104. Kapitel - Auf, auf, hinaus!

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Am Donnerstag finde ich mich zum zweiten Teil der Prüfung außerhalb des Palasts wieder. Genauer gesagt, irgendwo nahe den Bergen.

Nachdem wir den ersten Teil (den schriftlichen, in der Bibliothek) hinter uns gebracht haben, wurden wir zum Umziehen in unsere Zimmer und danach zu den Autos gescheucht.

Wir hatten nicht viel Gelegenheit, um über die Prüfungsfragen nachzudenken. Mein Kopf ist ehrlich gesagt auch ganz woanders. Sie haben mir Kaden als meinen verantwortlichen Partner zugeteilt.

Wie beim ersten Mal saß er bei mir und ich durfte ihm drei Fragen stellen. Natürlich habe ich darauf verzichtet, denn es kam mir falsch vor, auch nur in seiner Nähe zu sein. Ich fühle mich so schuldig und mies ihm gegenüber.

Er hat mir mehr als klar gemacht, dass er es mit mir versuchen will. Nicht nur das, da besteht dieses Band zwischen uns, dass uns immer wieder zueinander bringt. Es...ich weiß auch nicht. Es ist wie verhext. Als hätte das Schicksal - oder Gott, von mir aus - eigene Pläne mit uns.

Kaden ist nicht so kühl gewesen wie sonst, allerdings lag sein Blick öfter auf mir, als dass es zufällig gewesen sein kann. Diese Blicke gingen tief. Bis in meine Seele, und das ist heftig.

Er hat kein einziges Wort mit mir gewechselt, stattdessen spürte ich seine wachsende Neugier und etwas dunkles. Ich glaube, er gibt nicht auf. Und mein Herz findet das auf eine Weise romantisch, die es mir unmöglich machen wird, ihn zu vergessen.

Ich war so nervös während der Prüfung, dass ich gezittert habe. Fast ist mir der Füller herunter gefallen, und dann hätte ich Kaden bitten müssen, ihn aufzuheben, weil wir uns nicht von unseren Plätzen fortbewegen dürfen, es sei denn, wir wollen abgeben.

Als es soweit war, bin ich aufgesprungen und davon gerannt. Der Geruch der Bibliothek, vermischt mit Kadens war zu viel. Keine Sekunde länger hätte ich das ausgehalten. Er erinnerte mich an unsere ersten Begegnungen, als wir uns noch Fremde mit gewisser Abneigung waren.

Was sich daraus entwickelt hat, ist unglaublich.

Ich darf Kaden nicht merken lassen, was er mit mir anstellt. Die Art, wie mich sein Lächeln dazu bringt, auch graue Tage wunderschön zu finden. Weil sie mich an ihn erinnern.

Wie sein Sarkasmus mich anstachelt, mich reizt und dazu bringt, über meine Grenzen hinaus zu gehen.

Wie es klingt, wenn er meinen Namen sagt. So rau und emotionsgeladen, wie es noch kein anderer getan hat.

Jedenfalls war ich durchgehend nervös, nicht wegen den Fragen. Sie waren fast schon einfach, banal wie Athena es sagen würde. Doch seit Tagen sagt sie fast gar nichts.

Athena ist meine Freundin. Aber sie ist auch eine Konkurrentin. Andrew sagte mir, ich solle daran festhalten. Mir in Erinnerung rufen, dass ich wichtiger bin. Nur, wie könnte ich das ernsthaft denken? Sie ist ein Mensch, genau wie ich.

Und nur, weil ich eine geheime Mission habe, soll ihr Leben weniger wert sein? Niemals könnte ich einen Mord damit rechtfertigen. Denn den würde ich verursachen, sollte sie tatsächlich für schuldig bekannt und verurteilt werden.

Schon einmal musste ich zusehen, wie König Lex Menschen in den Tod schickte.

Es reicht, noch mehr Ungerechtigkeit darf ich nicht durchgehen lassen. Ich muss Athena helfen. Nur wie, damit plage ich mich seit zwei Nächten herum.

Kaden ist eine zusätzliche Ablenkung, die ich nicht brauchen kann. Das sage ich mir immer wieder. Er soll mit einer anderen glücklich werden, von mir aus mit Olivia. Nur kann ich es kaum aushalten, ihm dabei zu zusehen.

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