Selbst am nächsten Tag sitzt mir der Schock noch in den Knochen. Beim Frühstück achte ich nur mäßig auf Georges Erzählungen über die Botanik und esse nur ein paar Löffel voll meines Joghurts. Ich frage mich, womit in aller Welt eine Frau es verdient hat, so belästigt zu werden.
Es war absolut schamlos und Benjamin hat nicht einmal versucht, sich zu entschuldigen. Er muss von Anfang an den Plan verfolgt haben, mich ins Bett bekommen zu wollen. Und als ich nicht sofort auf ihn angesprungen bin, hat er eben alles auf eine Karte gelegt.
Oh Halo, wenn du wüsstest...Gerade vermisse ich meine Schwester noch viel mehr als gestern. Immer noch spüre ich seine Hand auf meinem Oberschenkel, die Stelle kribbelt unangenehm. Es fiel mir schwer genug, überhaupt einzuschlafen, und dann stehen heute auch noch die ersten Dates an.
"Lady Nivea, langweile ich Sie etwa?", fragt George und senkt peinlich berührt den Kopf. "Ich hätte weniger über Orchideen und mehr über Sie und mich reden sollen. Verzeihung." Wie selbstverständlich er dieses Wort sagt. Als wäre es nur angebracht, obwohl er doch gar nichts falsch gemacht hat.
"Ach, nein. Das ist es nicht...Ich bin nur mit dem faschen Bein aufgestanden. Macht Euch keine Vorwürfe deshalb." Er atmet hörbar aus. "Das freut mich. Also, dass nicht ich der Grund für Ihr Unbehagen bin. Wie gut kennen Sie sich denn mit Bohnengewächsen aus?"
Als ich zu einer Antwort ansetzen will, unterbricht König Lex alle Gespräche und verkündet mit feierlicher Stimme: "Wie Sie alle wissen, finden heute die ersten Dates statt. Jede Dame muss mit einem Herren den Tag verbringen, damit Sie einander besser kennenlernen. Es ist nun an der Zeit, sich Ihre Partnerinnen zu suchen, meine Herren. Seien Sie schnell, wenn Sie bereits eine Lady in Aussicht haben, damit man sie Euch nicht wegschnappt." Er bleibt hinter der gedeckten Tafel stehen, wohl um das Geschehen besser überschauen zu können.
Neben mir schnappt Amara nach Luft. "Jetzt kommt es drauf an." "Worauf?", frage ich sie. Ohne den Blick von der Tischaußenseite, wo alle Männer sitzen, abzuwenden, erwidert sie: "Welchen Eindruck wir hinterlassen haben natürlich. Wenn es ein schlechter oder falscher war, wird sich niemand für uns interessieren. Dann kriegen wir nur die übriggeblieben ab." Ihr Gegenüber hebt eine Augenbraue. "Dann kann ich wohl davon ausgehen, dass Sie auf einen anderen Mann hoffen?"
"Tut mir leid, Nicholas. Aber ich bin gegen Hunde allergisch und Papageien sind mir unheimlich. Ich fürchte, wir passen einfach nicht zusammen."
Seufzend erhebt sich Sir Nicholas. "Na schön. Dann werde ich mein Glück bei einer Lady versuchen, die keine derartige Abneigung zu Tieren hat. Dennoch, es hat mich gefreut." Halbherziger könnte er kaum klingen. Amara nickt abwesend. Wen sie wohl im Auge hat? Ich erinnere mich nicht daran, wer ihr gestern gegenüber saß. Fast habe ich ja nicht mal Jordan bemerkt, obwohl sein Nasenring und die Ohrringe so auffällig waren, dass ich ihn im normalen Zustand niemals übersehen hätte.
Seine Begrüßung lautete: "Moin"
Langsam sammeln sich die Herren in der Mitte des Saals, heute in blauen Hemden und grauen Hosen. Wir Kandidatinnen tragen enge graue Kleider, die ab der Taille weiter ausfallen. Muster aus Ranken und Blumen, in einem dunklen rot, schlängeln sich über Rock als auch Oberteil. Es ist das erste Mal, dass ich ein Korsett an habe, und es schnürt mir zunehmend die Luft ab.
Die Haare wurden uns hochgesteckt, und Bänder eingeflochten.
Als ich den Kopf hebe begegne ich ausgerechnet Benjamins Blick. Ein Schauer überkommt mich, so heftig, dass meine Schultern beben. Denise, der es aufgefallen sein muss, befreit mich für einen Moment von Benjamin. "Ist alles in Ordnung? Macht dir die Aufregung auch so zu schaffen?" Falscher könnte sie nicht liegen.
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Selection - Futuria
Fanfiction"Du bist eine Rebellin", flüstert er fassungslos. "Falsch", sage ich. "Ich bin die rechtmäßige Thronerbin Caravels." ----------- Nivea ist gerade 18 geworden, als die erste Selection seit 150 Jahren beginnt. Seit den Kastensystemen hat sich viel ver...