110. Kapitel - Nur ein Gefühl

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Amara

Ich sitze neben Athena und Grace, auf deren anderer Seite sich Nivea befindet. Sie unterhält sich mit Lucas, Grace mit Theo und Athena starrt ins Leere.

Mit einer Hand unter dem Kinn abgestützt beobachte ich meine Freundinnen. Freundinnen. Ich bin so froh, diese Mädchen so nennen zu können.

Nicht nur ist der Palast ein Traum, nein, ich verbringe meinen Aufenthalt auch noch mit den perfektesten Menschen, die ich mir vorstellen kann:

Ich mag Nivea, weil sie immer die richtigen Worte findet. Weil sie es schafft, so stark zu sein und niemals aufgibt.

Dank ihrem Einfallsreichtum ist es uns gelungen, das Rätsel des Prinzens zu lösen. Anstatt den Wald zu durchsuchen, wie Athena es vorgeschlagen hat, sind wir in die Bibliothek gegangen und haben das Buch gefunden, von dem die Rede war.

Sein Rücken war kaputt, es war ledrig und hatte vergilbte Seiten. Ganz vorne auf dem Buchdeckel befand sich eine Schneeflocke, die präzise in den Einband geritzt wurde.

Wir haben es nur gefunden, weil es in der falschen Abteilung stand. Auf einem Bücherwagen und sehr auffällig platziert, im wahrsten Sinne des Wortes. Grace ist rückwärts gegen den Wagen gestolpert und hat beinahe ein Chaos veranstaltet.

So ein Dreck, fluchte Grace und sammelte die heruntergefallenen Bücher auf. Seht euch diese Schmöker an. Manche sind schon total kaputt! Das hier zum Beispiel: Frostige Wälder und die Überlebensstrategien der Tierwelt. Wahnsinnig spannend.

Ich habe ihr das Buch abgenommen und es aufgeschlagen, weil ich eine leise Ahnung hatte. Diese bestätigte sich, als mehrere Seiten fehlten.

"Wisst ihr noch? Der Palast ist groß und alt, umringt von einem dichten Wald. Das nächste Stück ist nur ein Teil, finde es und mach es heil. Es ist da wo Blätter sind, dicht von Holz und Licht umringt. Es ähnelt einem hellen Stern, finde es und hab es gern. Das passt doch!"

"Der Teil mit dem Stern schon, aber der Rest? Von Holz und Licht umringt? Und wieso sollte ein Buch zum Wald gehören?", hatte Grace irritiert gefragt. Darauf sahen wir sie an, als wäre sie ein Alien.

"Grace, du weißt doch, woraus Papier besteht. Richtig?" Athenas Gesichtsausdruck war unbeschreiblich komisch.

Grace zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, was soll die Frage? Willst du auf irgendetwas hinaus?"

Nach einer mehrminütigen Diskussion und mehreren unschönen Ausdrücken über Grace' Verstand haben wir uns darauf geeinigt, das Buch zur Bibliothekarin zu bringen. Diese nahm es entgegen und bedeutete uns mit einem Nicken, dass wir das Rätsel gelöst hatten.

Aus einer Schublade unter dem Tresen holte sie vier Schatullen hervor, jeweils mit unseren Namen beschriftet und einer einzigartig schönen Haarspange darin. Meine war lila und sah aus wie eine Libelle, die von Athena ähnelte einer Rosenranke.

Die von Grace und Nivea habe ich nicht sehen können, doch ich war froh, dank ihnen das Rätsel gelöst zu haben. Die Mädchen sind alle etwas besonderes, auf ihre eigene lebhafte Weise.

So mag ich Grace, weil sie so lustig ist. Weil sie wie Unterhaltung auf zwei Beinen ist, deren gute Laune einfach ansteckt. Sie gibt niemals auf und verschwendet keine Zeit damit, Gesagtes oder Getanes in Frage zu stellen.

Und ich liebe Athena, weil sie...sie ist.

Als ich her kam, dachte ich nicht, dass ich mich verlieben würde. Ich habe es gehofft, ja. Denn Liebe soll aufregend sein, mit ganz vielen Schmetterlingen im Bauch und Herzrasen.

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