87. Kapitel - Spaß, eventuell

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Irgendwann beschließen die Männer, dass es lustig wäre, Reiterkampf zu spielen. Was das ist, erfahre ich am eigenen Leib. Knox versinkt vor mir und ich steige auf seinen Rücken, nur, weil uns alle ansehen.

Mir ist das echt unangenehm. Ich habe Knox gebeten, es nicht zu tun. Mit den Armbändern um die Handgelenke kann ich die lila Blutergüsse gerade so verbergen.

Viele der Mädchen wissen sowieso schon, was mit Benjamin geschehen ist.

Aber die restlichen Flecken, die konnte ich nicht abdecken. Besonders die an den Armen sind schlimm, oder die genähte Wunde, und die Prellungen am Rücken. Zu viel von allem, was ich hinter mir lassen wollte. In Crowheart, meinetwegen, denn in einem Palast sollte man nicht aussehen, als wäre man verprügelt worden.

Als Knox sich langsam mit mir erhebt, will ich sofort wieder herunter. Sie schauen uns alle an, so viele begeisterte Gesichter, die mich mustern und schließlich erkennen, dass ich nicht perfekt bin. Keiner ist das, ich weiß, ein dummes Wort an sich, aber das macht es nicht leichter.

Ich fühle mich nackt und entblößt, bin so unsicher.

Ich halte mich an seinen Schultern fest und presse die Lippen aufeinander. Bin total verkrampft und rechne damit, jederzeit kopfüber ins Becken zu stürzen. In der Höhe habe ich meine Schwäche gefunden. Ich dachte immer, es wäre etwas heftigeres. Ein Monster oder ein Feuer. Keine Ahnung, in Crowheart habe ich mir immer um alles gleichermaßen Sorgen gemacht. Dass sich jetzt gewisse Ängste heraus kristallisieren, musste wohl so kommen.

Es bilden sich weitere Paare. Grace und Theo. Loveday und Michael. Amara und Morrow. Die meisten machen mit.

Mädchen, die sich zu sehr scheuen gesellen sich zu Willowdeen und Civil an den Rand. Sie lassen nur die Beine ins Wasser baumeln, sind ansonsten trocken. Civil wegen ihrer Verletzung und Willowdeen zur Sicherheit, was ich gut nachvollziehen kann.

Grace hatte Recht, Wasser hat keine Farbe. Aber Nicholas aus, denn Blut enthält Wasser und dieses hat eine Farbe. Ich stelle mir vor, wie es den Pool einfärbt. Dann dicker wird und metallisch riecht. Ich will nicht diese schwarzen Gedanken haben. Nein, diese roten. Sie sind ein Nebeneffekt der letzten Tage.

Mein Herz schlägt panisch schnell, Knox' Gezappel macht es nicht besser. Er versucht das Gleichgewicht zu finden, schön, ja bitte, aber beeil dich doch. Sonst scheiden wir aus, bevor es überhaupt los geht. Nicht, dass mich das stören würde - scheißegal, ich finde Reiterkampf nämlich jetzt schon blöd.

Verdammt, ich will das nicht. Das ist kein Spaß, kann es unmöglich sein, wenn mein Körper so reagiert. Ich versuche mich abzulenken, mit irgendwas, ganz egal. Bloß nicht an die Höhe und den tiefen Fall denken.

Ich suche nach Kaden, ohne es zu realisieren. Erst als ich ihn nirgendwo finden kann, merke ich es. Das beunruhig mich nur noch mehr, als auf feuchten Schultern herum zu rutschen. Sowas kann doch nicht normal sein. Als kleines Kind macht man sowas, aber nicht mehr als Erwachsene.

Ich brauche Kaden. Als Ankerpunkt. Und das ist lächerlich, denn es geht nicht um Leben und Tod, sondern bloß um ein Spiel. Ich atme tief durch. Spüre den Puls in meinen Schläfen und am Hals.

"Bereit?", fragt Knox. Er umfasst meine Beine, ich zucke zusammen. "Ehrlich gesagt weiß ich nicht so recht", gebe ich zu. "Es ist so wackelig hier oben."

Anstatt mich runter zu lassen, sagt er: "Kein Problem, ich streng mich an, still zu halten. Zumindest so gut ich kann. Denk dran, du bist der Reiter und musst unsere Gegner herunter stoßen." Bei dem Gedanken daran zieht sich meine Brust zusammen, wird eng. Gleichzeitig atme ich immer hektischer, um dagegen anzukämpfen.

 Selection - Futuria Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt