Zweiundachtzig

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Nach dem ersten Klingeln nahm Jane ab. „Zora?", „Hey!", begrüßte Zora sie. „Was kann ich für dich tun?", kam es neugierig vom anderen Ende der Leitung. Zora räusperte sich. „Ich – Du wolltest doch wissen, was das mit Herrn Niggenbölling gibt. Ich wollte mich bedanken. Er hat mir ein zweimonatiges Praktikum angeboten.", stotterte Zora sich zusammen. „Glückwunsch. Das ging ja schnell." Jane klang so, als würde sie sich ehrlich für Zora freuen. „Ja, ich hatte gerade erst das Bewerbungsgespräch.", bestätigte diese. „Das heißt du bist in Düsseldorf?", schlussfolgerte Jane umgehend. Zora nickte, bevor ihr klar wurde, dass Jane sie ja gar nicht sah. „Ja, bin ich.", „Und was hast du heute noch so geplant?", fragte Jane. „Ich bekomme gleich eine Führung durch die Labore.", erwiderte Zora. „Oh, gut. Ich weis ja nicht, wann du wieder los willst – Aber vielleicht können wir uns ja zum Mittagessen -", „Nein.", fiel Zora Jane etwas zu barsch ins Wort und meinte ein enttäuschtes Luft-Einsaugen am anderen Ende der Leitung zu hören; sie begründete ihr Ablehnen dann: „Also ich bin schon zum Mittagessen verabredet."

Harald hatte ihr angeboten mit ihr zu Mittag zu essen, um ihr währenddessen schon mal zu erläutern, welche Aufgaben er für sie angedacht hatte. „Tut mir leid.", „Achso, okay.", erwiderte Jane beinahe kleinlaut. Diesen Tonfall kannte Zora noch gar nicht von ihr. Vielleicht war dieser Tonfall auch der ausschlaggebende Grund, weshalb sie sich traute das folgende zu formulieren: „Vielleicht können wir ja danach – also wenn du willst. Ich weis ja nicht, bis wann du heute arbeiten wolltest."


Jane wies ihre Assistentin an sämtliche Termine für den Nachmittag abzusagen. Anschließend beorderte sie Max in ihr Büro. „Kannst du das" Sie wies auf das Modell auf ihrem Schreibtisch. „bitte Lina bringen. Und sag ihr bitte, dass ich nicht zu dem Meeting komme, sie können den Entwurf aber auch ohne mich fertig stellen. Den Großteil habe ich ja schon gesehen. Du kannst dann nach dem Meeting Feierabend machen, ich habe alle weiteren Termine für heute verschoben." Max nickte. „Gut." Jane ließ ihren Blick noch einmal durch das Büro schweifen, griff nach ihrer Handtasche und ihrem Mantel, und wandte sich zu Gehen. „Mach bitte das Licht aus, wenn du fertig bist. Ich bin jetzt weg."

Sie war schon mit einem Fuß durch die Tür, als Max zu sprechen begann: „Ehm, ist alles in Ordnung bei ihnen? Mit ihrem Vater?" Jane drehte sich erstaunt um. „Wieso sollte nicht alles in Ordnung sein?" Doch im nächsten Moment wurde ihr klar, worauf Max hinaus wollte. Sie wusste selbst nicht mehr, wann sie zuletzt so früh das Büro verlassen hatte. Ob das überhaupt je vorgekommen war. „Entschuldigen sie, das geht mich nichts an. Ich hätte nicht fragen dürfen.", ruderte Max sofort, fast schon unterwürfig zurück. „Nein, ist ja sehr aufmerksam von dir.", beruhigte sie ihn umgehend. „meinem Vater geht es inzwischen wieder ausgezeichnet. Es gibt da nur... Eine dringende private Angelegenheit.", erklärte sie sich dann.

„Achso, dann noch einen schönen Tag.", erwiderte Max. „Wünsche ich dir auch. Ciao.", verabschiedete Jane sich und verließ dann das Büro. 'Dringende private Angelegenheit'. Realistisch betrachtet war das Ganze eigentlich alles andere als dringend. Vor allem da sie gar keinen Zweck des Treffens benennen könnte. Fakt war nur, dass sie Zora in einer Stunde sehen würde. Und das Zora sie zurück gerufen hatte. Mit einem Lächeln im Gesicht fuhr sie zu ihrer Wohnung.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt