Nivea
Die erste Hindernis ist eine Kletterwand, die mich an die Prüfung von vor einer Woche erinnert. Sie ist aus Holz und etwa anderthalb Meter groß, mit bunten Griffen aus etwas, dass sich wie eine Nachbildung von Stein anfühlt.
Weil sie die gesamte drei Meter breite Fläche einnimmt, bleibt uns nichts anderes übrig, als daran hoch zu klettern. Zoe und ich zögern nicht lang, wir sehen uns an und greifen dann nach den ersten Griffstellen. Zwischen uns würden Amara und Grace locker Platz finden, doch sie bleiben hinter uns zurück.
Als ich oben angekommen bin, was gar nicht so schwierig war, drehe ich den Kopf und schaue über die Schulter hinweg nach unten.
Da steht Amara immer noch, sie hat sich kein Stück bewegt, während Zoe und Grace schon dabei sind, über die Wand hinweg zu steigen und auf die andere Seite zu gelangen.
„Alles klar?“, frage ich, obwohl es das eindeutig nicht ist. Amara schaut zu mir hoch, sie ballt die Hände zu Fäusten und öffnet den Mund. Nur, um ihn gleich wieder zu schließen.
„Komm“, sage ich und strecke eine Hand nach ihr aus. „Ich helfe dir.“ Auch wenn ich das nicht tun sollte. Jede verschwendete Sekunde ist eine weniger, die ich später zum Nachdenken habe.
„Ich weiß nicht, ob ich…“ Amara bricht ab. Sie sieht verwirrt aus, als würde sie mit sich ringen. Ich bekomme mit, wie Grace und Zoe unten aufkommen und sich das nächste Hindernis vornehmen.
„Amara, los!“, versuche ich es nochmal. Endlich bewegt sie sich. Langsam, viel zu langsam, und ich hänge hier oben fest und lasse zu, dass mir wertvolle Zeit verloren geht.
Was ist nur mit ihr? Hat sie so viel Angst vor der Prüfung? Ihr Verhalten kommt mir komisch vor, ungewöhnlich komisch, so als würde mehr dahinter stecken, als sich erahnen lässt.
Sie muss immerhin einen Meter selbst schaffen, bis sie nach meiner Hand greifen kann. Das tut sie auch, und ich gebe ihr so lange Halt, bis sie auf Augenhöhe neben mir steht. Im Augenwinkel bekomme ich mit, dass sie ersten drei Minuten bereits abgelaufen sind.
Amaras Wangen sind gerötet und ich würde gern nachfragen, was sie sich dabei gedacht hat, aber verschiebe das auf später. Will keinen unnötigen Stress anfangen, nicht jetzt.
„Kommst du klar?“, frage ich stattdessen, bemüht ruhig. Als sie nickt, lasse ich sie los und schwinge mein rechtes Bein über die Wand. Ungesichert zu sein, ist kein großes Problem. Eigentlich verliere ich keinen Gedanken daran, was passieren könnte, wenn ich falle.
Vielleicht tut Amara das schon, und deshalb zögerte sie.
Als nächstes haben wir ein Schlammbecken vor uns, aus dem Trittstellen ragen, die kaum so groß sind wie ein Teller. Sie werden von Stelzen getragen, die mir merkwürdig dünn erscheinen, dafür, dass sie uns tragen sollen.
Aber egal. Grace und Zoe haben es bereits geschafft, also ziehe ich nach. Gehe die drei Stufen zur Erhöhung hoch und mache einen großen Schritt, hin zur ersten Holzscheibe.
Sie scheint mich ohne Probleme auszuhalten. Hm, okay. Weiter machen.
Um uns herum ist es so still, dass ich die Crew so gut wie ausblende. Ich sehe nur das, was genau vor mir liegt, und alles drum herum wird zu einem Nebel. Links, rechts, gerade aus, huch, nicht fallen, okay, weiter.
Das geht etwa fünf Meter weit so, und ich denke, dass ich recht gut dabei bin. Als ich am Ende ankomme, hole ich Schwung und springe auf das Treppchen, wie ich es bei den Mädchen vor mir gesehen habe.
Bevor ich zu dem Netz gehe, in dem Grace sich bereits verheddert hat und zappelt, schaue ich noch mal nach Amara. Sie versucht wenigstens, über das Becken zu gelangen, so dass ich sie nicht mehr antreiben muss. Okay, gut.
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Selection - Futuria
Fanfiction"Du bist eine Rebellin", flüstert er fassungslos. "Falsch", sage ich. "Ich bin die rechtmäßige Thronerbin Caravels." ----------- Nivea ist gerade 18 geworden, als die erste Selection seit 150 Jahren beginnt. Seit den Kastensystemen hat sich viel ver...