Nivea
Nacheinander holt man uns für das Fotoshooting ab. Erst kommen die höheren Bezirke, dann die niedrigeren. Deshalb tischt man uns immer mehr Speisen auf, als hätten die ersten vierundzwanzig Gänge nicht genügt.
Die Gespräche um uns herum sind verstummt, die Gäste langweilen sich zunehmend. Auch bei uns herrscht Schweigen, nicht nur, damit Henry und Nalu keinen zweiten Streit anfangen. Nachdem die beiden zurückkehrten, war Havannas Gesichtsausdruck eindeutig.
Es gibt keine Konflikte. Seit Jahren nicht. Das bedeutet, wir müssen herausfinden, was der König vor hat.
Nervös zupfe ich an der schweren Tischdecke. Es hat sich ein Faden gelöst, der nun meine ganze Aufmerksamkeit beansprucht.
Es ist mir unangenehm, hier zu sitzen und nichts zu tun, nicht einmal zu sprechen. Aber noch schlimmer wäre es, etwas falsches zu sagen. Wer weiß, wie viel Havanna ihrem Cousin erzählt hat, und was Henry sich bereits zusammenreimen konnte. Er hat die Arme verschränkt und beobachtet die anderen Leute, auch die Königin. Sie streift durch die Reihen und versichert, dass bald der Aufbruch zurück zum Schloss stattfinden würde.
"Nivea Santos?", werde ich aufgerufen. Ich hole Luft und stehe auf, warte, bis Henry es mir gleich tut. "Viel Spaß", wünscht Havanna uns lächelnd. "Und erfriert nicht."
Man führt uns aus dem Restaurant heraus, um das Gebäude herum und einen kleinen Hang hinab. Als ich sehe, was sich die ganze Zeit dahinter versteckt hat, setzt mein Herzschlag für einen Moment aus.
Ein See. Ein riesiger, zugefrorener See, umgeben von hohen Bergen, deren Spitzen in den Wolken verschwinden. "Das ist wunderschön", spreche ich meine Gedanken laut aus. Henry lächelt leicht. Wir stolpern den plattgetrampelten Pfad entlang, meine Schleppe schleift durch den Schnee, aber es stört niemanden.
Aurora und ein Team von Assistenten erwarten uns, viele Kabel und riesige Kameras, die Bildschirme angeschlossen haben. Auf ihnen zu sehen sind die Bilder der letzten Kandidatin, es ist Zoe. "Hast du mit ihr geredet?", frage ich neugierig.
Er schenkt den Fotos nur einen Blick, dann nickt er und dreht sich von ihnen fort, zu mir. "Habe ich. Bist du bereit?"
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Du weißt, dass es okay ist, dich mit ihr zu treffen. Ich hatte nie etwas dagegen, ich war nur verwundert, dass du mich so plötzlich hast fallen lassen."
Eine Zofe taucht auf, die sie aus dem Palast mit her gebracht haben, denn ich habe sie schon einige Male gesehen. Sie frischt mein Make-up mit wenigen Handgriffen auf, mustert meine Haare mit gerunzelter Stirn und erinnert mich daran, den Dutt zu öffnen. Henry sieht sie nur kurz an, sie nickt und huscht davon.
Er verschränkt die Arme und wirkt etwas unzufrieden. Also eigentlich, wie die gesamten letzten Stunden.
"Du triffst dich also auch mit anderen? Mit wie vielen?" Ich bin etwas perplex. Was soll ich denn darauf antworten? Natürlich tue ich das. Wenn man das so nennen kann... Schließlich muss ich den Prinzen finden.
Um Zeit zu schinden, beuge ich den Oberkörper nach unten und löse das Gummiband. Meine Haare fallen tatsächlich gelockt vor mein Gesicht, so, als wären sie gerade erst gemacht worden. Bei den anderen Mädchen ist mir aufgefallen, dass ihre Haare platt waren, höchstens noch leicht gewellt.
Ich richte mich wieder auf und spüre plötzlich jemanden dicht hinter mir, so dicht, dass unsere Körper sich berühren. Die Wärme ist so angenehm, dass ich mich nicht fort bewegen will. Auch wenn ich es dringend sollte. "Sei nicht eifersüchtig, Henry", spottet Kaden, sein Atem streift mein Ohr. "Nivea gehört dir ja nicht."
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Selection - Futuria
Fanfiction"Du bist eine Rebellin", flüstert er fassungslos. "Falsch", sage ich. "Ich bin die rechtmäßige Thronerbin Caravels." ----------- Nivea ist gerade 18 geworden, als die erste Selection seit 150 Jahren beginnt. Seit den Kastensystemen hat sich viel ver...