"Ein Glück!", ruft Janine und springt von ihrem Stuhl auf. Das Nähzeug lässt sie unbeachtet fallen. "Wir wussten, dass Ihr es schafft!"
Ich nicht.
Steif verabschiede ich mich von meinen Wachen. Diese tauschen einen Blick aus, sagen aber nichts und schließen die Tür hinter sich.
Lola und Janine stehen abwartend vor mir, ich halte den Kopf gesenkt und gehe zu meinem Bett, auf das ich mich setze. Die Anspannung hat meinen ganzen Körper im Griff, selbst jetzt will sie nicht von mir ablassen.
"Nivea? Ist bei Euch alles in Ordnung?" Lola klingt besorgt. Ich schließe die Augen und atme tief durch. "Es war knapp", flüstere ich dann.
"Ja, aber Ihr habt es geschafft! Das ist ein Grund zur Freude. Oder nicht?"
"Nein, das meine ich nicht. Nachdem Raven verkündigt hat, welche Kandidatinnen bleiben dürfen, ist Denise durchgedreht. Sie hat die Kontrolle verloren, weil sie gehen sollte." Meine Stimme wird zittrig.
"Was ist passiert?", will Lola vorsichtig wissen. Sie kommt näher, bis beide direkt vor mir stehen. "Hat Sie-"
Es klopft an der Tür. Meine Zofen sehen auf, sind sich offenbar unsicher, was sie tun können. "War ist da?", fragt Janine und leckt sich nervös über die Lippen.
"Sir Andrew. Er will Lady Nivea sprechen."
"Sollen wir ihn wegschicken?" Lola runzelt die Stirn. "Vielleicht solltet Ihr Euch etwas Ruhe gönnen."
Nichts lieber als das. Aber es geht nicht. Ich darf keine Schwäche zeigen.
"Lasst ihn herein. Janine, Lola, bitte lasst uns allein."
"Sicher? Ihr seht nicht gut aus. Sollen wir einen Arzt kommen lassen?", versucht Lola es erneut. "Nicht nötig. Wir wurden bereits nach Denise' Ausbruch untersucht." Ich schlucke schwer.
Die beiden zögern immer noch. Meine Finger krallen sich in die Bettdecke unter mir. "Los, geht", sage ich nun mit mehr Nachdruck. Endlich gehorchen sie mir. Die Tür öffnet sich, meine Zofen verlassen den Raum und Andrew tritt ein. Erst nachdem sie wieder geschlossen ist, wage ich es, hoch zu schauen.
Andrews Gesicht ist ernst, seine schwarzen Haare sind zerwühlt und seine Stirn ist verengt. "Wie geht es dir?", fragt er.
"Toll. Sieht man doch." Ich stehe auf und gehe zum Bad, um mir eine Tasse mit Wasser zu füllen. Mein Mund ist so trocken, dass ich unbedingt etwas trinken muss.
Andrew folgt mir. "Hat sie dich erwischt?" Bei der Erinnerung an Denise zucke ich unmerklich zusammen. Ich befülle die Tasse und nehme einen großen Schluck, um den ekligen Geschmack in meinem Mund zu vertreiben.
"Los, jetzt sag schon!" Er packt mich am Arm, ich lasse die Tasse auf den Boden fallen und sie zerschellt auf den Fliesen. Geschockt schaue ich wieder hoch, die Scherben und ihr Zerklirren klingt mir in den Ohren nach.
"Am Arm", flüstere ich. "Links."
Weil ich keine Anstalten mache, mir den Mantel auszuziehen, hilft Andrew nach. Er nimmt ihn mir ab und hält dann abrupt inne, keucht, als er meinen Oberarm sieht. Im Spiegel betrachte ich mich, wie das Blut durch den Verband dringt und ihn rot färbt.
"Sie haben ihn nur provisorisch verbunden, der Arzt sagte, es würde reichen."
Ich taumele, Andrew hält mich fest und bringt mich zur Badewanne, damit ich mich auf ihren Rand setzen kann.
Denise. Sie ist ausgerastet, hat geschrien und um sich geschlagen. Als sie die Wachen bemerkt hat, ist sie auf die ihr nahestehendste Person losgegangen. Mich. Mit ihren Fingernägeln hat sie sich in meine Haut gegraben, den anderen Mädchen Hiebe mit den Ellenbogen verpasst.

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Selection - Futuria
Fanfiction"Du bist eine Rebellin", flüstert er fassungslos. "Falsch", sage ich. "Ich bin die rechtmäßige Thronerbin Caravels." ----------- Nivea ist gerade 18 geworden, als die erste Selection seit 150 Jahren beginnt. Seit den Kastensystemen hat sich viel ver...