59. Kapitel - Triumph

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Nivea

Ich habe es geschafft. Mein Atem geht abgehackt und ich schwitze, mir ist leicht schwindelig, aber ich habe es geschafft. Der Walzer liegt hinter mir, ohne dass ich gestolpert oder hingefallen bin. Noch dazu ist uns die Verwandlung meines Kleides gelungen. Subtil hoffentlich, dass es nicht gestellt aussah, obwohl es so war.

Leander lächelt mich an, dann grinst er. Er verbeugt sich und erinnert mich an den Knicks, der mir mit den Flügeln auf dem Rücken schwerer fällt. Ich muss aufpassen, das Gleichgewicht zu bewahren. Es ist das erste Mal, dass ich an mir herab schaue und statt Schwarz ein Meer aus Farben sehe.

Der Scheinwerfer über uns erschlöscht und die künstliche, gelbliche Beleuchtung wird wieder angeschaltet, erst jetzt nehme ich den Applaus der Leute wahr. Es ist verrückt, dass ich es durchgezogen habe. Und mit welchem Ergebnis. Leander hatte mit allem Recht.

Als er gestern zu mir kam, sobald wir zurück im Palast waren, stellte er mir sein Vorhaben vor. Erst übten wir mehrmals den Tanz, dann planten wir die Enthüllung meines Kleides und er stellte mit seinem verspäteten Erscheinen sicher, dass die Kameras auf uns gerichtet sein würden.

So bekommen die Menschen Caravels mehr von mir zu sehen, Leander sagte das würde so oder so einen positiven Effekt haben. Ich glaube ihm. Denn wenn die Menschen erst wissen, dass es mich gibt, dass ich - eine Zehn! - es geschafft habe, alle Anwesenden staunen zu lassen, dann werde ich sie auch von mir überzeugen.

Das ist mehr als nötig, denn ich traue dem Königspaar durchaus zu, sich von der Meinung der Presse und des Volkes beeinflussen zu lassen. Normalerweise würden sie das nie tun, aber die Situation ist keine gewöhnliche. Keine von uns Kandidatinnen ist eine Prinzessin, es geht um mehr als unsere Abstammung.

Überzeugung, Selbstbewusstsein und Können. Das muss ich ihnen zeigen.

Ich erwidere Leanders Lächeln und gemeinsam verlassen wir die Mitte, intereinander eingehakt das perfekte Paar spielend. Er kennt sich mit Fernsehshows aus, deshalb weiß er, was die Zuschauer sehen wollen.

Man weicht vor uns zurück und macht Platz, egal wie weit wir gehen und wie viel enger es für die Leute wird. Das ist unfassbar, nur durch einen Tanz sind wir in ihrem Ansehen bereits höher gestiegen.

"Das war gut", flüstere ich Leander zu, noch während wir gehen. Ich neige meinen Kopf so weit zu ihm, dass nur er mich hören kann. Wir gehen dicht nebeneinander her, bis wir einen Fensterplatz erreichen, der noch frei ist. Klar, das Fenster steht sperrangelweit offen, so direkt möchte niemand in der Kälte stehen.

Die frische Luft tut gut. Ich schließe die Augen und atme durch, erst jetzt werde ich mir der erdrückenden Wärme bewusst, die im Saal herrscht. Es ist, als würde sie mich abheben lassen, ich fühle mich wie angetrunken. Aber ich bin auch glücklich.

Die Musik ist verklungen und die Menschen unterhalten sich über die beiden Tänze, mit gewisser Neugier verfolge ich einige von ihnen. Möglichst unauffällig spitze ich die Ohren, ohne die Menschen zu direkt anzusehen.

"Zauberhaft, dieses Paar", sagt eine Nelke zu einem Frosch. "So entzückend, diese Verwandlung!" , seufzt eine Birne. "Meinst du, sie könnten es sein? Diese beiden? Stell dir das nur vor, wir waren live dabei, Jeffrey!" "Was meinst du, Hanna?", fragt der ältere Mann, der passend als Schildkröte verkleidet ist. "Na, die Thronfolger! Er der Prinz und sie die Prinzessin, Jeffrey!"

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