Zweiundzwanzig

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Zora war ein wenig enttäuscht. Da brauchte man die eigentlich missbilligten Stalkingfähigkeiten der besten Freundin einmal und dann bekam sie nicht wirklich viel heraus. Obwohl sie sich wohl kaum beschweren durfte. Von allein hätte sie sich vermutlich nie die Mühe gemacht Jane zu googeln, schließlich war sie selbst so gut wie gar nicht in den sozialen Netzwerken aktiv. Insgesamt nutzte sie das Internet im Vergleich zu anderen Teenagern kaum. Klar schaute sie mal ein paar YouTube-Videos, zockte sogar dank Nat ein wenig, aber an diesem Trend des 24/7 erreichbar sein hatte sie nie teilgenommen. Liv schien ihre Enttäuschung wahrgenommen zu haben. „Sorry, ich bin leider nicht der BND. Ich kann dir nur raten: Melde dich bei der! Umgehend! So eine Chance hat man nur einmal. Man, ich weis doch, was du so zeichnest, du bist kreativ. Wenn du da einen Fuß in die Tür bekommst, und das traue ich dir zu, dann hättest du echt Chance in der Branche."

Dafür liebte Zora Liv. Sie war super loyal und stand immer hinter ihr. Noch viel wichtiger: Sie glaubte häufig mehr an Zora, als Zora selbst und trat ihr wenn es nötig war auch mal in den Hintern. Bisher mochten das zwar im Wesentlichen Dinge, wie Zoras Tendenz größere Partys zu meiden oder ihre Unfähigkeit Lehrern auch mal zu widersprechen gewesen sein, doch auch diesmal hatte Liv vermutlich recht. Diese konnte für sich selbst einstehen, eine Eigenschaft, die Zora bewunderte und die sie sich so langsam selbst zulegen sollte. Dennoch blieben Zweifel.

„Ich weis nicht, ob ich da hinpasse. Und so grandios kreativ bin ich auch nicht. Wer von und Beide hat die 15 Punkte in Kunst?", „Aber auch nur, weil Herr Scharnhorst mich so gut leiden kann. Klar, du magst keine so coolen Sketche zeichnen, oder mappenweise Kleidung skizziert haben, aber du denkst räumlich. Und ich mag ja wenig Ahnung von Architektur haben, aber ich glaube das ist da von Bedeutung." Liv sah sie erwartungsvoll an. „Außerdem passt kein Abiturient in so ein schicke Büro rein. Trotzdem hat sie dir ihre Kontaktdaten doch nicht ohne Grund gegeben. Irgendetwas sieht sie in dir und in diese Geschäftsatmosphäre musste jeder irgendwann mal reinwachsen." Zora gab sich geschlagen. „Okay, ich schreibe ihr. Versprochen."

Liv strahlte sie an. „Du wirst mir noch dafür danken, dass ich dich gezwungen habe dich dazu durchzuringen." Zora lachte etwas nervös. „Hey, noch habe ich nur eine Mail versprochen, mehr nicht." Liv widersprach ihr bestimmt. „Nein, eine Mail, in der du um ein Praktikum bittest. Und sie wird wohl kaum nein sagen. Du gehst da hin, und wenn ich dich persönlich da abliefere. Aber komm, jetzt gehen wir erstmal Schwimmen." Damit zog sie Zora vom Boden hoch und sie rannten gemeinsam ins eiskalte Wasser. Doch sie hielten es kaum fünf Minuten aus. Schließlich war es Mitte Mai und das Wasser somit noch zu kalt, um das Schwimmen zu genießen. Als sie sich leicht zitternd wieder abtrockneten, warf Zora ein Blick auf ihr Handy. „Oh, schon halb sechs, ich sollte so langsam heim." Liv nickte. „Klingt gut. Da springe ich dann auch erst einmal unter die heiße Dusche. Morgen soll es aber noch wärmer werden, bis zu dreißig Grad. Ich sammle dich so um zehn ein?", „Nee du, sorry. Ich muss morgen arbeiten, komme dann aber Nachmittags nach.", antwortete Zora. Liv verzog das Gesicht. „Och Schade. Naja, Susanne, Marie und co. wollten auch noch kommen. Obwohl es schon an Körperverletzung grenzt, wenn du mich hier mit denen alleine lässt.", „Weil ich ja so gerne bei dieser Hitze arbeite. Die Alte Mühle wird völlig überfüllt sein.", erwiderte Zora zynisch. „Du wirst es überleben. Nat wollte nach seiner Prüfung noch kommen. Peter und der ganze Rest sind doch sicher Morgen auch hier." Liv verdrehte die Augen. „Na das kann ja was geben. Nat schreibt Physik?" Ha! Schon wieder ein nicht zwangsweise nötiges Nachfragen nach Nat. Vielleicht könnte das tatsächlich etwas werden mit den Beiden, dachte Zora im Stillen. Oder ging ihre Fantasie jetzt mit ihr durch? Sie erwiderte lediglich: „Jip. Er heult mir schon das ganze Wochenende die Ohren voll, wie schrecklich das wird, obwohl wir doch alle wissen, dass er da mit 15 Punkten rauskommt." Liv schmunzelte. „Typisch." Danach wurde das Thema Nat allerdings fallen gelassen.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt