Acht

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Zora blickte hinaus in die sternenklare Nacht. Wie durch ein Wunder hatten sich die Wolken nahezu restlos verzogen, sodass sie wie geplant mit Nat raus aus der Stadt auf die nächste Anhöhe gefahren war. Hier hatten sie auf der Wiese Nat's Teleskop aufgebaut, um den Sternenhimmel zu erkunden. Doch so interessant die Astronomie auch war, Zora genoss vor allem die Ruhe und das Wissen, dass sie im Umkreis von mehreren Kilometern so ziemlich die einzigen Menschen waren. Luna, die wie üblich erst ein paar Runden über die Felder gejagt war, lag zu ihren Füßen , während Nat sich am Teleskop zu schaffen machte. Ansonsten war es still. Zora nippte an ihrem heißen Kakao aus der Thermoskanne und ließ sich entspannt mit geschlossenen Augen auf die Picknickdecke sinken. Kurze Zeit später ließ Nat sich neben sie auf die Decke fallen und biss herzhaft in ein Sandwich. „Lässt sich die Grazie denn gleich auch mal dazu herab einen Blick durchs Teleskop zu werfen? Oder wolltest du einfach nur zur Abwechslung mal unter freiem Himmel schlafen?", „Ja. Genau das war mein Absicht. Bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt draußen schlafen." Zora verdrehte die Augen. Nat grinste sie nur dreist an und erwiderte: „Stell dich nicht so an, wir haben bestimmt zehn Grad. Gib doch einfach zu, dass du es nicht ausgehalten hast mich eine ganze Woche nicht zu sehen. Ich meine, ich mache dir da keinen Vorwurf, ich bin wirklich unwiderstehlich..." Da traf ihn eine zusammengeknüllte Papierserviette, dicht gefolgt von einem (glücklicherweise leerem) Plastikbecher.

Als Zora drauf und dran war noch eine Tafel Schokolade hinterher zu schmeißen erhob Nat lachend die Hände. „Okay, okay ich ergebe mich..." Zora, die ebenfalls schallend lachte ließ die Tafel wieder sinken. „Unwiderstehlich, so so..." Nat nahm nur achselzuckend einen weiteren Bissen von seinem Sandwich, während Luna Zora erwartungsvoll anblickte. Der Hündin hätte es sicher gut gefallen, wenn noch ein paar mehr Dinge durch die Luft flogen. Dieser Gefallen wurde ihr jedoch nicht getan. Zora öffnete unterdessen die Schokolade und biss genüsslich in einen Riegel. Sie war wirklich froh Nat als besten Freund zu haben. Sie waren gute Freunde, die einander loyal waren, nicht mehr und nicht weniger. Zu Beginn der zehnten Klasse hatte es kurz Unklarheiten gegeben. Sie waren zwar seit dem Kindergarten befreundet, doch als sie auf dem Gymnasium in verschiedene Klassen kamen hatten sie sich entfremdet, um sich dann später mit der Auflösung der Klassenstruktur und einigen gemeinsamen Kursen wieder näher zu kommen. Doch sie hatten schnell festgestellt, dass es bei einer reinen Freundschaft bleiben würde. Nach einem einzigen, unangenehmen Kinodate, bei dem sie sich wie Fremde vorgekommen waren und angeschwiegen hatten, war es schnell beschlossene Sache, dass sie diesen Abend vergaßen und Freunde blieben. Und so viel auch hinter ihrem Rücken geredet wurde, wussten sie doch Beide, dass niemand vom anderen 'gefriendzoned'worden war und es sich um keinen Fall ewig unerwiderter Liebe handelte.

Nat hatte in der Zwischenzeit sogar eine Freundin gehabt. - Nathalie. Nathanael und Nathalie, das Traumpärchen. Glücklicherweise hatte Nat aber relativ schnell festgestellt, dass Nathalie abgesehen von Mangas nicht wirklich viel im Kopf gehabt hatte. Zora hatte ja nichts gegen Mangas, las sogar selbst ab und an welche, aber die Obsession diese Mädchens war definitiv zu weit gegangen. Zudem hatte sie Nat wie einen Gott verehrt und jedem Klammeräffchen Konkurrenz gemacht. Nach knapp fünf Monaten hatte Nat es dann endlich übers Herz gebracht sie abzuservieren. Danach hatte es noch ein, zwei Liebeleien gegeben, aber nichts auch nur im Ansatz ernstes. Zora warf ihrem besten Freund einen prüfenden Blick zu. Das sie irgendwo nicht ganz richtig tickte und nichts für all diesen Beziehungskram übrig hatte war ja mittlerweile allgemein bekannt. Auch wenn sie nicht Liv war, hatten sich in den vergangenen zwei Jahren definitiv einige Jungs für sie interessiert. Aber sie hatte einfach noch niemanden kennengelernt, mit dem sie sich in einer Beziehung sah; und für diese Teenagerdramen fehlten ihr schlichtweg die Nerven. Doch Nat war ein echter Fang: attraktiv, intelligent, aus guten Haus und trotzdem total bodenständig. In letzter Zeit hatte sich bei Nat in Puncto weiblicher Bekanntschaften allerdings nichts getan, soweit sie wusste.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt