Sechsundachtzig

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Zu Zoras Überraschung schlug Jane vor ins Kino zu gehen; wie diese später zugab hatte sie das dieses Jahr noch gar nicht gemacht und letztes Jahr wohl auch nicht. „Da will ich echt nicht alt werden, wenn man dann nicht mal mehr die Zeit findet ins Kino zu gehen.", erwiderte Zora spöttisch. Jane stieß ihr mit dem Ellbogen in die Seite. „Ey, so alt bin ich auch wieder nicht." Sie lachte dabei jedoch.

Auf dem Weg vom Auto, im Kinoparkhaus, bis zu den Kassen, waren die Beiden beieinander eingehakt. Nachdem sie online einen Blick ins Kinoprogramm geworfen hatten, war sofort klar gewesen, dass sie in 'Lady in the Van' gingen. Denn ganz egal, was für Filme zu Auswahl standen, man wählte immer den, in dem Maggie Smith die Hauptrolle spielte, ohne wenn und aber. Als sie an der Kasse standen war Jane schon im Begriff zu bezahlen, als Zora ihr zuvor kam und den Betrag bar auf den Tresen legte, bevor Jane ihre Kreditkarte überhaupt aus dem Portemonnaie gezogen hatte. „Aber ich kann doch... Du musst nicht...", wollte sie Zora noch aufhalten, aber diese schüttelte bestimmt den Kopf. „Du hast bisher immer gezahlt. Ich kann mich ja nicht völlig von dir durchfüttern lassen.", „Okay.", gab Jane nach und wirkte dabei sogar kurz anerkennend. Zora ließ es sich nicht nehmen auch noch das Popcorn und die Getränke zu bezahlen. „Das nächste Mal darfst du wieder zahlen. Das ist nur Popcorn, das überlebt mein schmales Schüler Portemonnaie schon.", kam sie Jane grinsend zuvor, die schon wieder einschreiten wollte.

Der Kinosaal war ziemlich leer, schließlich waren sie in einer Vorabendvorstellung und der Film zählte auch nicht wirklich als riesiger Blockbuster. Als Zora und Jane simultan in den Popcorneimer griffen, der auf Zoras Schoß stand und sich ihre Hände berührten durchfuhr Zora ein Kribbeln. Sie blickten im selben Atemzug im Halbdunkeln des Kinosaals zueinander auf. Zora streckte ihren Arm mit der Handfläche nach oben auf der Armlehne zwischen ihnen aus und Jane ging sofort auf die Geste ein und legte ihre Hand in Zoras. So saßen sie für den ganzen Film da, drückten die Hand der anderen in traurigen oder aufwühlenden Momenten fester, blickten abwechselnd verstohlen der anderen ins Gesicht, sagten kein Wort und blieben doch durchgehend in Berührung.

Nach dem Film gingen sie wieder an den Armen untergehakt zurück zum Auto. Sie liefen so nah nebeneinander, wie es möglich war, ohne über die Füße der anderen zu stolpern. Zora nahm den beinahe vertrauten Geruch von Janes Parfum war, bemüht ihn in sich aufzusaugen, denn wenig später standen sie schon vor dem Bahnhof. Es war Zeit sich zu verabschieden, der Zug ging um kurz nach neun. Zora schnallte sich ab und wandte sich dann zu Jane. Ein kurzer Abschiedskuss, der dabei versuchte so viel mehr auszudrücken. Fast verzweifelt pressten sie die Lippen aufeinander. „Du meldest dich, wenn du zu Hause bist?", bat Jane. Zora nickte. „Und viel Erfolg am Dienstag!", schob Jane noch hinterher. Mit einem „Danke." verließ Zora das Auto und drehte sich noch kurz um, um zum Abschied zu winken, bevor sie durch die Bahnhofstüren verschwand. Auf der Zugfahrt konnte sie einfach nicht aufhören zu grinsen und auch als sie dann für den restlichen Heimweg bei ihrer Mutter im Auto saß, war sie allerbester Laune. Das entging ihrer Mutter natürlich nicht, sie ging jedoch davon aus, dass Zora sich lediglich über den Praktikumsplatz freute. „Darauf stoßen wir an.", meinte sie nur, als sie das Haus betraten und holte, während Zora Jane gerade schrieb, dass sie zu Hause war, schon eine Flasche Sekt aus dem Keller.

Zoras Glückseligkeit hielt auch am nächsten Morgen weiter an, denn als sie wach wurde hatte Jane ihr schon eine 'Guten-Morgen-Nachricht' geschickt.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt