101. Kapitel - Buh, Grace

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Viel Spaß beim zweiten Teil der Lesenacht! Vergesst nicht zu voten und zu kommentieren! :)

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Grace

Ach du scheiße. "Ach du scheiße, Grace", spricht Theo meinen Gedanken laut aus.

Das Gesicht der Reporterin ist mehlig weiß, sogar ihre Brille hat es voll erwischt. Sie sieht aus wie ein Gespenst. Oder ein Kind, dass mit der Puderdose seiner Mutter gespielt hat.

Ich schlage mir eine Hand vor den Mund. Die rechte, links steckt nämlich noch in der Mehltüte. Alle starren mich an. Nivea, Theo, Henry... Mein Mehlopfer. Sogar einige der Köche haben ihre Arbeit unterbrochen.

Ich schlucke schwer, suche nach meiner Stimme, weil es sonst niemand schafft, etwas hervor zu bringen.

"Zu meiner Verteidigung... Eigentlich habe ich auf Theo gezielt." Vorsichtig hebe ich eine Schulter, lasse sie in einer ungelenken Bewegung wieder sinken.

Das waren vermutlich die falschen Worte. Die Frau nimmt ihre Brille ab und gibt einen ungläubigen Laut von sich. Es muss das erste Mal sein, dass ihr etwas derartiges geschehen ist.

Natürlich, denn wieso sollte einer Reporterin auch etwas zustoßen? Diese Gruppe dort tut nur ihre Arbeit! Und ausgerechnet ich musste es sein, die sie unterbrach. Auf eine sehr plötzliche und unschöne Weise.

Ich tausche einen flüchtigen Blick mit Nivea aus und sie wirkt teils schockiert, teils amüsiert.

Ihr zuckender Mundwinkel verrät sie. Oh nein. Sobald ich jemanden anschaue, der lacht, überrollt es auch mich. Und das wäre verdammt unpassend.

Robert kommt angerauscht und ich zucke zusammen, so plötzlich hält er vor mir an. Zum Glück trennt uns noch die Arbeitsfläche, sonst könnte er ungehindert auch mich losgehen. Eine sehr vollgesaute Arbeitsfläche, zugegeben.

Theo und ich, wir haben es nicht so mit dem Backen. Das zeichnet sich anhand der vielen Schüsseln, Flecken auf Schürzen und Boden und unserer Laune recht gut ab.

Dann können wir eben kein Dessert herstellen, na und? Wofür sollte sowas auch nützlich sein. Dafür kann ich kochen. Manchmal. Und putzen. Wenn ich will. Jedenfalls dürfte das Gesamtbild nicht sehr gut aussehen.

Robert war von Anfang an nicht begeistert, dass die Kameras herkommen würden. Dass es nun noch diesen Zwischenfall gab, in seiner ach so geliebten Küche, dürfte das Fass zum Überlaufen gebracht haben.

"Jetzt reicht's!" Sein Gesicht ist schrecklich rot, genauso wie sein Hals. Aus den Augen sprühen Funken und ich glaube, er ist kurz davor, mir an die Gurgel zu springen. Einfach über den Tisch hinweg, kein Ding, das ist die Umstände wert. "Wer von Ihnen beiden war das?"

Ich hätte die Schuld gerne Theo zugeschoben. Immerhin war er nicht unbeteiligt, er war es ja, der den Krieg begonnen hatte. Du machst das falsch, habe ich gesagt. Im Rezept steht ganz eindeutig, dass das Mehl vorher in den Teig gemusst hätte! Nicht auf den fertigen Kuchen drauf. Daraufhin hat er mich eine Besserwisserin genannt, ich habe ihm einen Tritt verpasst und das war's.

Leider können mindestens fünf Leute bezeugen, dass er es nicht war. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen.

Tschüss, Leben. Kurz warst du. Wir hätten es bestimmt noch weit bringen können.

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