Dreiunddreißig

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Zora ließ sich auf ihr Bett plumpsen, links und recht von sich jeweils eine Einkaufstüte. Liv hatte darauf bestanden heute Vormittag mit ihr Shoppen zu gehen, schließlich müsse sie ja heute Abend präsentabel aussehen. Ein deutlicher Wink dafür, dass sie davon ausging, dass Zoras Garderobe kein vernünftiges und präsentables Outfit hergab. Zora, hatte nachdem sie mit ihrem Buch fertig war einfach sang und klanglos verschwinden wollen, aber Liv war erbarmungslos gewesen. Alle Argumente von Zora, wie dass ihre Garderobe durchaus ein Outfit hergäbe und das Liv doch am Donnerstag Kunst schrieb und sich bestimmt noch vorbereiten musste, wurden abgeschmettert. Zora bräuchte laut Liv nicht nur ein Outfit, sondern das Outfit für den perfekten ersten Eindruck und was die Kunstklausur anging, könne man für Kunst ja eh schlecht lernen.

Als Zora heute morgen um kurz vor acht in die Küche gekommen war hatte ihre Mutter ihr sogar 100,- zugesteckt, damit Zora heute Abend vernünftig aussähe. Es war wohl ein Zeichen, wenn sowohl die beste Freundin, als auch die eigene Mutter so wenig auf ihre Modekompetenz gaben. Und sie musste ja auch zugeben, dass Liv wirklich schöne Sachen ausgesucht hatte. Eine wirklich schicke schwarze Hose, dazu eine ärmellose weiße Bluse und einen leicht eng anliegenden Cardigan, dazu würde sie ihre schwarzen Pumps anziehen. Nachdem sie sich geduscht und umgezogen hatte blickte sie in den Spiegel im Flur. Sie musste Liv schon recht geben, sie sah wirklich gut aus. Außerdem würde sie die Sachen eh brauchen, wenn sie tatsächlich das Praktikum machte. Zudem war es schön gewesen den Tag mit Liv zu verbringen, um neben dem Shoppen überteuerte Starbuckskaffee zu trinken und über unliebsame Mitschüler zu lästern.

Natürlich hatten sie auch ein paar Worte über Nat verloren. Liv hatte zwar zunächst offensichtlich versucht sich zurück zu halten, aber das Thema letztendlich doch angeschnitten. Die Beiden hatten am Vortag noch mehrere Stunden am See verbracht und Nat würde sie Morgen nach der Klausur abholen, um 'eine Kleinigkeit zu Essen'. Er sei eh unterwegs und da habe sich das angeboten. Sie hatte das Grinsen nicht aus dem Gesicht bekommen.

Zora verbot sich unterdessen jedes sentimentale Sinnieren über die eigene Einsamkeit und ging wieder ins Bad, um sich die Haare zu föhnen und sich zu schminken. Nur gut, dass Liv nicht noch mitgekommen war, um diesen Part zu übernehmen. Sie hatte es mehrfach angeboten, doch in dem Punkt war Zora standhaft geblieben. Ihre beste Freundin mochte zwar mindestens eine Makeup-Halbgöttin sein, aber wenn sie einmal anfing würde Zora sich am Ende nicht wiedererkennen. Sicherlich wollte sie einen guten ersten Eindruck hinterlassen, bzw. eigentlich ja dritten Eindruck, aber sie musste dabei sie selbst bleiben. Eine halbe Stunde später war sie fertig. Die Haare trug sie zu Feier des Tages mal offen, so frisch gewaschen, mit Öl gepflegt und geföhnt glänzten sie richtig. Ihre Augenringe waren verschwunden, die Augenbrauen gezähmt und sie trug einen dezenten Lidstrich, dazu ordentlich Wimperntusche. Sie blickte ein letztes Mal kritisch in den Spiegel. Sie sah wirklich nicht schlecht aus, durchaus kompetent und deutlich weniger leger als üblich. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie noch eine ganze halbe Stunde hatte. Mama lieh ihr für den Abend das Auto, sodass sie für die Fahrt nur zehn, maximal 15 Minuten brauchen würde. Sie checkte ein letztes Mal den Inhalt ihrer Handtasche, in die sie auch einen kleinen Notizblock gesteckt hatte, griff ihre neue Strickjacke, die bei diesen Temperaturen aber wahrscheinlich überflüssig sein würde und lief die Treppe hinunter in die Küche. Ein Kaffee war vermutlich keine gute Idee, sie war schon überdreht und nervös genung. Aber ein Glas kalter Ginger Ale wäre gut. Und sie musste irgendetwas tun, sie würde jetzt keine halbe Stunde still wartend in ihrem Zimmer sitzen. „Fährst du schon?", wurde sie von ihrer Mutter begrüßt, die lesend am Esstisch saß. „Nein, ich habe noch ein wenig Zeit.", antwortete Zora. „Lass dich mal ansehen, du siehst ja richtig schick aus.", kam es zurück. „Ich würde dir ja Glück wünschen, aber das brauchst du gar nicht, du schaffst das schon.", „Danke.", erwiderte Zora und setzte sich zu ihrer Mutter an den Tisch. „Nervös?", hakte diese nach. Zora nickte nur. Ihre Mutter klappte das Buch, das sie immer noch in den Händen hielt zu und legte es zur Seite. „Ich meine das ernst, du schaffst das. Du konntest dich doch immer schon gut verkaufen. Und das sage ich nicht nur, weil ich deine Mutter bin.", „Naja, vielleicht schon ein kleines Bisschen, weil du meine Mutter bist.", widersprach Zora schmunzelnd. „Aber los komm, lenk mich ab. Wie war dein Tag? Wie geht es Mozart?" Ihr Mutter erfüllte ihr diesen Wusch und begann ziemlich detailreich ihre Schicht zu beschreiben, während sie noch einen Tee machte. Zora saß stumm daneben und versuchte sich nicht völlig verrückt zu machen.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt