71. Kapitel - Gespräche unter Frauen

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Nivea

"Quenla ist irgendwo falsch abgebogen", sagt Grace und malt mit dem Finger Kreise auf Schlafenhöhe. Wir sitzen auf meinem Bett und essen Kekse, sie hat das Kleid und auch ihre Zofen mitgebracht, die sich nun mit Lola und Janine unterhalten.

Seitdem ich mich von dem Schreck mit Benjamin erholt habe, geht es wieder. Also, ich versuche es. Wenn Benjamin für immer im Gefängnis versauert, sollte ich mich entspannen. Wie das funktioniert, finde ich schon noch raus. Der erste Schritt ist - das habe ich mir selbst aufgetragen - den restlichen Tag mit Mädchen zu verbringen, zumindest bis der Ball beginnt.

Die Atmosphäre ist so entspannt und angenehm wie lange schon nicht mehr. Lola lacht sogar. "Ihr Ansichten sind total daneben. Ich meine, was wenn sie nicht gut aussehen würde? Dann bliebe ihr - wenn sie Recht hätte - absolut gar nichts."

"Jupp. Und so jemand setzt sich gegen Cassy durch. Das ist doch ungerecht."

"Da stimme ich dir zu. Schade, dass sie gehen musste. Denkst du, das hat der Prinz entschieden?" Sie isst noch einen Keks.

Die Gebäcke sind mit weißer Schokolade und Himbeeren verziert, schmecken köstlich.

"Schwer zu sagen, ich vermute fast, der Prinz hat nicht viel zu melden. Er wird ein paar Mädchen nennen, die er mag, und die werden bleiben, aber der Rest wird wahllos aussortiert."

Klingt hart, doch genau so stelle ich mir die Selection im Hintergrund vor.

"Meinst du? Dann müsste ihm ja egal sein, wer wir sind. Er müsste seine Lieblinge bereits haben und das schon nach drei Wochen. Das wäre dumm", kommentiert sie und krümelt auf die Tagesdecke, als sie erneut abbeißt.

Ich zucke mit dem Schultern, nehme mir ein flauschiges Kissen und lege es auf meinen Schoß. "Wer weiß. Ich meine nur, unsere Bezirke spielen bestimmt eine Rolle. Für wen er sich nicht interessiert, der muss gehen, aber ich wette, sie schmeißen bevorzugt Mädchen aus niedrigeren Bezirken raus."

"Aber Denise war eine Drei", merkt Grace an. "Na und? Ihre Persönlichkeit hat das wieder wett gemacht."

Wir kichern. "Selbst wenn es so ist. Du bist noch da, und das ist cool. Stell dir vor, der Prinz entscheidet sich für dich. Erst wenn seine Eltern dann eingreifen und dich geheimnisvoll verschwinden lassen, dann können wir von Manipulation reden."

Ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Du gehst davon aus, dass sie mich aus dem Verkehr ziehen? Dann weißt du doch, dass es ihnen zu zutrauen wäre."

Sie verdreht die Augen. "Nivea, lass gut sein. Mir ist es egal, in welcher Reihenfolge die Mädchen fliegen. Ich stelle mir einfach vor, der Prinz würde so entscheiden, und damit bin ich zufrieden. Entweder mag er mich, oder nicht."

Ich nehme mir ebenfalls einen Keks, wir haben fast den ganzen Teller aufgegessen. Vermutlich sollten wir vor dem Ball noch etwas richtiges zu uns nehmen, also alles andere außer Süßkram.

"Und wenn Theo der Prinz ist, aber du gehen musst? Fändest du das okay?"

"Er würde mich nicht heim schicken", sagt sie und klingt so, als wäre die Vorstellung keinen müden Gedanken wert. "Wir mögen uns. Und wenn er der Prinz ist, mein Gott, dann werde ich Prinzessin."

"Ist das nicht etwas voreilig?", frage ich vorsichtig. Sie schüttelt den Kopf.

"Nein, ehrlich. Er ist der Richtige für mich. Es fühlt sich an, als würden wir uns schon ewig kennen, und das ist was besonderes. Kennst du diesen einen Spruch, über Seelen und ihre Zyklen?"

"Nein?"

"Man sagt, Menschen die sich besonders gut verstehen, von Anfang an, haben schon viele gemeinsame Leben vorher gelebt. Zusammen. Deshalb ist die Verbindung so stark, dass man sich sofort wiedererkannt."

 Selection - Futuria Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt