20. Kapitel - Teamwork

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Kaden bringt mich in den unteren Bereich des Palasts. Von seinem plötzlichen Sinneswandel bin ich mehr als irritiert, spreche ihn aber nicht darauf an. Sollte er wirklich ernsthaft motiviert sein - aus welchem Grund auch immer - dann muss ich das ausnutzen. Ich komme ihm kaum hinterher, er bewegt sich gerade zu leichtfüßig und hängt mich ab.

Hätte ich heute Morgen keine Schmerztabletten genommen, wäre ich schon längst auf der Treppe zusammen gesunken. Wir biegen in den Teil des Palastes ab, wo ich eigentlich einen Ballsaal vermutet hätte. Der Bereich liegt hinter den Treppen, und wir gehen einfach nur geradeaus. Als nach circa vier Minuten eine Doppeltür in Sicht kommt, vor der Kaden endlich stehen bleibt, atme ich zugleich erleichtert wie gestresst durch.

Jetzt wird es noch einmal ernst. Und wahrscheinlich wird mir diese Prüfung sogar schwerer fallen. Denn ich kann nun mal nicht selbst handeln, muss mich auf einen anderen verlassen. Ich erreiche Kaden und er schaut mich ungewöhnlich gut gelaunt an.

"Also, bereit?" Ich ziehe die Augenbrauen hoch. "Wie kann ich darauf vertrauen, dass Ihr dieses Mal mit mir zusammen arbeitet? Vielleicht sollte ich kurzfristig einen anderen fragen, ob er für Euch übernimmt.", überlege ich laut. Kaden lächelt überheblich, lehnt sich mit der rechten Schulter gegen die Wand. Langsam bekomme ich die Vermutung, er nimmt mich nur ernst, wenn ich mich seiner Sprache bediene - der durch und durch ironischen.

"Dann viel Glück bei der Suche. Alle Kandidaten sind beschäftigt und falls Ihr nicht vor habt, mit dem Gärtner anzutreten, werdet Ihr mich akzeptieren müssen. Und zu Ihrer Beruhigung: Ich habe diesmal tatsächlich vor, Ihnen zu helfen."

"Wohl kaum aus Freundlichkeit.", vermute ich. Diese Diskussion ist sinnlos und ich hätte es darauf beruhen lassen sollen, dass er versprochen hat, sich Mühe zu geben. Aber bei gewissen Menschen verlangt es einfach danach, ein Gefecht so lange auszutragen, bis es einen eindeutigen Sieger und einen noch viel eindeutigeren Verlierer gibt.

Er schnaubt. "Die Kameras werden jede meiner Handlungen aufzeichnen. Es wird schon schlimm genug werden, wie ein Nichtsnutz durch die Gegend zu taumeln und mich von Ihnen führen zu lassen. Den Parkour mit Absicht zu vermasseln würde nur meinem Ruf schaden." Das war ja klar. Der Herr denkt mal wieder nur an sich.

Solange ich jedoch davon profitiere, soll es mir recht sein. Ich lege den Kopf schief. "Ein blinder Nichtsnutz, immerhin. Gut, dann haben wir eine Abmachung. Ich gebe Euch Anweisungen und Ihr werdet ihnen folgen. Im Gegenzug lasse ich Euch nicht gegen eine Sprossenwand laufen oder schiebe Euch die Schuld zu - jammernd und schluchzend - sollten wir versagen."

Er überlegt etwa zehn Sekunden, bis er mir die Hand entgegen streckt und überlegen grinst. "Einverstanden. Ihre Denkweise gefällt mir. So durchtrieben und einer Prinzessin überhaupt nicht würdig. Ich bin gespannt, wie weit Sie es bringen werden, Nivea." Ich ergreife seine Hand und sehe Kaden fest in die blauen Augen. Wahrscheinlich sollte das eine weitere Beleidigung sein, mich kränken und zweifeln lassen, weil ich ja so unbedingt Prinzessin werden möchte.

Dass er damit das genaue Gegenteil erreicht hat, nämlich, mir ein Kompliment zu machen (dass ich mich niemals auf die Seite der Hoheiten schlagen werde), konnte er natürlich nicht ahnen. Und es ist schon ziemlich verrückt, so zu denken, wäre ich eine Kandidatin wie jede andere, die sich beworben hat, um die Wahl des Prinzen zu werden. Der Triumpf beflügelt mich und feuert mich an, alles zu geben.

Gemeinsam stoßen wir die Türen auf, treten über die Schwelle und finden uns in einem riesigem Saal wieder. Ich glaube, hier finden sonst wirklich die Bälle statt. Der Boden ist zwar mit einer Schicht Linoleum bedeckt und die vielen Geräte weisen tatsächlich eher auf einen Turnraum hin, doch die Wände und Decken sind zu atemberaubend ausgearbeitet, um etwas anders sein zu können. Etwa auf meiner Kopfhöhe stützen sich goldene Säulen auf massive Steinblöcke, die an den Kanten ebenfalls golden sind.

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