57. Kapitel - Der Ball

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"Mein Hintern tut weh", teile ich meinen Zofen am nächsten Morgen mit. "Gibt es dagegen vielleicht auch eine Creme?"

Bedauernd schüttelt Janine den Kopf, setzt damit fort, meine Haare zu waschen. Tja, hätte ja sein können. "Leider nicht. Seid Ihr aufgeregt?"

Ich rutsche tiefer in die Wanne und genieße das heiße Wasser, dass nach Lavendel duftet. Seitdem wir gestern in den Palast zurückgekehrt sind, ist da eine Dauerkälte in mir, die einfach nicht verschwinden will. Das habe ich Kaden auch mehrfach mitgeteilt, doch die zwei Decken, in die er mich bei einem Zwischenstopp gewickelt hat, brachten nicht viel.

"Ja. Am meisten wegen dem Tanz. Das wird ein Desaster", murmele ich. Lola seufzt und wirft getrocknete Blüten in das Wasser, trifft aber auch mein Gesicht. "Hey!", schimpft Janine. "Pass doch auf."

Die beiden haben ihren Dauerklintsch noch nicht beendet, offensichtlich. Lola runzelt die Stirn und steht auf, sie saß bis eben auf dem Rand der Wanne. "Entschuldigung. Das war keine Absicht." Sie kommt mir komisch vor. So reserviert und ruhig.

Als sie anfängt, den Spiegel über dem Waschbecken zu putzen und dabei keine Miene verzieht, muss ich doch etwas sagen. Das ist absolut nicht normal für sie. "Lola, alles okay?"

Sie zuckt zusammen. "Ja, ich bin nur etwas durch den Wind. Gestern habe ich etwas gehört, dass... Ach egal." So ist Lola aber nicht. Sie hält sich nicht mit Gerüchten zurück, sondern erzählt sie uns immer sofort. Woher wüsste ich sonst, dass Victorias Zofen schon zweimal durchgewechselt wurden, oder dass Athenas Kostüm einem anderen so ähnlich sah, dass sie nochmal völlig neu beginnen musste.

"Nun rück schon damit raus", fordert Janine und nimmt den Duschhahn, um mein Haar auszuspülen. Unter dem warmen Strahl schließe ich die Augen, höre aber weiterhin zu.

Diese letzten Stunden vor dem Ball genieße ich, die Ruhe und meinen Freiraum, denn schon bald werden weitere Gäste anreisen, und der Palast wird bis auf das letzte Zimmer gefüllt sein. Es wird laut werden, sehr laut sogar, und die Feierlichkeiten werden bis weit nach Mitternacht andauern.

"Ich hörte davon, dass die Rebellen angeblich etwas geplant haben. Deswegen verstärken sie die Wachen und haben sogar der Theatergruppe abgesagt."

Mein Herz stolpert. Was? Schon wieder? Das können sie nicht tun. All die Menschen... All die Adligen. Ich muss zugeben, es wäre eine gute Gelegenheit, um etwas Chaos zu veranstalten.

"Von wem hast du das gehört?", fragt Janine. Sie klingt unsicher. "Vielleicht hast du etwas falsch verstanden."

Sie wickelt mir ein Handtuch um den Kopf und Lola reicht ihr das Tablet mit Nagelfeile und Knipser, sowie einem nachbehandelnden Lack. "Ich habe es von Coco, einer Zofe der Königin", erklärt Lola mit belegter Stimme.

Ich reiche ihr meine Hand und sie beginnt, mir die Nägel zu feilen. Das tun sie alle drei Tage, obwohl ich kaum einen Unterschied bemerke.

"Wieso sollte Coco das wissen? Hat sie die Königin belauscht?"

"Sie hat ein Gespräch mitbekommen, zwischen Grenaldine und einem ihr unbekannten Mann."

"So so. Mitbekommen, ja?"

"Und wenn schon, dann hat sie eben gelauscht! Na und?" Lola wird hektischer, ich runzelne die Stirn. Wenn sie so weiter macht, habe ich bald keine Finger mehr.

"Du musst dir keine Sorgen machen", versucht Janine es nun sanfter. Sie hat bemerkt, wie sehr Lola der Gedanke eines erneuten Überfalls zusetzt. Kein Wunder, es muss bereits welche gegeben haben, bei denen es auch Tote gab."Es gibt mehr als genug Wachen. Alle Angestellten müssen sich ausweisen, vorher kommen sie gar nicht erst in den Palast."

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