"Dein Entwurf ist wundervoll, Nivea." Grace schaut mir über die Schulter und schafft es eher schlecht als recht, ihren Neid zu verbergen. Wenn ich morgen dazu gezwungen sein sollte, den Tag mit einem der Herren zu verbringen, dann nutze ich jede Gelegenheit, um noch etwas Zeit mit den Mädchen zu haben.
Grace ist vor etwa einer halben Stunde bei mir aufgetaucht, um den Nachmittag mit mir zu verbringen. Ich bin ich sehr dankbar dafür, denn seit dem Unterricht habe ich das Gefühl, das meine Einsamkeit mich ersticken würde.
Nur ab und zu setze ich den Stift noch an, bin mir meinem Kostüm eigentlich ziemlich sicher und füge höchstens kleine Deko Elemente hinzu. Ziemlich sicher werden Lola und Janine sie wieder streichen.
"Danke. Wie weit bist du mit deinem Kostüm?" Sie verzieht das Gesicht und schiebt mir ihre Zeichenblätter zu. Oh man. Ihr Entwurf stellt... vermutlich einen Regenbogen dar? Das erkenne ich aber nur an den verwendeten Farben.
"Grace, sei mir bitte nicht böse, aber das ähnelt eher einem Schlauch als einem Kleid." Sie fächert sich mit einer Hand Luft zu, als wäre ihr auf einmal zu warm geworden. "Ich weiß, ich weiß. Es ist furchtbar. Aber ich kann nun mal absolut nicht zeichen, was ich mir im Kopf vorgestellt habe. Meine Zofen hassen mich, glaube ich."
Das kann ich mir vorstellen. Wenn sogar Lola und Janine so hibbelig waren, als wir die Aufgabe gerade erst bekommen haben, dann müssen Grace' Zofen jetzt ziemlich außer sich sein.
"Okay, dann helfe ich dir. Beschreibe mir, was du dir vorstellst, und ich versuche, es auf dem Blatt umzusetzen." "Ist das nicht Betrug?", zweifelt Grace. Doch ihre Augen glänzen aufgeregt.
"Ich denke nicht. Das wir uns nicht helfen dürfen, wurde nie explizit gesagt, oder?"
Das zaubert ihr ein lächeln aufs Gesicht. Gemeinsam machen wir uns an die Arbeit, bis irgendwann meine Zofen erscheinen und Grace bitten, auf ihr Zimmer zurück zu kehren. "Mary und Gwen sind ziemlich außer sich", beginnt Lola vorsichtig. "Sie haben Angst, dass Sie versagen könnten. Und damit auch sie."
Grace zieht die Augenbrauen hoch, macht keine Anstallten, von ihrem Stuhl aufzustehen. "Wieso denn die beiden?"
Janine räumt unsere Stifte zusammen und entdeckt meine zweite Zeichnung, die dieses Mal ein deutlich zu erkennendes Kostüm darstellt. Sie lächelt beeindruckt.
"Auch unter den Zofen gibt es Wettbewerbe", erklärt Lola derweil. "Wenn ihre Mädchen versagen, dann fällt das auch auf sie zurück. Es gibt unter den Zofen gewisse Rangfolgen. Wer auch immer der zukünftigen Prinzessin dient, wird dann ebenfalls aufsteigen."
Grace beißt sich auf die Unterlippe. "Das ist ja bizarr. Ich dachte, Zofen würden willkürlich zugeteilt werden und hätten sowieso keine festen Anstellungen." Janine und Lola tauschen einen Blick aus, den Grace zum Glück nicht mitbekommt.
"Na gut, dann werde ich mal. Danke, Nivea. Ich finde es wirklich toll, dass du nicht nur den Wettbewerb vor Augen hast und mir hilfst. Bis heute Abend." Grace lächelt und nimmt das Zeichenblatt an sich, dann verschwindet sie. Sie wird ihren Zofen endlich etwas vorsetzen können, mit dem sie auch arbeiten können.
"Es war sehr hilfsbereit von Ihnen, Lady Grace zu helfen. Aber das hätten Sie nicht tun sollen." Lola ist hin und hergerissen zwischen Verständnis und dem Konkurrenzkampf. Das verstehe ich, aber gefallen tut es mir trotzdem nicht.
"Es ist nur ein Kostüm", erwidere ich schulterzuckend. "Wenn diese Zeichnung darüber entscheidet, ob ich Prinzessin werde oder nicht, dann ist es die Sache sowieso nicht wert." Janine zieht empört die Luft ein, während Grace nur die Augen aufreißt. Ich lehne michvzurück und verschränke die Arme vor der Brust.
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Selection - Futuria
Fanfiction"Du bist eine Rebellin", flüstert er fassungslos. "Falsch", sage ich. "Ich bin die rechtmäßige Thronerbin Caravels." ----------- Nivea ist gerade 18 geworden, als die erste Selection seit 150 Jahren beginnt. Seit den Kastensystemen hat sich viel ver...