10. Kapitel - Planänderung? Flucht!

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Immer noch erstarrt sehe ich mit an, wie der König zufrieden lächelt, während sich die Herren verteilen. Grace gegenüber lässt sich ein blonder Mann mit drei-tage-Bart und schmalen Lippen nieder. Bei mir handelt es sich um einen Mann mit schwarzen Haaren, dessen Augen blau und kalt sind. Er hat ausgeprägte Wangenknochen und einen Blick, der mir bis unter die Haut geht.

Ich schlucke bitter und beiße mir auf die Zunge, um nicht zu wimmern. Die rechte Augenbraue meines Gegenübers schnellt in die Höhe. "Na, überfordert? So leicht wie gedacht wird es wohl doch nicht." Spöttisch verzieht er die Mundwinkel.

Unfähig, etwas zu erwidern, fixiere ich König Lex hinter ihm, mit brennenden Augen und zugeschnürter Kehle. Das darf nicht wahr sein. "Die Herren werden sich bei jeder Mahlzeit mit der Wahl ihrer Damen abwechseln. Die Woche darauf werden die Damen wählen dürfen. Sie können diese Gelegenheit nutzen, sich näher bekannt zu machen. Und ich kann Ihnen versprechen, es wird nur von Vorteil sein."

Er setzt sich und flüstert dann etwas seiner schönen Frau zu, die sichtlich amüsiert ist. In meinen Schläfen pocht es, ich sehe verschwommen.

"Hat es Euch die Sprache verschlagen?" Er schnaubt. "Nichts geht über einen Eisblock als Gesprächspartner." Mein Blick ruckt zu ihm. Gelangweilt lehnt er sich zurück, verschränkt die Arme vor der Brust. Wenn ich gerade nicht zu überfordert wäre, würde ich einen Salzstreuer nach ihm werfen.

Sowohl Amara als auch Grace unterhalten sich angeregt mit den Männern, so weit ich es erkenne tun das alle. Nur mir will es nicht gelingen, etwas außer einem Klagelaut zu formen.

Zum Glück trägt man bald darauf das Essen auf, einen Salat gibt es als Vorspeise. Ich blinzele zu dem Grünzeug hinunter und versuche meine Gedanken zu sortieren. Verdammt. So war das nicht geplant. Wie soll ich nur etwas ausführen, was nun quasi unmöglich erscheint?

"Würde es in Ihrem Interesse liegen, mir Ihren Namen zu verraten?", versucht mein schlechtgelaunter Gegenüber es noch einmal. Ich presse die Lippen zusammen und schließe die Augen, blende ihn einfach aus. Von einer Panikatacke bin ich nur noch Sekunden entfernt.

Einatmen. Ausatmen.

"Ich geb's auf." Damit schüttelt er den Kopf und beginnt zu essen. Uns wurde allen das gleiche gebracht, Spinat mit Kresse, gekochtem Ei und Rote Bete. Eine orange-schwarze Blume dekoriert den Teller, sie riecht scharf. Die Kräutersoße wiederum ist würzig-süß, aus der Küche der Reichen muss man wohl nicht schlau werden.

Plötzlich spüre ich einen Stoß in meinen Rippen und sehe zu Amara, die eindringlich meinen Blick erwidert. Rede scheint sie mir sagen zu wollen. Ich atme tief durch und räuspere mich. "Verzeiht meine Abwesenheit. Ich heiße Nivea. Also, Lady Nivea." Am liebsten würde ich aus dem Saal stürmen und dem Palast gleich mit. Jake, möchte ich rufen, hilf mir.

"Geht doch. Wobei mir der Titel nicht gerade passend erscheint." Ich runzele die Stirn und zwinge mich ins Jetzt. Wie bitte? Was erlaubt er sich eigentlich. Durcheinander sein hin oder her, das war eindeutig eine Beleidigung. "Nun, darüber kann man diskutieren. Meine erste Wahl war er auch nicht.", sage ich gereizt.

Etwas blinzt in seinen Augen auf, gerade als ich mir die erste Gabel Salat in den Mund schiebe. "Interessant", murmelt er.

Ich beschließe, ihn zu ignorieren und tue stattdessen das, wonach mir am aller wenigsten ist. Seit König Lex' Verkündigung über den Ablauf der Selection ist mir übel, doch wenn ich weiter nur stumm dasitze, könnte man Verdacht schöpfen. Außerdem muss ich bei Kräften sein um mir zu überlegen, wie es weitergehen wird.

Ich werde den Rebellen einen Brief schreiben müssen, dass es mir leid tut und ich es wirklich versuchen wollte, die Aufgabe aber unerfüllbar geworden ist. Etwas anderes wäre falsch, ich muss sie zumindest benachrichtigen, bevor ich aufgebe. Ein schlechtes Gewissen habe ich schon. Sie haben sich so viel Mühe gemacht und sind Risiken eingegangen, um mich einzuschleusen.

 Selection - Futuria Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt