Leander in meinem Zimmer zu sehen, ist merkwürdig. Noch merkwürdiger sind allerdings die Blicke, die Lola und Janine ihm zuwerfen. "Lady Nivea, was äh-" Lola deutet mit dem Finger auf Leander, den ich auf den Boden verwiesen habe, damit er dort an meiner Ballkarte arbeiten kann.
"Das stimmt so", sage ich und mache eine wegwerfende Handbewegung. "Wir kümmern uns um das Kleid, Sir Leander wird den schweren Teil übernehmen, mir eine Karte zu basteln." Lola schaut schockiert, denn sie muss sich vorkommen, als hätte sie etwas wichtiges verpasst.
Immerhin war ich gestern echt schlecht drauf, und soweit meine Zofen wissen, lag das hauptsächlich an Leander.
Wie er da auf dem Teppich hockt und sich mit der Schere abmüht, könnte er mir fast ein wenig Leid tun. Allerdings bereitet sein Anblick mir auch Genugtuung.
"In Ordnung, dann sollten wir loslegen. Die Stoffe haben wir bereits ausgesucht, schwierig wird es, ihn passend zuzuschneiden." Janine wirkt Leander gegenüber sehr misstrauisch, sie vermeidet Blickkontakt mit ihm und reagiert auf seine Gesprächsversuche sehr distanziert.
Die Frustration ist ihm anzusehen, also drehe ich mich von ihm weg, um mich besser konzentrieren zu können. "Die Stoffe sehen toll aus", sage ich ehrfürchtig und traue mich kaum, sie zu berühren. Während ich noch staune und mich frage, wie um alles in der Welt es mir gelingen soll, daraus ein Kleid herzustellen, packt Janine eine Tasche mit Nadeln aus. Sie sind winzig klein oder riesig groß, etwas dazwischen gibt es kaum.
Als nächstes stellen die beiden ein Glas mit Stiften und Schweren auf den Tisch, meine Zeichnung und erste Dekorationen folgen. "Wir werden heute unser Bestes tun, um schnell voran zu kommen. Am besten fertigt Ihr das Dradmodell an, Nivea." Ich nicke. Das ist keine zu schwere Aufgabe, aber eine wichtige.
"Dradmodell?", höre ich Leander fragen. Meine Zofen schauen mich gleichzeitig fragend an, was mich lachen lässt. "Für mein Kostüm", gebe ich nichtssagend zurück.
"Das ist mir bewusst. Wenn ich mit der Kerte fertig bin, darf ich Euch dann helfen, es anzufertigen?" Er klingt beinahe flehend, was bei seinem Mann wie ihm urkomisch ist. "Liegt es Euch etwa nicht, mit der Schere umzugehen?", frage ich gespielt scheinheilig.
Seine grünen Augen funkeln verräterisch. Am liebsten würde er mir Paroli geben, das ist mir klar, aber er kann es sich nicht erlauben, wenn er will, dass unsere Abmachung funktioniert. "Nicht wirklich", gibt er zu und seufzt. Wie er dort sitzt, die Beine zum Schneidersitz gestreckt, mit hängenden Schultern und einem verkniffenen Gesicht, gefällt er mir gleich viel besser, als der übercoole und ach so elegante Leander, den er immer zur Schau trägt.
Lola schaut ihn an, als hätte sie Mitleid mit ihm. Ich seufze. "Dann kommt her, Ihr könnt mir dabei helfen, den Draht zu biegen." Fast sofort ist er auf den Beinen, was ich mit einer hochgezogenen Augenbraue kommentiere. Er streicht sich das Hemd glatt und schiebt sich dann die Ärmel hoch, wie auch ich es getan habe.
Als er näher kommt, spanne ich mich unwillkürlich an. Er setzt sich direkt neben mich, strahlt Hitze aus und duftet nach etwas frischem, fruchtigen. "Lola, könntest du bitte eines der Fenster öffnen?" Leander neigt den Kopf ein winziges bisschen, damit er mich von der Seite ansehen kann.
"Mir ist heiß"
Das hätte ich nicht so sagen dürfen. Etwas blitzt in seinen Augen auf und da ist wieder dieses neckische, das mir ein Kribbeln in der Magengend bereitet. "Ach ja?", fragt er rau. Werde ich rot? Nervös rutsche ich auf dem Stuhl zurecht, zupfe an Haarsträhnen, damit sie sich aus dem Zopf lösen. Ich tue irgendetwas, damit ich ihn nur nicht mehr direkt ansehen muss.
Plötzlich bewegt er sich neben mir, aus dem Augenwinkel beobachte ich, wie Leander die ersten Knöpfe seines Hemds befreit. "Ja, doch. Ich merke es auch." Ich werde ihm nicht den Gefallen tun und darauf reagieren. Seine muskulöse Brust interessiert mich gar nicht, nicht im geringsten. Janine hüstelt und zeichnet eine Linie auf saftig grünen Stoff, um ihn später auszuschneiden.
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Selection - Futuria
Fanfiction"Du bist eine Rebellin", flüstert er fassungslos. "Falsch", sage ich. "Ich bin die rechtmäßige Thronerbin Caravels." ----------- Nivea ist gerade 18 geworden, als die erste Selection seit 150 Jahren beginnt. Seit den Kastensystemen hat sich viel ver...