24. Kapitel - Mädelszeit

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Sobald ich mich ein bisschen gefangen habe, stürmen Lola und Janine in mein Zimmer. Sie sind rot im Gesicht und sehen gehetzt aus, aber unversehrt.

"Lady Nivea! Wie geht es Ihnen? Wir konnten zum Zeitpunkt Ihrer Rückkehr nicht bei Ihnen sein, weil die Schutzräume für die Zofen nahe der Küche liegen! Und wir wollten Sie doch mit einem Tee und Gebäck empfangen...", entschuldigt sich Janine aufgebracht. "Wir hatten wirklich gehofft, es würde so bald keine Angriffe geben. Zum Glück waren es nur die Ostrebellen..." Ich horche auf. "Ostrebellen? Es gibt mehrere Gruppen?", frage ich gespielt erstaunt.

Lola nickt, lässt sich auf einen Stuhl sinken und rückt ihre Schürze zurecht. "So ist es. Insgesamt gibt es vier große Gruppen, die wir den Himmelsrichtungen zugeteilt haben, um sie besser unterscheiden zu können." "Und woran könnt ihr sie unterscheiden?" Das würde mich tatsächlich interessieren.

"Hauptsächlich an der Art und Weise, wie sie angreifen. Die Ostrebellen gehen meistens noch friedlich vor, sie stellen Forderungen aber vermeiden es, jemanden zu verletzen. Außerdem tragen sie meistens blaue Kleidung." Janine wechselt sich mit Lola ab, mir über die Aufständischen zu berichten. "Die Nordrebellen hingegen sind aggressiv und legen Bomben in ganz Futuria aus, um so viel Chaos wie möglich zu stiften. Sie tragen schwarze Kutten und sind nachts unterwegs."

"Die Westrebellen sind...nun ja. Sie scheinen keine richtige Vorgehensweise zu haben, sie sind für uns unberechenbar. Bei ihren Angriffen gab es weniger Tote als bei den Nordrebellen, jedoch mehr als bei den Ostrebellen."

"Und dann sind da die Südrebellen.", sagt Lola. "Sie greifen selten an, lassen sich nie sehen und arbeiten absolut geheim. Es gibt keine Anzeichen, wann sie angreifen, oder wieso. Wahrscheinlich tun sie es ebenso, um für die niedrigeren Bezirke zu kämpfen. Erfolgreich waren sie bis jetzt aber noch nicht.", beendet sie ihre Erzählung. "Und was halten Sie beide von den Rebellen?", hake ich vorsichtig nach.

Am Anfang, gerade nachdem Vater an die Front berufen wurde, war ich immer auf der Seite der Nordrebellen. Sie waren radikal und haben klare Bedienungen gestellt, um mit den Anschlägen aufzuhören. Nämlich, das Bezirke-System abzuschaffen und die Herrschaft der Reichen zu beenden.

Als ich in der Zeitung jedoch eines Tages gelesen habe, dass sie ein Krankenhaus angegriffen haben, und neunzehn Kinder und Schwache dabei starben, habe ich meine Meinung geändert. Es ist feige, diejenigen anzugreifen, die am wenigsten für die Situation in Medea können.

Sollen sie meinetwegen verwöhnte dicke Männer töten, denen das Geld schon aus den Ohren quillt. So, wie sie es am Anfang getan haben. Aber alles, wobei Unschuldige sterben, ist grausam und verwerflich.

"Nun ja. Unsere Stadt anzugreifen ist absolut falsch, und Menschen umzubringen erst recht. Gegen eine Verbesserung für die Neuner und Zehner habe ich nichts, aber ihre Herangehensweise ist nicht die richtige.", meint Janine überzeugt. "Würden sie versuchen, vernünftig mit König Lex zu sprechen, sähe die Sache schon ganz anders aus."

Ich spanne mich an, muss sehr darauf achten, meine nächsten Worte nicht zu wütend klingen zu lassen. "Und Sie glauben, das würde etwas bringen? Dass man den König nur freundlich bitten müsste, und das Leid würde ein Ende nehmen? Ich komme aus einem dieser armen Bezirke, und wenn uns jahrelang keine Beachtung geschenkt wurde, dann bleibt vielleicht keine andere Möglichkeit, um auf uns aufmerksam zu machen." So perplex, wie die beiden nun sind, war ich wohl zu direkt.

Um meine Tarnung nicht zu gefährden, schiebe ich noch hinterher: "Dennoch bin ich Ihrer Meinung, Gewalt ist keine Lösung. Ich habe wohl etwas über reagiert, das tut mir leid." Janine schüttelt den Kopf. "Sie haben ja recht. Gerade, weil sie aus Medea kommen, müssen Sie es besser wissen. Wir sollten nicht mehr streiten, Lady Nivea. Sollten Sie einmal Königin werden, können Sie das System ja verändern. Verbessern." Da ich in meinem Rausch nicht heraushören kann, wie ehrlich sie es meint, beschließe ich, die Sache vorerst auf sich beruhen zu lassen.

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