfe in Vaters Mantel und stöhne leise, weil das ein weiterer Punkt ist, mit dem ich mich beschäftigen muss. "Wenn ich zurück komme, bringe ich was mit. Haben wir noch Gemüse?"

Würden wir auch noch Miete zahlen müssen, könnten wir uns nicht mal etwas zu essen leisten. So aber kann ich einmal in der Woche einkaufen gehen, um das Nötigste zu besorgen. Bei Hygieneartikeln wird das schon schwieriger, denn die kann man nur in der Apotheke besorgen, wo es die höchsten Preise in ganz Crowheart gibt.

"Nope. Der Kohl ist gestern alle geworden, aber den hatte ich sowieso satt. Kannst du uns mal was anderes kaufen, als nur dieses Grünzeug?", bittet sie unsicher. "Du weißt doch, dass wir dafür kein Geld haben. Aber ich schaue, was ich finden kann.", verspreche ich auf ihren enttäuschten Gesichtsausdruck hin.

Wintergemüse besteht hauptsächlich aus Karotten und Rüben, alles was nicht eingefroren werden kann, verdirbt. Mir hängt die Suppe selbst schon zum Hals heraus, doch was soll ich tun?

"Wir könnten uns mehr leisten, würdest du an der Selection teilnehmen.", bemerkt Halo. "Da stand etwas von einer Entlohnung, während die Mädchen dort sind." Meine Finger umschließen bereits die Klinke, da drehe ich mich noch einmal um. "Du hast weitergelesen?"

Sie nickt stolz. Hm. "Lass und später darüber reden. Ich muss los. Mach ja keine Dummheiten.", sage ich warnend. Meine Schwester neigt dazu, sich in ihrer Langweile so einiges auszudenken, dass mich nachher neue Vorhänge oder Backhandschuhe kostet. Einmal hat sie versucht, aus einem Handtuch ein T-Shirt zu schneidern.

"Ja ja. Ich werde aufpassen." Mit einem Augenrollen lässt sie mich Stehen, verschwindet in die Küche und brüht sich einen Tee auf, wie ich sie kenne. "Bis dann."

Hinter mir schließe ich ab. Unsere Nachbarschaft besteht nur aus einem alten Ehepaar und einem jungen Mann, der jedoch an die Front versetzt wurde, gleich nachdem er eingezogen war. Der Armee beizutreten ist ein guter Weg, etwas zu verdienen, allerdings bezahlst du im Gegenzug mit deinem Leben.

Wir wohnen im zweiten Stock, also muss ich vier Treppen hinunter. Im Sommer ist das anstrengend und wegen der Hitze unerträglich, zu dieser Jahreszeit bist du jedoch froh über alles, was dich nur ein wenig wärmt.

Nebel hängt in den Dächern fest, die Straße liegt einsam und kalt vor mir wie ein Teppich, dessen Nähte schon kaputt sind und der nicht zu der restlichen Einrichtung passt. Die meisten Gebäude sind aus roten Backsteinen gebaut, mit spitz zulaufenden Dächern und Regenrinnen, die bei jeder Kälte unbrauchbarer werden.

Die Straßen wurden einmal gepflastert, doch das muss schon ewig her sein. Steine fehlen oder liegen ungünstig herum, deshalb kann in der ganzen Stadt auch keine einzige Kutsche fahren. Die Räder würden abrutschen oder brechen, am besten ist man zu Fuß unterwegs. Meine Haare kitzeln im Nacken, als Wind aufkommt. Der Himmel ist grau und wolkenbedeckt, die Sonne werden wir wohl heute nicht mehr sehen.

Es dauert eine viertel Stunde, bis ich Tom's Café erreiche. Der Laden macht schon kurz darauf auf, ich trete schnell ins Innere und husche hinter die Theke. Unterwegs greife ich mir meine Schürze und knöpfe den Mantel auf, Lea wartet bereits auf mich. Ihrem Vater gehört das Café, und würden wir uns nicht seit der ersten Klasse kennen, hätte ich die Arbeit wahrscheinlich nicht bekommen.

"Morgen", grüße ich sie, was sie freundlich erwidert. Sie trägt einen lila Pullover, der ziemlich ausgeblichen ist und dazu eine Jeans, mit Löchern die mir schon vom Zuschauen die Knie schlottern lassen. Nur, weil sie ein eigenes Geschäft besitzen, bedeutet das nicht, dass sie reich wären. Im Gegenteil sogar, die monatliche Steuer lässt ihnen gerade genug Geld, um den Laden halten zu können.

 Selection - Futuria Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt