67. Kapitel - Normales Drama, kein königliches

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Am nächsten Morgen geht es mir viel besser. Ich bin ausgeschlafen und hatte nicht mal Albträume, eigentlich habe ich gar nichts geträumt. Als Janine herein kommt protestiere ich nicht, stehe freiwillig auf und ziehe ohne Proteste das ausgesuchte Kleid an.

Es ist hellblau und trägerlos, um die Hüftpartie herum sitzen kleine Blumen aus Edelsteinen.

Heute Abend findet der zweite Ball zu Ehren der Königin statt, nur dieses Mal ist die Anwesenheit Pflicht. Wir werden in ihren Geburtstag rein feiern, es gibt ein Feuerwerk und Thema ist die Sternennacht.

Weil der Ball sich mit der Abendshow überschneiden würde, findet sie dieses Mal um 10 Uhr morgens statt. Es wird Publikum geben und deshalb sollte ich aufgeregt sein, stattdessen bin ich erstaunlich ruhig.

Ich schätze, der Stress der letzten Tage ist nichts im Vergleich zu einer weiteren Show.

"Wir werden Ihre Haare locken und nach der Show waschen, damit sie wieder glänzen. Der heutige Abend wird sehr aufwendig und die Nacht lang werden." Sie seufzt, lächelt und nimmt sich den Lockenstab.

Vorher hat sie die Strähnen mit einem Spray besprüht, um sie vor der Hitze zu schützen. Lola kommt später dazu, ihr liegen dunkle Ringe unter den Augen. Sie hockt direkt neben mir, um Blush und Puder und den ganzen Kram aufzutragen, der im Sonnenlicht viel zu überladen wirkt.

Es fühlt sich komisch an, so geschminkt zu werden und ein glitzerndes Kleid anzuziehen, obwohl es noch hell ist. Da bemerkt man erstmal, wie viel Aufwand für eine zweistündige Show nötig ist.

"Alles in Ordnung, Lola? Du siehst fertig aus", merkt Janine an. Meine Nackenhärchen stellen sich auf, jedes Mal wenn sie eine heiße Locke zu den anderen sortiert.

"Ich konnte nicht einschlafen", gibt sie zu, verpasst meinem Gesicht eine weitere Schicht Puder. "Ich hatte Angst, dass mein Verhalten Folgen hat. Was habe ich mir nur gedacht? So mit einer Prinzessin zu reden... Das ist furchtbar." Ihre Augen glänzen.

"Ach nein, das war es nicht. Du hast dich eben behauptet", tröstet Janine sie. Im Spiegel erkenne ich, wie besorgt sie ist. Lola zieht die Nase kraus, wechselt den Pinsel und widmet sich meinen Handgelenken.

Sie sind schon ein wenig mehr blau als lila, dennoch entstellen sie meine ansonsten blasse Haut.

"Es ist egal, was ich darüber denke - sie ist eine Adlige und deshalb hat sie grundsätzlich immer Recht." Sie ahnt nicht, wie sehr sie das wie eine Rebellin klingen lässt. Nicht, weil sie übertreibt, sondern weil sie endlich gegen die Ungerechtigkeit aufbegehrt. Ich wünschte nur, sie würde König Lex als das Problem ausmachen, und nicht Havanna.

"Nein, das stimmt nicht", sage ich. "Sie ist gestern zu weit gegangen. Ob du eine Zofe bist oder nicht, du solltest keine Angst haben müssen, deine freie Meinung zu äußern."

"Danke. Normalerweise kann ich mich damit abfinden. Nur... Egal, wir müssen uns beeilen. Noch eine halbe Stunde."

Sie bleibt hartnäckig und schweigt tatsächlich von da an, egal wie oft Janine sie anspricht. Irgendwann flüstert diese Dann eben nicht, Zicke und sucht mir eine passende Halskette heraus. Sie verdreht oft die Augen, wenn Lola zu viel lästert, es stört sie aber noch viel mehr, wenn sie stumm bleibt.

Ich würde mich ja einmischen, nur respektiere ich Lolas Grenzen und denke außerdem, dass meine Ansichten nicht ganz objektiv sind.

"Nehmt euch bis heute Nachtmittag doch frei", schlage ich vor. Es gibt nichts aufzuräumen oder zu putzen, meine Abendgarderobe ist ebenso fertig.

Womöglich vertragen sie sich, wenn sie sich aussprechen. Lola runzelt die Stirn und sortiert weiter den Schminktisch um, was sie seit einer gefühlten Ewigkeit tut. Sie rückt Flakons und Döschen umher, ordnet sie zuerst nach Farbe und dann alphabetisch. Schon vom Zusehen reizt es mich, ein paar davon wild durcheinander zu bringen, nur um den Irrsinn zu beenden.

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