Selection - Futuria

41. Kapitel - Verbündeter

Einige der Mädchen rennen förmlich los, sie schubsen ihre Konkurrentinnen aus dem Weg und steuern zielsicher auf einen Mann zu. Wenn zwei von ihnen dasselbe Ziel haben, kommt es zum Gekreische. Ich verdrehe die Augen und stehe auf, gehe langsam Cassy hinterher. Es ist peinlich den Mädchen zuzusehen und daran zu denken, dass eine von ihnen mal unser Land regieren könnte.

"So ein Drama", kichert Cassy. "Am Ende entscheidet doch der Mann." Ich schaue zu Henry und hoffe, dass er auf mich warten wird. Doch stattdessen sehe ich Andrew, der direkt neben Benjamin steht, und beide schauen mich erwartungsvoll an.

Kurz gerate ich ins stocken. Mir wird schlecht, also suche ich schnell nach Henry. Er steht relativ in der Mitte der Reihe, heute trägt er ein hellblaues Hemd und dunkle Hosen. Lächelnd gehe ich ihm entgegen, doch dann erreicht ihn Zoe.

Sie macht einen Knicks und er konzentriert sich auf sie, ihre rosanen Schleifen verdecken fast ihren gesamten Hinterkopf. Ich halte die Luft an, als er nickt und ihre Hand ergreift. Mir schenkt er gar keine Beachtung mehr, dabei stehe ich keine fünf Meter entfernt.

Habe ich irgendetwas verpasst? Seit wann haben die beiden etwas miteinander zu tun? Ich beiße mir auf die Unterlippe. Damit habe ich nicht gerechnet. Die Paare bewegen sich an mir vorbei und die Reihe leert sich, sogar Andrew wurde inzwischen aufgefordert.

Jetzt bloß keine Hektik. Ich sehe mir die verbliebenen Männer an und stelle fest, dass nur noch Leander, Kaden, Benjamin, Michael, Tobias und Morrow übrig sind. Okay, vielleicht kriege ich doch ein bisschen Panik.

Ich mache einen Schritt in Richtung Michael, als er von Loveday aufgefordert wird. Verdammt. Tobias und Morrow kenne ich nicht, und vielleicht wäre es gut, sie näher kennenzulernen. Immerhin könnte einer von ihnen der Prinz sein.

Bevor ich Morrow erreiche, spricht ihn Cassy an, und als ich mich zu Tobias drehe, hakt sich gerade Clara bei ihm unter. Wie kann das sein? Entnervt nehme ich den Rock meines Kleides hoch, dann renne ich zu Kaden.

Bei ihm wundere ich mich nicht, dass er noch übrig ist. Bei Leander hätte ich jedoch erwartet, dass ihn Victoria fragt.

"Was wird das?", fragt Kaden und hebt eine Augenbraue. Er hat die Arme verschränkt und sieht gelangweilt aus. "Bitte?", bringe ich nur hervor. Er schnaubt. "Bitte was?" Ich glaube, ich werde noch verrückt. Dass ich es überhaupt in Betracht gezogen habe, ihn zu fragen, war dumm.

"Vergiss es", sage ich müde und bleibe dennoch vor ihm stehen. Meine Übelkeit verstärkt sich bei dem Gedanken, einen ganzen Tag mit Benjamin verbringen zu müssen. Er bringt es fertig und schickt meine Zofen fort, um sonst was mit mir zu tun. Menschen wie er, kennen keine Grenzen. Nein. Das darf nicht passieren.

"Hey, was ist? Du bist ganz blass. Du wirst doch nicht ohnmächtig, oder?" Das kann ich gerade nicht sagen. Leander rückt auf und kommt auf uns zu, Benjamin folgt ihm mit funkelnden Augen. "Bitte", sage ich noch einmal drängend.

"Deine Verzweiflung muss groß sein, wenn du mich ernsthaft fragst, ob wir den Tag zusammen verbringen wollen. Warum?" Er kommt mir näher, so dass ich seinen Atem an meinem Hals spüre. "Was ist passiert?"

Leander hat uns erreicht. "Lady Nivea", sagt er freundlich. Am liebsten würde ich ihm sagen, er solle verschwinden. Doch da kommt Victoria, und Benjamins Blick gräbt sich bereits unter meine Haut. Ich muss mich entscheiden, und da Kaden keine Hilfe ist, bleibt mir nur noch eine Wahl übrig. "Sir Leander, verbringt Ihr den Tag mit mir?" Ich versuche, seine Höflichkeit zu erwidern, klinge aber gepresst.

Er blinzelt, öffnet den Mund und schließt ihn dann wieder. Offenbar hat er nicht damit gerechnet, tatsächlich gefragt zu werden. Tja, da sind wir schon zwei. Benjamin zieht die Brauen zusammen, er bemüht sich sichtlich um einen neutralen Ausdruck. Hat er ernsthaft geglaubt, ich würde ihn fragen? Abwartend sehe ich Leander an, dessen Haare schon wieder abstehen und durcheinander wirken. Als wäre er sich zu oft mit der Hand hindurch gefahren.