93. Kapitel - Das Verhör

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Lola und Janine leisten mir Gesellschaft, bis meine Befragung beginnt. Das Warten ist am schlimmsten, ich sitze auf meinem Bett und starre auf das Muster eines neuen Kissens. Sogar die wechseln sie ständig, aus Angst vor Krankheitserregern und Milben.

"So ein Unsinn", sagt Janine zum dritten Mal und Lola verdreht die Augen. Sie sortieren meinen Kleiderschrank neu, was eigentlich unnötig ist, denn immerhin könnte dieser mein letzter Tag im Palast sein.

Lola kniet und streift die Kleider auf die dafür vorgesehenen Bügel, diese reicht sie der stehenden Janine, damit sie sie aufhängen kann.

"Wir müssten wissen, wenn Ihr eine Rebellin seid. Das hätten wir doch wohl bemerkt." Tja, da muss ich sie enttäuschen. So gut ist ihr Einschätzungsvermögen auch nicht.

Allerdings entspreche ich auch nicht der typischen Rebellen Version, von der man sich hier erzählt. Beide Mädchen haben schon äußerst kuriose Dinge gesagt, angebliches Wissen aus super zuverlässigen Quellen. Sie sind allesamt groß und wollen nur eins: Töten. Oh, und dem König die Krone stehlen, weil sie eifersüchtig auf seinen Reichtum sind.

Ist klar. Wenn es so einfach wäre, hätte ich mich ihnen nie angeschlossen.

"So sind eben die Vorschriften", wiederholt Lola gereizt. "Es ist doch gut, wenn sie dem nachgehen. Wäre es dir lieber, am Ende böse überrascht zu werden?"

Janine presst die Lippen aufeinander. Offenbar hat sie vor ein paar Tagen beschlossen, netter zu Lola zu sein. Dazu gehört auch, dass sie sich in Diskussionen zurück hält, bevor es zu einer Eskalation kommt.

Ich traue dem Frieden nicht ganz und bleibe kritisch, darauf vorbereitet, dass es jeden Moment zu einem Streit kommen kann. Lola betrachtet ihre Freundin nachdenklich, ihr muss die Veränderung ebenfalls aufgefallen sein. Sie sagt aber nichts dazu.

"Sollen wir noch einen Tee kochen? Vielleicht mit Pfefferminze oder Kamille, das beruhigt den Magen."

Ich schüttle langsam den Kopf. Deute auf die noch volle Tasse neben mir auf dem Nachttisch. "Danke, ich bin versorgt."

Die Auseinandersetzung mit Kaden hat mich zusätzlich aufgewühlt. Ich hasse es, ihn so zu erleben und wie verletzend seine Worte sind. Er hatte Recht, den Teil haben wir längt hinter uns gelassen. Viel lieber würde ich einfach nur Zeit mit ihm verbringen, ihn umarmen oder meinetwegen in der Bibliothek zusammen lesen.

Und küssen. Immer wieder und so lange, bis er endlich davon überzeugt ist, dass das keine Lüge war.

Es klopft an der Tür, da ist es schon halb zwei nachmittags. Ich springe vom Bett auf und stelle mich gerade hin, streiche meine weiße Bluse glatt und warte mit pochendem Herzen darauf, dass meine Zofen den Wachmann herein lassen.

Meine Augen weiten sich als ich Alec in seiner Uniform erkenne, gleichzeitig atme ich erleichtert auf. Er lässt sich nichts anmerken und bedeutet Lola und Janine, das Zimmer zu verlassen. Sie sehen sich an und dann mich, nicken überzeugt und scheinen sagen zu wollen: Ihr schafft das. Kein Problem. Immerhin habt Ihr nichts zu verstecken.

Bevor Lola ganz draußen ist, bleibt ihr Blick einen Moment an Alec hängen. Er lächelt ihr leicht zu und sie erwidert es, errötet sogar. Wow, okay. Das ist ja mal interessant. Alec und Lola, das stelle ich mir eigentlich ganz süß vor. Sie ist immer so zögerlich und auf Anstand bedacht, Alec dagegen impulsiv und stürmisch.

Man sagt doch, Gegensätze ziehen sich an. Ich würde mich freuen, wenn die beiden sich finden würden.

Blöd nur, dass Alec genauso wenig wie ich eine feste Beziehung eingehen kann, solange er hier ist. Das wäre einfach zu riskant.

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