Selection - Futuria

31. Kapitel - Gehen oder bleiben

"Okay, halt!", rufe ich Kaden in der Aufnahme zu. "Vor dir steht ein Schwebebalken, du machst einen Schritt nach vorn und stehst schon direkt auf ihm." Mein Fehler wird mir erst bewusst, als Raven das Video pausiert und sich alle Augen auf mich richten. Oh Gott.

"An dieser Stelle würde es mich brennend interessieren, wann und warum Sie bei Sir Kaden zum Du gewechselt haben. Das hätte ich in der ersten Folge der Selection gar nicht erwartet.", meint Raven verschmitzt.

Ich schnappe nach Luft und zupfe an meinem Kleid, um mich mit irgendwas zu beschäftigen. Die anderen Mädchen starren mich an, als könnten sie nicht fassen, was sie gesehen haben.

"Das muss unbewusst geschehen sein.", antwortet Kaden an meiner Stelle. Überrascht, dass er mir hilft, schaue ich zu ihm auf. Wieder begegnen sich unsere Augen, doch nur ganz kurz, weil Kaden ein umwerfendes Lächeln aufsetzt und weiter mit Raven plaudert, als hätte die Frage nicht eigentlich mir gegolten.

"Eigentlich habe ich es auch gar nicht bemerkt. Es war keine große Sache, wir haben gut als Team zusammen gearbeitet." Kaden zuckt locker mit den Schultern.

Was geht denn jetzt ab?

Nach unserem Streit habe ich nicht damit gerechnet, dass er so bald wieder mit mir reden würde, und nun springt er vor laufender Kamera für mich ein. Wenn das Erika und Jake zu sehen bekommen, glauben sie noch, ich wäre ihnen abgesprungen und zu den echten Kandidatinnen übergelaufen.

Es wird Zeit, dass ich auch meinen Mund auf mache und für mich selbst einstehe.

"Er war ein guter Partner.", bestätige ich. Ravens Gesicht wendet sich wieder mir zu, ich meine etwas lauerndes darin zu erkennen. "Das merkt man. Kommt er für Sie denn auch als Date in Frage?"

Kaden und ich werfen uns einen entsetzten Blick zu. Wobei, seiner ist eher verwirrt.

"Ähm. Eigentlich-" "Warten wir ab, was die Zeit noch bringt. Man kann nie wissen.", unterbricht er mich. Ich meine, hinter mir ein Stöhnen gehört zu haben, doch sicher bin ich mir nicht.

Raven betrachtet uns noch einige Augenblicke lang, die sich wie eine Ewigkeit anfühlen. Wenn er noch mehr so unangenehme Fragen stellt, kippe ich von der Couch.

Er öffnet den Mund, als wollte er noch einen Kommentar dazu abgeben, doch dann hellt sich seine Miene schlagartig auf und er hält sich eine Hand an das Ohr. "Oh, hören Sie es auch meine Zuschauer? Der große Zeiger der Uhr bewegt sich auf die nächste volle Stunde zu. Es wird Zeit, zum letzten Teil unserer Sendung zu gelangen." Mittlerweile verstehe ich überhaupt nichts mehr und ziehe es vor, Raven einfach machen zu lassen.

Dieser Mann versteht weit mehr, als er zeigt, und er durchschaut uns alle auf die ein oder andere Art. Das könnte gefährlich werden.

"Ich bitte nun alle Ladys zu mir auf die Bühne zu kommen. Stellen Sie sich gemeinsam auf." Unsere Anwärter - oder wie auch immer man sie nennen sollte - rücken zurück in den Hintergrund. Die Mädchen trudeln nach und nach ein, so dass ich mich erleichtert in der Menge verstecken kann. Sobald Grace mich erreicht, kann ich an dem verkrampften Lächeln nicht mehr festhalten und offenbare für ein paar Sekunden, wie gestresst ich eigentlich bin.

"Du hättest das Theater im Warteraum mitbekommen sollen.", flüstert sie schmunzelnd und reiht sich neben mir ein. "Victoria ist fast in die Luft gegangen, weil sich Kaden so für dich eingesetzt hat." Nun, die Vorstellung sorgt immerhin dafür, dass ich ein schwaches Lächeln zu Stande bringe.

Victoria ist wirklich anstrengend, sie hat sich doch schon Leander erobert. Hat sie es etwa auf alle Männer abgesehen, die an mir interessiert sind? Sie sollte sich dringend etwas entspannen und sich ins Gedächtnis rufen, wie albern das ist. Als ob ich ihr eine Konkurrenz wäre. Sie muss sich nicht ständig beweisen.