Einhundertzehn

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Zora stand ebenfalls auf und brachte den leeren Eisbecher und ihre Löffel in die Küche, um sie in den Müll, bzw. die Spülmaschine zu räumen. So herrlich normal und schon unglaublich vertraut. Als Zora ins Wohnzimmer zurück kehrte und Jane erblickte, wie sie es sich schon wieder auf dem Sofa bequem gemacht hatte, wollte sie sich kurz kneifen, um zu überprüfen, ob sie in der Realität war, sicher zu stellen, das nicht träumte. Mit ihrer selbstsicheren Art und dabei dann doch so liebenswerten Selbst schien Jane zu gut um wahr zu sein, wie sie da so saß, einen Ticken zu perfekt für einen simplen gemütlichen Filmabend. Und doch, aus welchem aberwitzigen Grund auch immer, wollte sie ihre Zeit mit Zora verbringen. Und mittlerweile erschien dieser sogar eine richtige Beziehung im Bereich des Möglichen. Ein glückseliges kleines Lächeln im Gesicht ließ sie sich neben Jane auf das Sofa fallen. „Was sehen wir uns denn an?"

„Und, was meinst du?" Liv sah Zora erwartungsvoll an. Diese sah einfach nur das x-te Paar dunkelblaue Pumps. „Ehm...hübsch?", „Das hast du jetzt bei jedem Paar gesagt.", erwiderte Liv enttäuscht. „Das ist nicht wirklich hilfreich." Zora sah von dem Sitzhocker, den sie glücklicherweise inzwischen erobert hatte, zu ihrer besten Freundin auf. „Sie sind aber hübsch, genauso wie die zehn Paar davor und wie dein Paar zu Hause. Es sind nur Schuhe, unter dem Kleid sieht die doch eh keiner." Zora grinste. „Du wirst eh mit Abstand am besten aussehen. Dein Kleid ist der Wahnsinn und du bist du. Du kannst nur gewinnen.", „Jetzt drückst du dich mit Komplimenten vor einem Urteil und versuchst so diesen Shoppingtrip zu beschleunigen.", stellte Liv vorwurfsvoll fest, schaffte es aber nicht ganz eine ernste Miene beizubehalten. „Nein, ich bin einfach nur ehrlich.", widersprach Zora. „Außerdem weis ich nicht so ganz, weshalb du diesen Aufwand noch betreibst. Du musst doch nun wirklich niemanden beeindrucken." Liv zog die Schuhe aus und stellte sie neben das andere favorisierte Paar und unterzog Beide einem prüfenden Blick.

„Doch ich gehe mit meinem Freund zum Abiball, den ich dazu genötigt habe daraus ein offizielles Date zu machen. Da sollte ich wenigstens atemberaubend aussehen." Zora musste sich ein Lachen verkneifen. Ein junger Mann, Anfang dreißig vielleicht, der offensichtlich von seiner Freundin in den Laden geschleppt worden war, sah schon neugierig zu ihnen herüber. Auch wenn Liv alles andere als oberflächlich war, so war sie doch selbstbewusst, schlicht und ergreifend, weil ihr klar war, wie umwerfend sie aussah. Selbst wenn sie sich nichts darauf einbildete, weil sie geistesgegenwärtig genug war, dass Äußerlichkeiten langfristig völlig irrelevant waren, nutzte sie ihre Reize dennoch von Zeit zu Zeit mit Vergnügen schamlos aus. „Ich dachte Nat ist der erste Kerl, der dich endlich deiner Persönlichkeit wegen mag?", erinnerte Zora Liv an deren eigene Aussage. Liv sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, ganz klar der Meinung, dass Zoras Weltansicht einen kleinen Knax hatte. „Es ist immer noch mein Abiball! Aber du bist erlöst, ich nehme einfach beide Paare." Zora verdrehte die Augen. Dann hätten sie sich die letzte Viertelstunde auch gleich sparen können. Außerdem würden sie diese Diskussion jetzt in einer Woche, kurz vor dem Abiball, unter Zeitdruck fortführen.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt