38. Kapitel - Wieder aufstehen

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Am nächsten Morgen fühle ich mich elend. Erst Leanders Abfuhr und dann Benjamin, letzterer hat mir den Rest gegeben. Stöhnend ziehe ich die Bettdecke höher, um mein Gesicht darunter zu verbergen.

"Lady Nivea, Sie müssen aufstehen. Sonst verpassen Sie das Frühstück", wiederholt Lola sich. "Für eine zukünftige Königin gehört es sich nicht, zu verschlafen." Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

"Ich werde nicht Königin", gebe ich mürrisch zurück. "Also kann ich schlafen, so lange ich will." Plötzlich gibt es einen Ruck und mir wird die Decke entrissen. Huch?

"Falsch. Das können Sie jetzt genauso wenig wissen, wie ich es tue. Aber das bedeutet nicht, sich völlig gehen lassen zu dürfen." Wütend setze ich mich auf, funkele Lola an. "Das tue ich nicht. Nur, weil ich länger im Bett bleiben will."

Sie stützt die Hände in ihre Hüfte und runzelt die Stirn, als müsste sie überlegen, was sie sonst noch sagen oder tun kann. Seit etwa zehn Minuten versucht sie, mich aus dem Bett zu bekommen.

Währenddessen kuschele ich mich mit dem Rücken in eins der riesigen Kissen, ziehe mein Nachthemd über die angewinkelten Knie. Mit geschlossenen Augen seufze ich.

Ich will nicht aufstehen. Dieser ganze Aufenthalt im Schloss ist doch total bescheuert. Nichts macht einen Sinn. Nicht mehr.

"Lady Nivea? Alles in Ordnung?"

Lolas Gesicht wird weicher, sie tritt näher an das Bett heran. Die Decke hält sie noch in den Händen, wohl, damit ich sie mir nicht zurückholen kann. "Ist es wegen Sir Leander?", fragt sie mitfühlend.

"Ich will nicht darüber reden. Nicht schon wieder...", murmele ich.

"Kein Mann ist es wert, sich die Laune verderben zu lassen. Sie sollten aufstehen und den Tag genießen, das Beste aus Ihrem Aufenthalt machen."

"Ich weiß, ich weiß. Es ist eine Ehre, dass ich hier sein darf, und jedes andere Mädchen würde mich darum beneiden." So viel zur offiziellen Version. In Warheit schäme ich mich, mich so vor Leander blamiert zu haben. Wie es aussieht, habe ich mehr in uns hinein interpretiert, als wirklich da wäre.

"Also ehrlich. Wenn es Ihnen so schlecht geht, muss ich mich fragen, was Sir Leander Ihnen angetan hat. Soll ich Meldung erstattet? Ist er bei irgendetwas zu weit gegangen?"

Die Tür öffnet sich, und Janine tritt ein. "Sie liegen immer noch im Bett?", fragt sie verwundert. Seufzend schwinge ich die Beine über die Bettkante, stehe auf und schlurfe zum Badezimmer. "Schon gut, schon gut."

Die beiden richten mich her, und erinnern mich daran, dass es noch viele weitere Männer gibt, die ich kennenlernen kann. "Zum Beispiel Sir Henry", schlägt Janine vor. "Sie beide haben sich doch neulich so gut verstanden."

"Oder Sir Ka-" "Nein", unterbreche ich Lola sofort. "Der definitiv nicht." Im Spiegel beobachte ich, wie die beiden mir gehetzt Make-up auftragen. Verwundert stelle ich fest, wie sehr ich mich bereits daran gewöhnt habe. Unreinheiten und Flecken auf der Haut haben mich nie besonders gestört, doch jetzt bin ich es gewohnt, sie abdecken zu lassen und stets mit rosanen Wangen herum zu laufen. "Ich komme schon drüber weg. Ihr habt schon Recht, zumal wir uns nicht mal besonders gut kannten."

Das werde ich mir den restlichen Tag lang einreden. Irgendwann, werde ich wieder klar denken können.

"Sehr gut. Was halten Sie davon, wenn wir Sie ein wenig
aufhübschen? Damit Sir Leander bereuen wird, so gemein zu Ihnen gewesen zu sein." Wer hätte gedacht, dass Lola so viel Einsatz zeigen würde?

"Was meinst du damit? Aufhübschen?" Als wir wieder im Schlafzimmer sind, weiß ich es. Das für mich vorbereitete Kleid ist zauberhaft, und übertrifft alles, was ich an Schönheit jemals gesehen habe.

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